Der Krieg in der Ukraine wirkt sich nicht nur auf die Energiepreise aus, sondern könnte auch die Versorgung mit Halbleiterchips weiter erschweren.
Infolge des Krieges zwischen Russland und der Ukraine steigen die Preise für Gas, Kohle und Metalle wie Nickel. Auf den ersten Blick weniger offensichtlich ist, dass der Konflikt auch die globale, seit gut zwei Jahren anhaltende Chipkrise verlängern könnte, wie unter anderem CNBC berichtet. Denn Russland und die Ukraine liefern wichtige Rohstoffe zur Produktion von Halbleiterchips. Darunter ist Palladium, das in Sensor- und Speicherchips verwendet wird. Mit rund 40 Prozent Anteil am Weltmarkt gilt Russland als wichtiger Lieferant des Edelmetalls. Auch weitere Rohstoffe für die Chipherstellung werden dort produziert, wie die Seltene Erde Scandium und das Gas C4F6. Die Ukraine ist weltweit größter Exporteur von Neon. Das Edelgas kommt in Hochleistungslasern zum Einsatz, die mittels Lithographie Strukturen auf Halbleiterchips anbringen.
Die möglichen Auswirkungen der Ukrainekrise auf die Chipbranche werden unterschiedlich eingeschätzt. Bereits Mitte Februar, so die Nachrichtenagentur Reuters, habe die US-Regierung die einheimische Chipindustrie dazu aufgerufen, ihre Lieferketten zu diversifizieren. Kurz zuvor zeigte eine Untersuchung von Techcet, einem auf elektronische Bauteile spezialisierten Marktforschungsunternehmen, auf, wie abhängig Chiphersteller in den Vereinigten Staaten von Russland sind. Der US-Branchenverband Semiconductor Industry Association (SIA) hingegen schätzt die Risiken für Lieferunterbrechungen als niedrig ein.
Führende Chiphersteller in Taiwan und Südkorea seien alarmiert, schreibt Nikkei Asia, und prüften ihre Lagerbestände sowie Bezugsquellen. Reuters zufolge erklärte die taiwanische Regierung jedoch, dass der Krieg nur geringe Auswirkungen auf die heimische Halbleiterbranche haben werde. Das taiwanische Marktforschungsunternehmen TrendForce ist der Ansicht, der ukrainisch-russische Konflikt werde die Halbleiterfertigung wahrscheinlich nicht kurzfristig zum Stillstand bringen, könnte aber die Produktionskosten erhöhen. Mit höheren Preisen für Chips rechnet auch die Zeitung Nation Thailand und beruft sich dabei auf Analysten. Sollte sich der Konflikt weiter hinziehen, würden Chip-Hersteller die Auswirkungen der Lieferknappheit spüren.
Sicher scheint dagegen, dass die internationalen Handelssanktionen sich massiv auf Russlands Versorgung mit Halbleitertechnologie auswirken werden. Vor allem die Exportbeschränkungen aus Taiwan könnten drastische Folgen haben, da Russland bei der Herstellung von Laptops bis hin zu militärischer Ausrüstung von Lieferanten aus diesem Land abhängig sei.
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