Wie man geerbtes Geld sinnvoll vermehren kann

von | 22. Jul 2024 - 08:24 | Kutzers Corner

Was tun bei einem überraschenden Geldzufluss? Bundesbürger sollten dann die Kapitalanlage sinnvoll planen und sich im Zweifel gut beraten lassen.

Ich plädiere immer wieder für ein gut vorbereitetes und möglichst langfristiges Geldmanagement – also für eine mehrjährige Investmentstrategie. Das gilt auch für plötzlichen Reichtum durch Erbschaften und Schenkungen. Schade allerdings (aber nicht selten), wenn die Nutznießer spekulativ vorgehen oder kein ausreichendes Know-how mitbringen. Das sollte man sich in jedem Fall aneignen und/oder gut beraten lassen. Mit anderen Worten: Konkrete Einzelempfehlungen von Banken und Vermögensverwaltern sollten für Sie nicht im Vordergrund stehen, geschätzte Privatanleger, sondern zunächst einmal die Eckpunkte und Zielsetzungen für Ihre individuelle Geldstrategie.

Geschenktes Vermögen steigt auf Rekord

Und es geht nicht etwa um Ausnahmeerscheinungen in unserer Gesellschaft. Denn es gibt hierzulande den „schnellen Reichtum“ öfter als man vielleicht denkt. Neue Zahlen dazu hat soeben das Statistische Bundesamt (Destatis) vorgelegt. Demnach haben die Finanzverwaltungen in Deutschland im Jahr 2023 Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen in Höhe von 121,5 Milliarden Euro veranlagt. Das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen stieg damit gegenüber dem Vorjahr um 19,8 % auf einen neuen Höchstwert, nachdem es 2022 um 14,0 % gesunken war. Wie das Statistische Bundesamt weiter mitteilt, erhöhte sich die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer um 3,9 % auf 11,8 Milliarden Euro. Dabei entfielen auf die Erbschaftsteuer 7,7 Milliarden Euro (-4,5 %) und auf die Schenkungsteuer 4,1 Milliarden Euro (+24,9 %).

Empfehlungen der Finanzplaner

„Plötzlich reich: Was tun mit einem unerwarteten Geldzufluss?“ Unter diesem Motto hat der Financial Planning Standards Board Deutschland in der vergangenen Woche eine Übersicht mit nützlichen Ratschlägen veröffentlicht, die insbesondere unerfahrene Sparer und Börsenanfänger ansprechen sollten. Denn für die meisten Menschen ist es gar nicht so einfach zu entscheiden, was man mit dem neuen Vermögen anfangen soll. Dann können Finanzplaner helfen, den individuell passenden Weg zu finden

Es kann unterschiedliche Gründe geben, warum jemand zu einem größeren Geldbetrag kommt – zum Beispiel eine unerwartete Erbschaft, eine vorzeitige Schenkung, die Auszahlung einer Lebensversicherung oder eine größere Abfindung. „Häufig, so meine Erfahrung, verunsichert das zunächst viele Menschen, vor allem wenn der Geldzufluss überraschend geschieht“, sagt Professor Rolf Tilmes, Vorstandsvorsitzender des FPSB Deutschland. Denn tatsächlich gibt es zahllose Möglichkeiten, was man alles damit machen kann. „Vor allem wenn sich jemand nie zuvor gründlich mit dem Thema Finanzen auseinandergesetzt hat, kann das schnell dazu führen, dass man überfordert, ist“, weiß Tilmes aus seinem Berufsalltag. „Und es gibt immer wieder Fälle, bei denen aufgrund falscher Entscheidungen größere Summen auch schnell weg sind.“ Zum Beispiel durch übermäßigen Konsum, aber zum Beispiel auch aufgrund einer falschen Geldanlage. Letzteres kann etwa schnell passieren, wenn man vermeintlich heißen Anlagetipps folgt oder schlecht beraten wird.

