Neodymmagneten kennt man unter anderem aus Windrädern, E-Autos oder Kopfhörern, doch auch in der Medizin gibt es Anwendungsbereiche.
Etwa 200-250 Kinder pro Jahr kommen in Deutschland mit einer Fehlbildung der Speiseröhre auf die Welt. Statt eines durchgängigen Hohlorgans, das Mund und Magen verbindet, entstehen bei einer Ösophagusatresie bereits im frühen Stadium der Embryonalentwicklung zwei sogenannte Blindsäcke. Speichel und Nahrung können nicht in den Magen gelangen. Neugeborene mit dieser Fehlbildung müssen künstlich ernährt und möglichst rasch operiert werden. Dabei werden die Blindsäcke eröffnet und zusammengenäht. Sind die Blindsäcke mehr als fünf Zentimeter voneinander entfernt, gestaltet sich der ohnehin komplexe Eingriff zusätzlich. Die beiden Enden müssen unter Spannung zusammengebracht und in einer weiteren Operation verbunden werden. Neben der Belastung durch den zusätzlichen Eingriff können sich außerdem Narben und Engstellen in der Speiseröhre bilden, was erneute Operationen erforderlich machen kann.
Forschende des Dr. von Haunerschen Kinderspitals am LMU Klinikum um Professor Dr. Oliver Muensterer und die Forschergruppe von Prof. Michael Harrison an der University of California in San Francisco arbeiten daher an einem schonenderen und einfacheren Verfahren zur Behandlung der kleinen Patienten. In minimal-invasiver Schlüsseltechnik werden die Blindsäcke zusammengebracht und vernäht. Sie werden im Unterschied zum herkömmlichen Verfahren jedoch nicht geöffnet. Durch das Vernähen nimmt die Spannung über die folgenden Wochen ab. Mittels eines endoskopischen Eingriffs bringen die Ärzte zudem in beide Blindsäcke Magneten mit einem Durchmesser von acht Millimetern ein. Sie bestehen aus Neodym, das mit einer Goldschicht überzogen und zusätzlich von einer Kunststoffkapsel umgeben ist. Die Magneten weisen eine gekrümmte Form auf, dadurch drücken sie das zwischen ihnen liegende Gewebe zusammen und lösen es in ein bis zwei Wochen auf. In der Folge entsteht die gewünschte durchgängige Verbindung der beiden Blindsäcke, während das umliegende Gewebe in Ruhe und ohne Engstellen oder Narbenbildung weiterwachsen kann, wie Prof. Muensterer erläutert. Sobald die Verbindung vorhanden ist, scheidet der Körper die Magneten aus, es ist keine weitere Operation zur Entfernung notwendig.
Das Verfahren kam bisher bei vier Neugeborenen zum Einsatz. Für die kommerzielle Herstellung der Magneten wird nun ein Unternehmen gesucht. Da die Fehlbildung relativ selten sei, lohne sich die Kommerzialisierung für Medizinproduktefirmen nicht, so Prof. Muensterer. Mittlerweile sei man aber mit einer Firma in Kontakt, wie der Mediziner gegenüber der Bild München sagte. Vielen Babys könnten also künftig komplizierte Eingriffe erspart bleiben.
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