Magnetokalorischer Effekt und Seltene Erden ermöglichen energieeffizientes Kühlen.
Meteorologen erwarten heute den heißtesten Tag der aktuellen Hitzeperiode. Bei Temperaturen nur knapp unter der 40-Grad-Marke kann ein eiskaltes Getränk aus dem Kühlschrank für Linderung sorgen. Die Grundlagen der heute üblichen Kompressionskältemaschine wurde bereits Anfang des 19. Jahrhunderts gelegt. Stetig verbessert, kommen dabei aber auch heute in handelsüblichen Kühlschränken Kältemittel zum Einsatz, die zum Treibhauseffekt beitragen, wie etwa Isobutan. Das deutsche Start-up Magnotherm will dies ändern und die Kühltechnik neu erfinden. Magnotherm setzt dabei auf die sogenannte magnetokalorische Kühlung: Magnetische Materialien erwärmen sich, wenn sie auf ein Magnetfeld treffen. Die dabei entstehende Wärme wird dann abgeleitet, bis das Material wieder die Ausgangstemperatur annimmt. Wird nun das Magnetfeld entfernt, kühlt das Material schlagartig unter diese Ausgangstemperatur ab und kann dann den zu kühlenden Gegenständen Wärme entziehen. Durch wiederholtes Anlegen und Entfernen des Magnetfeldes kann also ein Kühlkreislauf geschaffen werden.
LaFeSi ist das Material der Wahl
Als magnetisches Material biete sich laut Magnotherm unter anderem das Seltenerdelement Gadolinium an, aber auch eine besondere Legierung: LaFeSi. Das Akronym steht für das Seltenerdmetall Lanthan, Eisen und Silizium. Diese Materialmischung sei kostengünstig, energieeffizient und leistungsstark, so die Forscher und Forscherinnen des 2019 als Ausgründung der TU Darmstadt entstandenen Start-ups. Neben dem Verzicht auf umweltschädliche Stoffe sei der Energieverbrauch um bis zu 40 Prozent niedriger als bei der Kompressionskühlung.
Bis Jahresende will Magnotherm zehn Prototypen herstellen, die zum Kühlen von Getränken geeignet sind. Eine erste Kleinserienproduktion könnte 2023 erfolgen. Anschließend sollen auf Basis dieses Gerätes andere Systeme entwickelt werden, so etwa für den Lebensmitteleinzelhandel, aber auch Klimaanlagen für Gebäude. Potential wird zudem in der Verflüssigung von Wasserstoff für dessen besseren Transport gesehen, wie Timur Sirman, Co-Founder und Managing Director, im Interview mit dem Start-up Magazin Frankfurt Forward erläutert.
Magnotherm Prototyp MS300 (Photo: MagnoTherm Solutions GmbH)
Einsparmöglichkeiten in vielen Bereichen
Wie dringend die Entwicklung neuer Ansätze in der Kühltechnologie ist, zeigen die Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA): so habe sich der Energieverbrauch für die Raumkühlung seit 1990 mehr als verdreifacht. Fast 16 Prozent des Endstromverbrauchs im Gebäudesektor entfielen 2020 auf diese Anwendung. Noch höher ist der Stromverbrauch für die Warenkühlung im Einzelhandel: Fast 50 Prozent des Stroms würden hierfür eingesetzt und immerhin noch zwölf Prozent für die Klimatisierung, so das EHI Retail Institut. Auch ein Blick in die Zukunft dürfte Magnotherm und andere innovative Unternehmen der Branche in ihrem Handeln bestätigen, denn bis 2060 werde zum Kühlen mehr Energie eingesetzt als zum Heizen, so eine Prognose.
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