Bundeskanzler besucht Vietnam und Singapur. Deutschland will Wirtschaftsbeziehungen mit Indo-Pazifik-Region stärken und Abhängigkeit von China reduzieren.
Bundeskanzler Olaf Scholz war am Sonntag auf Staatsbesuch in Vietnam und reiste am Montag weiter nach Singapur. Dort nimmt er zusammen mit seinem Wirtschaftsminister Robert Habeck an der 17. Asien-Pazifik-Konferenz der Deutschen Wirtschaft teil. Die Erweiterung von Absatzmärkten, Lieferketten, Rohstoffquellen und Produktionsstandorten ist ein zentrales Anliegen der Reise.
Als Konsequenz des russischen Überfalls auf die Ukraine müssten erneute Abhängigkeiten von einzelnen Staaten oder Lieferanten vermieden werden, sagte Scholz. Dabei steht vor allem China im Fokus. Deutschland ist bei Seltenen Erden und elektronischen Bauteilen wie Photovoltaikmodulen fast zu 100 Prozent auf Importe aus der Volksrepublik angewiesen. Auf seiner kürzlichen Reise nach China hatte Scholz zwar betont, dass das Land ein wichtiger Wirtschafts- und Handelspartner bleibe, doch angesichts der dortigen politischen Entwicklung müsste sich auch der Umgang mit ihm verändern.
Viel Potenzial für neue Seltenerdquellen in Südostasien
Südostasien könnte eine wichtige Rolle beim Aufbau neuer, widerstandsfähiger Lieferketten für Seltene Erden spielen. Vietnam etwa soll nach Schätzungen (PDF) des United States Geological Surveys (USGS) große, noch weitgehend ungenutzte Vorkommen der kritischen Rohstoffe haben, die für grüne Technologien wie Elektromobilität und Windkraft benötigt werden. Scholz zufolge gab es bei seinem Besuch erste Gespräche über mögliche Nutzungen dieser Bodenschätze. Das seit 2020 bestehende Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Vietnam nannte er eine gute Grundlage zur Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen.
Gegenüber dem Handelsblatt kritisierten deutsche Wirtschaftsvertreter jedoch, dass das Investitionsschutzabkommen EVIPA zwischen den beiden Partnern noch immer im Ratifizierungsprozess feststecke, was zu einem „Vertrauensverlust“ auf vietnamesischer Seite geführt habe. Unterzeichnet wurde EVIPA bereits 2019, zeitgleich mit dem Freihandelsabkommen.
Potenzial für alternative Rohstoffversorgungsketten bieten indes noch weitere Länder in der Indo-Pazifik-Region. Neben China gehören laut USGS Myanmar und Thailand zu den Produzenten dieser Rohstoffe in Asien, in geringerem Umfang auch Indien. China selbst deckt einen großen Teil seines Bedarfs durch Seltenerdimporte aus Myanmar ab. Wie wir berichteten, plant Indonesien ebenfalls den Aufbau einer eigenen Seltenerdindustrie.
Rohstoffe: Studie offenbart Importabhängigkeit Deutschlands
Das große Ausmaß der deutschen Rohstoffabhängigkeit zeigte erst kürzlich eine Studie des Wirtschaftsministeriums, über die derTagesspiegel berichtete. Demnach müsste die Bundesrepublik 39 von 46 strategisch wichtigen Rohstoffen importieren. Der Handlungsdruck sei groß, sagte Franziska Brantner, Parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium. Sie begleitet Scholz auf seiner Asienreise und will eine aktivere staatliche Rohstoffpolitik erarbeiten.
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