Inflation Reduction Act: Wirtschaftsminister hält „De-facto-Freihandelsstatus“ für EU im Bereich kritischer Mineralien für möglich.
Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck ist am Montag nach Washington D.C. gereist, wo er zusammen mit seinem französischen Amtskollegen Bruno Le Maire auf Vertreterinnen und Vertreter der US-Regierung trifft. Im Mittelpunkt der Gespräche steht der Inflation Reduction Act (IRA), der seit Monaten für Zündstoff in den transatlantischen Beziehungen sorgt.
Das von US-Präsident Joe Biden erlassene Gesetzespaket sieht milliardenschwere Subventionen für die heimische Green-Tech-Industrie vor, darunter Steuervorteile beim Kauf von Elektroautos. Dazu müssen diese allerdings überwiegend in den USA montiert worden sein, ebenso müssen Teile der Batterie mitsamt der enthaltenen kritischen Mineralien von dort stammen. Ausnahmen gibt es für Länder, mit denen Vereinigten Staaten Freihandelsabkommen haben, wie Kanada und Mexiko. Die EU gehört nicht dazu und befürchtet daher massive Nachteile für europäische Fahrzeughersteller. Eine wachsende Zahl von Autoherstellern erwäge verstärkte Investitionen in den Produktionsstandort USA, sollte Europa keine adäquate Antwort auf den IRA finden, berichtet Bloomberg (Paywall). Eine mögliche Reaktion wurde vergangene Woche mit dem Green Deal Industrial Plan vorgestellt (wir berichteten), der die Wettbewerbsfähigkeit im Bereich klimafreundlicher Technologien sichern soll.
Bei der Umsetzung des Inflation Reduction Acts fordert die EU indes eine ähnliche Behandlung wie Kanada und Mexiko, zieht sogar eine Klage vor der World Trade Organization (WTO) in Erwägung. Eine zur Beilegung des Konflikts eingerichtete Arbeitsgruppe habe jedoch bereits einige Kompromisse aushandeln können, so die WirtschaftsWoche.
Industrie fordert Vermeidung von Handelskonflikt
Habeck zeigte sich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters zuversichtlich, dass im Bereich der kritischen Mineralien für Solarzellen, Batterien und Halbleiter „de facto ein Freihandelsstatus“ für die EU erreicht werden könne. Er sprach sich zudem für ein gemeinsames Vorgehen beim Kampf gegen die Klimakrise und einen „freundschaftlichen, fairen Wettbewerb“ aus, mit dem Aufbau gemeinsamer grüner Leitmärkte.
Eine „vorsichtige handelspolitische Antwort auf den IRA“ mahnt auch der Bundesverband der Industrie (BDI) an. „Die EU sollte für Verbesserungen für europäische Unternehmen werben“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner im Vorfeld von Habecks Reise, einen Subventionswettlauf oder gar einen Handelskonflikt gelte es von beiden Seiten zu vermeiden. Notwendig sei hingegen eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in Europa, etwa durch erleichterte Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie „sinnvolle Förderung“ für Unternehmen. Der Green Deal Industrial Plan gehe in die richtige Richtung, so Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Auch sie fordert eine Stärkung des europäischen Standorts und eine Vertiefung der transatlantischen Partnerschaft. Dass die Förderpraxis der USA Nachahmer und Gegenreaktionen nach sich ziehe, gelte es indes zu verhindern.
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