Zugang zu kritischen Rohstoffen entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit. Entwurf des Critical Raw Materials Act geht Verbänden nicht weit genug.
Die Europäische Kommission hat am heutigen Donnerstag einen Vorschlag für ein europäisches Gesetz über kritische Rohstoffe vorgestellt. Mit dem European Critical Raw Materials Act soll die bisher nur geringe Diversifizierung der Lieferketten für kritische Materialien angegangen werden. Die EU beziehe 98 Prozent der Versorgung mit Seltenen Erden und 93 Prozent des Magnesiums aus China, so Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Vortag vor dem Europäischen Parlament. Entsprechend anfällig für Engpässe ist die Staatengemeinschaft in diesem Bereich.
Wie bereits vorab durchgedrungen, strebt die Kommission daher an, dass zehn Prozent des jährlichen Bedarfs an strategischen Rohstoffen durch eigene Förderung abgedeckt werden, aktuell seien es drei Prozent, so Thierry Bretton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen auf der Pressekonferenz. 40 Prozent des jährlichen Bedarfs sollen in der EU weiterverarbeitet werden. Ausgebaut werden müsse zudem das Recycling von kritischen Ressourcen, denn derzeit würden nur zwölf Prozent wieder der Industrie zugeführt, so Breton. Zudem dürfen nur 65 Prozent eines bestimmten Rohstoffes aus einem einzigen Drittland stammen, um der hohen Länderkonzentration entgegenzuwirken.
Flankiert wird das Vorhaben der EU zu mehr Unabhängigkeit mit einer ganzen Reihe von weiteren Maßnahmen. Von Rohstoffpartnerschaften, der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für relevante Projekte, bis zum Monitoring der Rohstoffversorgung und Stresstest zu den entsprechenden Lieferketten.
Verbände üben bereits Kritik
Die Verordnung muss vor ihrer Annahme und ihrem Inkrafttreten vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union erörtert und gebilligt werden, da regt sich bereits Kritik bei Verbänden, so etwa beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem der Entwurf nicht weit genug geht. Es fehlten die notwendigen Instrumente für eine erfolgreiche Umsetzung des Vorhabens, insbesondere eine Finanzierungsoffensive für die Rohstoffförderung und -verarbeitung, so Wolfgang Niedermark, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) spricht indes von einer verpassten Chance für die EU, um „Stärke und Einfluss durch Geschlossenheit und gemeinsames Handeln zu demonstrieren“. Vielmehr drohe ein neuer Wettbewerb unter den Mitgliedstaaten, wenn die Zuständigkeit für die Finanzierung strategischer Projekte nicht auf EU-Ebene liege. Kritik kommt auch vom Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI). Vor allem beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft für kritische Rohstoffe bleibe der Entwurf „deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück“.
Net-Zero Industry Act soll grüne Industrie fördern
Vorgestellt wurde am Donnerstag zudem der Net-Zero Industry Act. Dieser sieht vor, dass die EU bis 2030 in der Lage ist, 40 Prozent der Technologie für den Übergang zur Klimaneutralität sind selbst zu produzieren. Im Fokus der Gesetzgebung steht die Erleichterung von Genehmigungsverfahren. Wie im Fall der Versorgung mit Seltenen Erden und anderen kritischen Rohstoffen ist Europa auch bei etwa Solarzellen stark vom Import insbesondere aus China abhängig. Keine Windenergie ohne Seltene Erden, konstatierte EU-Kommissar Bretton am Donnerstag.
Photo: iStock/DutchScenery