Aktien auch bei Höchstständen attraktiv

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte einen ausgewiesenen Experten wie die von FPSB Deutschland zertifizierten Profis zu Rate zu ziehen, erläutert Tilmes. „Das Besondere bei einer professionellen Finanzplanung ist, dass hier die gesamte Situation des Einzelnen umfassend mit einbezogen wird, also seine Ausgaben und Einnahmen, die bereits vorhandenen Vermögenswerte, die eigene Absicherung, aber auch die Vermögensnachfolge.“ Wichtig ist dabei, dass es im Rahmen eines Finanzplans eben nicht nur um die Geldanlage geht, sondern umfassend um die gesamte Situation des Kunden. Das kann zum Beispiel auch den Aufbau einer Reserve oder die Bereitstellung finanzieller Mittel für die Erfüllung eigener Wünsche mit beinhalten.

Oder eben die langfristige Geldanlage. Hier ist beispielsweise wichtig, dass man auch das Potenzial des Aktienmarktes nutzt, und zwar am besten über eine gut diversifizierte Investition. „Zwar stelle ich derzeit auch immer wieder fest, dass Anleger dem Aktienmarkt, weil er derzeit nahe an seinem Höchststand notiert, skeptisch gegenüberstehen“, sagt der Finanzexperte weiter. „Doch sollte man sich auch davon nicht verunsichern lassen.“

Finanzplanung ist Lebensplanung

So gibt es zahlreiche Untersuchungen, die zeigen, dass der Zeitpunkt des Einstiegs für den langfristigen Anlageerfolg nicht entscheidend ist. „Selbst wer zum ungünstigsten Zeitpunkt eingestiegen ist, lag in der Vergangenheit bei einem Anlagehorizont von über 15 Jahren und einer breiten Streuung der Aktieninvestition nie im Minus“, so Tilmes. Über die vergangenen 20 Jahre hinweg ist zum Beispiel der MSCI World um das 3,5fache gestiegen. Zu neuen Höchstständen kam es in dieser Zeit somit immer wieder. „Tatsächlich sind sie deutlich häufiger als man denkt“, macht der Experte klar. Mit anderen Worten: Neue Höchststände sind ein natürlicher Teil des Marktwachstums und führen nicht zwangsweise zu einem unmittelbaren Kurseinbruch.

Über den FPSB Deutschland e.V.

Zum Financial Planning Standards Board: FPSB ist ein globales Netzwerk mit derzeit 27 Mitgliedsländern und über 223.000 Zertifikatsträgern. Dessen Ziel ist es, den weltweiten Berufsstandard für Financial Planning zu verbreiten und das öffentliche Vertrauen in Financial Planner zu fördern. Das Financial Planning Standards Board Deutschland e.V. (FPSB Deutschland) mit Sitz in Frankfurt/Main gehört seit 1997 als Vollmitglied dieser Organisation an. Zentrale Aufgabe des FPSB Deutschland ist die Zertifizierung von Finanz- und Nachfolgeplanern nach international einheitlich definierten Regeln.

Langfristige Planung besonders wichtig

Was auch ich für besonders wichtig halte, ist die Langfristigkeit des privaten „Money Managements“ – ich werde in Zukunft immer wieder die Vorteile einer Kapitalanlage-Strategie betonen, die auf mindestens drei bis fünf Jahre ausgerichtet ist. Dabei sollten Sachwerte im Mittelpunkt stehen, also Aktien, Gold und Industrierohstoffe. Dafür stehen zahlreiche Anlageinstrumente zur Verfügung, insbesondere unterschiedliche Fondstypen. Übrigens: Andere Vorgehensweisen kommen natürlich auch in Frage – zum Beispiel das Stockpicking oder die kurzfristige Aktienspekulation. Nur empfehle ich dringend, solche Strategien getrennt zu fahren und nicht über die gleichen Depots wie etwa die Altersvorsorge laufen zu lassen.

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