Thyssenkrupp lieferte die Aufzüge für das One World Trade Center. Neodym wurde dabei zum Problemlöser.
Flatiron Building, Woolworth Building oder Empire State Building, sie alle sind Ikonen des Designs und des Fortschritts. In ihren Bau flossen die neuesten technischen Erkenntnisse ihrer Zeit ein und es wurden die modernsten Werkstoffe verwendet. Daran hat sich nichts geändert, heute sind es aber Technologiemetalle und Seltene Erden, die Wolkenkratzer zu technischen Wunderwerken machen. Indium etwa erhöht die Energieeffizienz der riesigen Glasfassaden. Eine moderne LED-Beleuchtung mit Halbleitern aus Indium oder Gallium spart ebenfalls Energie, kann aber auch ganze Gebäude illuminieren, wie das Empire State Building allabendlich demonstriert. Die 2012 installierte Turmbeleuchtung ist in der Lage, mehr als 16 Millionen Farben darzustellen. In den Motoren vieler Aufzüge stecken zudem Permanentmagneten aus Seltenen Erden wie Neodym und ohne Fahrstühle sind die zahlreichen Hochhäuser der Stadt schließlich kaum vorstellbar. Das gilt auch für ein relativ neues Wahrzeichen der Stadt: Das One World Trade Center (1 WTC). Das Gebäude an geschichtsträchtiger Stelle weist eine Höhe von über 541 Metern auf oder 1.776 Fuß, ein Verweis auf das Jahr, in dem die Vereinigten Staaten ihre Unabhängigkeit von Großbritannien erklärten. Die Fahrt in die 102. Etage dauert weniger als eine Minute, die Aufzüge erreichen dabei eine Geschwindigkeit von 37 Kilometern pro Stunde, was sie zu den schnellsten der westlichen Hemisphäre macht. Gebaut wurden die 71 Aufzüge im 1 WTC vom Essener Unternehmen Thyssenkrupp, fünf davon sind Expressaufzüge.
Neue Herausforderungen für die Ingenieure
Wo Rekordgeschwindigkeiten und -höhen erreicht werden, entstehen mitunter ungeahnte Herausforderungen: Kurz nach der Übergabe der Aufzuganlage im Sommer 2015 wurde von der Thyssenkrupp-Tochter Elevator Memphis (heute TK Elevator) eine mögliche Schwachstelle identifiziert. Für die Stromversorgung und die Übermittlung von Sensordaten sind die Liftkabinen mit einem insgesamt 200 Meter langen und 400 Kilo schweren Kabel verbunden, das auf halber Höhe des Schachtes befestigt ist. Befand sich die Kabine in den unteren Etagen, rutschte das Kabel aus der Führungsschiene. Das hätte dazu führen können, dass es sich im Betrieb an anderen Bauteilen einhängt und im schlimmsten Falle sogar abreißt. Dann stünde der betroffene Aufzug längere Zeit still. Möglichst rasch musste eine Lösung gefunden werden. Diese kam ebenfalls aus dem Thyssen-Konzern. Wilhelm Cassing von Thyssenkrupp Magnettechnik schlug die Verwendung von Permanentmagneten vor. Sie sollten links und rechts der Führungsschiene angebracht werden und das Kabel in Position halten. Aufgrund seiner starken magnetischen Eigenschaften fiel die Materialwahl auf eine Neodym-Eisen-Bor-Legierung. Permanentmagneten aus Neodym kommen überall dort zum Einsatz, wo nur begrenzt Platz ist, so auch in den Motoren von Elektroautos oder in Windenergieanlagen. Das Nachrüsten der Anlage mit den Magneten gestaltete sich problemlos. Installiert wurden sie im unteren Bereich der Aufzüge, die von der Lobby bis in die oberen Etagen des Wolkenkratzers führen.
Eine Zeitreise auf dem Weg nach oben
Die Aufzüge im 1 WTC weisen noch weitere technische Innovationen auf. So werden die Fahrgäste abhängig von ihrem Ziel automatisch so auf die Aufzüge aufgeteilt, dass sie die gewünschte Etage möglichst schnell erreichen. Die LED-Beleuchtung der Aufzugskabinen ermöglicht Stromeinsparungen in Höhe von 78.000 Kilowattstunden pro Jahr im Vergleich zu Halogenlampen, so Thyssenkrupp. Ein weiteres Highlight erwartet Touristen, die mit den Expressaufzügen zur Aussichtsetage fahren: Die Wände der Kabine bestehen aus LED-Bildschirmen, die eine Animation zur Geschichte Manhattans zeigen. Auch die Entstehung der weltbekannten New Yorker Skyline ist dabei zu sehen.
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