Werterhalt wird wichtiger

von | 8. Aug 2022 - 08:00 | Kutzers Corner

Worauf kommt es Ihnen jetzt an? Motive und Ziele der Kapitalanlage sind vielfältig und individuell. Für Profis und Private geht es grundsätzlich darum, das Kapital zu vermehren. Doch rückt der Werterhalt immer dann in den Vordergrund, wenn die Börsen zunehmende Unsicherheit im wirtschaftlichen und politischen Umfeld verkraften müssen – so wie jetzt.

Die jüngste Erholung der Aktienmärkte bei uns und international spiegelt die tatsächliche Verfassung der Märkte nur unzulänglich wider. Denn die berechtigten Sorgen der Investoren kommen darin nicht zum Ausdruck. Anders diverse Verhaltensanalysen, die zeigen, dass die Stimmung unter den Marktteilnehmern schlechter ist als das Kursbild. Von Angst oder gar panikartigem Handeln kann jedoch keine Rede sein. Zumindest beschränkt man sich auf das kurzfristige Rein und Raus, was die relativ hohe Volatilität fördert.

Kaufkraftverlust durch Inflation

Erfahrene Anlagestrategen widmen sich immer wieder diesem wichtigen Thema, das von privaten Anlegern oft vernachlässigt wird. So heißt es in einer Studie von Allianz Global Investors (AllianzGI): Durch das Wiedererwachen der Inflation sollte der Kaufkrafterhalt die unterste Grenze des Renditeziels sein. Es geht darum, sich mit 100 Euro heute auch morgen noch denselben Warenkorb leisten zu können. Wo heute 100 Euro draufstehen, sind nach Inflation morgen einfach nicht mehr 100 Euro drin. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Angenommen jemand besitzt heute 100 Euro. Bei einer durchschnittlichen Inflationsrate von 2 % p. a. bekommt er dafür in 10 Jahren nur noch einen Gegenwert von ca. 86 Euro. In 20 Jahren ist die Kaufkraft auf knapp 75 Euro gesunken. Das kann nicht das Ziel einer Kapitalanlage sein. Das gilt heute umso mehr, als wir (ähnlich wie die Wall Street) weit vom Inflationsrichtwert der EZB von 2 Prozent entfernt sind.

Auf die reale Rendite kommt es an

Leider ist mit einer volkswirtschaftlich ungesund hohen Inflation auch in Zukunft zu rechnen. Was bedeutet das aber für die Auswahl der Asset Classes? AllianzGI hat für unterschiedliche Anlageformen untersucht, wie diese in sehr unterschiedlichen Inflationsregimen von 1971 bis heute reagiert haben. Da es um die Frage nach dem Werterhalt geht, wurden alle Renditen um die Inflation bereinigt, also als reale Renditen ausgewiesen. Bei den Inflationsregimen wurde in Zeitphasen unterschieden, während derer sich die durchschnittlichen Inflationsraten zwischen 2 bis 4 %, 4 bis 6 %, 6 bis 8 % und über 8 % bewegten. Generell zeigt sich, sowohl kurz als auch länger laufende Staatsanleihen hatten es schwer, eine positive Realrendite zu erzielen. Dies schafften sie in der Vergangenheit nur, wenn die Inflationsraten die 6 % nicht überschritten. Bei Aktien wird allgemein vermutet, dass diese in inflationärem Umfeld bessere Rendite bringen als die inflationssensiblen Anleihen. Tatsächlich zeigt sich, Aktien verloren bei Inflationsraten über 6 % real betrachtet an Boden, stärker sogar als Anleihen. Dafür performten sie in einem inflationären Umfeld, das darunter lag, deutlich besser. Eine globale Aktienanlage (gemessen in US-Dollar) kam sogar auf knapp 11 % p. a. Und das nach Abzug der Inflation. Stieg diese auf eine Bandbreite zwischen 4 bis 6 % wurden noch Nach-Inflations-Renditen zwischen 5 bis 6 % erzielt.

Fazit: Sachwerte favorisieren

Rohstoffe, deren Preisanstieg häufig hinter der Inflation steht, sowie auch Edelmetalle profitierten von hohen Inflationsraten geradezu. Dieser vermeintliche Vorteil von Rohstoffen und Edelmetallen kehrte sich in der Vergangenheit jedoch genau in sein Gegenteil um, wenn die Inflationsraten wieder fielen. Besonders Edelmetalle gerieten unter die Räder. Dabei scheint die Faustregel zu gelten: Je stärker zuvor die Inflationsraten waren, desto stärker waren bei Rückgang der Inflation auch die Verluste – real.

Das Ergebnis dieser vergleichenden Untersuchung:  Die rein historische Betrachtung der Realrenditen zeigt: Sachwerte, zu denen Aktien als Beteiligungen an Unternehmen gehören, haben sich auch bei höheren Inflationsraten gut geschlagen, während Anleihen zu kämpfen hatten. Rohstoffe und Edelmetalle schnitten – gemessen an der Realrendite – besonders gut ab, mussten aber diesen Vorteil in Phasen des Inflationsrückgangs wieder abgeben. Nach vorne blickend legt dies Investoren, die sich auf Inflation einstellen wollen, nahe, Aktien in Betracht zu ziehen. Rohstoffe wie Edelmetalle bieten sich ebenfalls an, wobei hier Kursverluste nach Abklingen der inflationären Phase nicht außer Acht zu lassen sind.

Das TINA-Prinzip gilt weiterhin

Mein Ratschlag ist noch deutlicher: Am sogenannte TINA-Prinzip, also „There Is No Alternative“ (zu Aktien), kommt man auf absehbare Zeit nicht vorbei. Und das wirkt umso eindrucksvoller, je bewusster der Anleger es umsetzt. Darunter verstehe ich eine fundamental-qualitative Auswahl für ein international gemischtes Depot und den Einsatz unterschiedlicher Instrumente (neben der Direktanlage). Aktuell sollten Sie, geschätzte Anleger, neben den Zwischenberichten der Unternehmen die kontroversen Diskussionen über Inflation und Rezession im Auge behalten. Ein Risikofaktor bleibt auch Corona, wenn die Pandemie wieder heftig aufflackern sollte. Meine größte Sorge sind allerdings die geopolitischen Entwicklungen (Ukraine, Taiwan, Naher Osten, Ost-West) und ihre Folgen – gefährlich und völlig unberechenbar für Kapitalanleger.

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