Der Rohstoff.net Jahresrückblick

von | 21. Dez 2023 - 11:28 | Wissen

2023 – Viel Dynamik, wenig Fortschritte?

Das Rohstoffjahr 2023 begann mit einem Knall: Der staatliche schwedische Bergbaukonzern LKAB vermeldete die Entdeckung eines gewaltigen Vorkommens Seltener Erden in Kiruna, der Eisenerzmetropole des Landes. Doch die Euphorie legte sich recht schnell, denn es wurde klar, dass der Weg von der Lagerstätte bis zum geförderten Rohstoff noch sehr weit sein kann – LKAB rechnet aufgrund langer Genehmigungsverfahren mit bis zu 15 Jahren. So schnell kann Schweden Europa also nicht unabhängig von Chinas Quasimonopol machen. Allgemein wird der Ruf nach mehr Bergbau in Europa langsam lauter, der European Critical Raw Materials Act (CRMA) hat die Zielquote auf immerhin zehn Prozent heimische Gewinnung bei einer ganzen Reihe von kritischen Mineralien festgelegt. Final und Teil der europäischen Gesetzgebung ist er allerdings nicht, im Gegensatz zum European Chips Act. Er soll die Europäische Union zu einem der führenden Märkte für Prozessoren und andere IT-Technologien machen.

Hintergrund ist hier ebenfalls die starke Abhängigkeit von Importen. Ins Gedächtnis gerufen wurde diese zur Mitte des Jahres, denn China ist an mehr Kontrolle über seine Rohstoffexporte gelegen und kündigte neue Auflagen für die Ausfuhr verschiedener Materialien an. Den Anfang machte die Volksrepublik mit Gallium und Germanium, es folgte Graphit, weitere dürften sich hier einreihen. Um direkte Ausfuhrverbote handelt es sich hierbei nicht, allerdings werden für Dual-Use-Güter, die sowohl für militärische als auch zivile Zwecke eingesetzt werden können, Genehmigungen erforderlich. Während China die Maßnahmen mit dem Verweis auf nationale Sicherheit begründet, werten Beobachter den Schritt als Reaktion auf den Versuch der USA, Peking von der Versorgung mit modernsten Computerchips abzuschneiden. Bislang konnte das Land nicht den Standard Südkoreas oder Taiwans erreichen, das soll nach dem Wunsch Washingtons so bleiben. Auch wenn in diesem Zusammenhang die Formel De-Risking statt De-Coupling (Risikovermeidung statt Abkopplung) immer wieder bemüht wurde und auch neues Mantra der deutschen Chinapolitik ist, sind die Spannungen zwischen West und Ost Grund zur Besorgnis. Wenngleich die Befürchtungen, dass die Volksrepublik den Rest der westlichen Welt von der Versorgung mit Seltenen Erden abschneidet, derzeit unwahrscheinlich erscheinen: Die Marktmacht Chinas ist auf lange Zeit fest zementiert.

Ganz ohne China wird es nicht gehen

Das Quasimonopol des Landes erstreckt sich von der Förderung kritischer Rohstoffe bis zu ihrer Weiterverarbeitung und Fertigung von Komponenten wie Magneten. Sie sind beinahe unersetzlich für Windräder und Elektroautos, also integralen Bestandteilen des weltweiten Kampfes gegen Treibhausgasemissionen und den Klimawandel. Zugleich arbeitet das Reich der Mitte an der qualitativen Weiterentwicklung seiner Rohstoffindustrie und diversifiziert seine eigenen Lieferketten durch Investitionen in Bergwerke und Unternehmen im Ausland. Hiergegen regt sich mitunter Widerstand, doch faktisch halten chinesische Investoren Anteile an vielen westlichen Hoffnungsträgern: MP Materials (USA) oder Vital Metals (Kanada), um nur zwei zu nennen.

Ein Begriff, der 2023 ebenfalls Hochkonjunktur hatte, waren die Rohstoffpartnerschaften, von ihnen erhofft sich die Europäische Union eine ganze Menge. Die Schwellenländer, die viele Bodenschätze aufweisen, haben allerdings bereits die Zeichen der Zeit erkannt und entsprechendes Selbstvertrauen entwickelt. Da muss Europa sich zunächst selbst darüber im Klaren sein, was es zu bieten hat und warum man sich nicht doch für China entscheiden sollte.

Die Zeit drängt unterdessen, jetzt die richtigen Schritte einzuleiten, egal ob es um den Bergbau, die Wasserstoffwirtschaft oder die Elektromobilität geht. Letztere wird durch das im März beschlossene Aus für den Verkauf von Verbrenner-PKW ab 2035 deutlich an Bedeutung gewinnen, so das wenig überraschende Fazit so gut wie jeder Studie der diversen Beratungsgesellschaften. Angesichts der Tatsache, dass 2023 auch noch als das heißeste Jahr in die globalen Wetteraufzeichnungen eingehen wird, kommt dem Kampf gegen die Auswirkungen der globalen Erwärmung auch 2024 eine bedeutende Rolle zu. Damit gilt: Die Versorgung mit den notwendigen Rohstoffen wird noch stärker in den Fokus von Wirtschaft und Politik rücken.

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