Mithilfe von Platin, Hafnium und Zink ist es Forschern erstmals gelungen, beschädigtes Nervengewebe direkt zu stimulieren.
Neue Hoffnung für Patienten mit Nervenschäden: Forscher der Rice University im US-Bundesstaat Texas haben ein Material entwickelt, das die Funktion durchtrennter Nerven wieder herstellen kann. Die Erfindung basiert auf dem sogenannten magnetoelektrischen Effekt, der eine Kopplung zwischen den magnetischen und den elektrischen Eigenschaften eines Materials bezeichnet. So kann die Magnetisierung eines Festkörpers durch ein elektrisches Feld verändert werden – umgekehrt lassen sich aber auch Magnetfelder in elektrische Felder umwandeln. Gerade für letzteren Effekt sehen Forscher großes therapeutisches Potenzial, etwa bei der minimalinvasiven Stimulation von Nervengewebe und zur Behandlung von neurologischen Störungen oder Nervenschäden, wie sie etwa nach Unfällen oder Schlaganfällen zurückbleiben können.
Allerdings reagieren Nervenzellen (Neuronen) bislang unzureichend auf die so erzeugten elektrischen Signale, weil sie zu schnell und gleichmäßig erfolgen, schreibt die Rice University. Um dieses Problem zu beheben, hat ein dortiges Forschungsteam um Neuroingenieur Jacob Robinson ein neues magnetoelektrisches Material entwickelt. Als Basis diente eine Schicht Blei-Zirkonium-Titanat zwischen zwei Schichten aus metallischen Glaslegierungen. Durch die Kombination dieser beiden Elemente werde ein von außen an den Körper angelegtes magnetisches Feld in ein elektrisches Feld umgewandelt, erklärt die beteiligte Forscherin Gauri Bhave. Zusätzlich wurden noch Schichten aus Platin, Hafniumoxid und Zinkoxid hinzugefügt, um gezielt elektrische Signale zu erzeugen, auf die Nervenzellen tatsächlich reagieren.
Deutlich weniger invasive Behandlungen von Nervenschäden möglich
Das so erzeugte Material eignet sich nach Angaben der Wissenschaftler zur präzisen Fernstimulation von Neuronen. In einem Versuch mit Ratten konnte erfolgreich die Funktion eines durchtrennten Ischiasnervs wieder hergestellt werden. Zudem könnten Magnetfelder 120-mal schneller in elektrischen Strom umgewandelt werden als durch bisherige magnetoelektrische Materialien.
Diese Ergebnisse, die im Fachjournal Nature Materials veröffentlicht wurden, könnten nach Ansicht des Forschungsteams deutlich weniger invasive Verfahren in bestimmten Bereichen der Neurologie ermöglichen. Statt der Implantation von Neurostimulationsgeräten ließen sich künftig winzige Mengen des Materials an die gewünschte Stelle injizieren. Mehr noch: weil magnetoelektrische Materialien vielfältige Einsatzbereiche haben, gehen die Forscher davon aus, dass ihre Entwicklung auch Bereiche wie die Informatik, Sensorik oder Elektronik voranbringen könnte.
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