Automobilkonzerne wollen weniger Seltene Erden und Technologiemetalle einsetzen. Deren Nachfrage wird dennoch künftig steigen.
Den Seltenerdmetallen Neodym und Praseodym kommt in der Elektromobilität eine Schlüsselfunktion zu. Sie werden in Elektroautos unter anderem für die Permanentmagneten des Antriebs benötigt. Wie auch die anderen Seltenen Erden werden Neodym und Praseodym überwiegend in China gefördert. Die aktuellen politischen Spannungen zwischen den USA und China nähren dementsprechend die Befürchtungen der Automobilindustrie, von der Versorgung abgeschnitten werden zu können.
Reality Check
Um der Abhängigkeit von China entgegenzuwirken, versuchen einige Autohersteller, Neodym, Praseodym und andere kritische Rohstoffe zu ersetzen oder den Verbrauch zu reduzieren. So arbeitet der japanische Automobilkonzern Toyota an der Entwicklung eines Elektromotors, bei dem bis zu 50 Prozent des Neodyms durch Lanthan und Cer ersetzt werde. Diese Seltenen Erden sind im Einkauf günstiger. Einsatzfähig soll der Motor bis 2025 sein. Auch das Recycling der Magneten wird getestet, Das Start-up Carester aus Lyon beispielsweise hat große Pläne für eine Wiederaufbereitungsanlage. Der französische Staat fördert das Unternehmen mit 15 Millionen Euro. Einen anderen Weg geht der deutsche Automobilzulieferer Mahle, der die Entwicklung eines völlig magnetfreien Motors angekündigt hat. Der Motor soll Leistungen aufweisen, die bisher nur im E-Rennsport erreicht werden, so die Pressemitteilung. Wann Mahles Motor serienreif sein wird, ist zwar unklar, das Unternehmen setzt mit seinem Forschungsprojekt aber am entscheidenden Punkt an: Antriebe, die ohne Permanentmagnete auskommen gibt es bereits, wenn es aber um Leistung und Effizienz geht, sind Neodym und Praseodym das Mittel der Wahl. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Motoren mit diesen Materialien auch in den nächsten Jahren führend sein werden, wie eine Prognose des Informationsdienste IHS Markit zeigt.
Auch die E-Autos selbst kommen bald aus China
In China kann man im Hinblick auf Seltene Erden hingegen aus dem Vollen schöpfen. Es verwundert daher kaum, dass auf Chinas Straßen beinahe die Hälfte aller weltweit registrierten Elektroautos unterwegs ist, wie das Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) im Frühjahr mitteilte. Zum Erfolg der Elektromobilität in China beigetragen hat neben den Rohstoffvorkommen und Kaufprämien ironischerweise der US-amerikanische Autobauer General Motors. Chinas beliebtestes Elektroauto Hongguang Mini entstand im Rahmen einer Kooperation mit den chinesischen Unternehmen Saic und Wuling. Der Kleinwagen ist nach Teslas Model 3 das am häufigsten verkaufte E-Auto der Welt. Er wird allerdings ausschließlich in China angeboten. Die Zahl der aus China exportieren E-Autos steigt aber stark an, wie die chinesische Zeitschrift Global Times schreibt. Einen großen Anteil daran hat Teslas Gigafabrik in Shanghai. Bei seinem Erfolgsmodell Modell setzt der Hersteller ebenfalls auf Neodym.
Noch mehr Druck
Für zusätzliche Dynamik in der Nachfrage nach E-Autos dürfte die Ankündigungen der Europäischen Kommission zur Reduzierung klimaschädlicher Emissionen sorgen. Schon ab 2035 sollen keine neuen Autos mit Verbrenner mehr neu zugelassen und der Umstieg auf lokal emissionsfreie Fahrzeuge forciert werden. Die Produktion von E-Autos muss sich dazu natürlich entsprechend erhöhen. Schon vor Bekanntwerden der Pläne hat die englische Zeitung The Guardian Schätzungen zitiert, wonach die Verwendung in E-Autos in den nächsten zehn Jahren bis zu 40 Prozent der gesamten Nachfrage nach Neodym und Praseodym ausmachen wird.
Am Reich der Mitte und seinen Rohstoffen führt auf absehbare Zeit also kein Weg vorbei. Dabei sind die andere Seltenen Erden und Technologiemetalle, die für andere Zukunftstechnologie gebraucht werden, noch gar nicht eingerechnet.
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