Messerückblick E-Waste World Conference & Expo 2023

von | 29. Jun 2023 - 15:37 | Technologien

Mainmetropole wurde für zwei Tage Zentrum der Recyclingbranche

Vom 28. bis zum 29. Juni fand im Forum der Messe Frankfurt die E-Waste World Conference & Expo statt. Wie es sich für eine Veranstaltung, die sich allen Facetten der Ressourcenschonung widmet, gehört, verzichtete der Messeveranstalter von Trans-Global Events auf die Ausgabe der sonst üblichen Plastikhüllen für die Namensschilder. Am Ausgang konnten dann die nicht mehr benötigten Halsbänder und Tickets dem Recycling zugeführt werden. Konsequent.

Recycling zu Ende gedacht

Interessierte Hörer hatten bereits am ersten Tag die Qual der Wahl unter gut 50 Vorträgen, die in vier parallelen Blöcken stattfanden. Die Auswahl der Rohstoff.net-Redaktion fiel auf die Strecke Metal & Critical Material Recycling. Den Anfang machte Dr. Britta Bookhagen, Arbeitsbereichsleiterin „Recyclingrohstoffe“ bei der Deutschen Rohstoffagentur (DERA), einem Dienstbereich der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, gegründet im Jahre 2010. Bookhagen lieferte einen umfassenden Überblick über den Stand des Metallrecyclings in Deutschland, brachte dem Publikum aber auch die Arbeit ihrer Behörde näher.

Auf unsere Nachfrage, ob die DERA als Kompetenzzentrum für Rohstoffe angesichts der immer lauter werdenden Diskussionen über die deutsche Abhängigkeit von Importen mit lediglich 25 Mitarbeitern nicht hoffnungslos unterbesetzt sei, verwies Bookhagen darauf, dass erst mit der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine die Anfälligkeit der Lieferketten in den Fokus geraten seien. Zuvor sei der Bedarf an zusätzlichen Informationsdiensten und Personal aufgrund des problemlos funktionierenden Markts für kritische Mineralien nicht vorhanden gewesen. Dabei ist die Konzentration der Minenproduktion auf nur wenige Länder keine neue Erkenntnis. Nur 15 Länder stünden für 80 Prozent der Förderung, China sogar für 50 Prozent der Weiterverarbeitung, so Bookhagen. Deutschland decke seinen Bedarf an Metallerzen und -konzentraten ausschließlich durch den Import. Höchste Zeit also, um die Versorgung auf mehrere Säulen zu stellen: die eigene Förderung und natürlich das Recycling. Hier zeige sich, dass es bei den kritischen Rohstoffen wie Seltenen Erden, Gallium, Germanium oder Graphit noch viel Luft nach oben gibt, denn die Recyclingrate liege bei unter einem Prozent. Für Lithium, Mangan oder Kobalt seien nicht einmal Daten vorhanden. Zudem komme aus den Hauptanwendungsgebieten vieler dieser Ressourcen, der E-Mobilität, Solar- und Windenergie, noch kein Rücklauf, dies könnte künftig ein bedeutender Faktor werden.

Vom Verbrauchen zum Nutzen

Bookhagen wies in ihrem Vortrag auch darauf hin, dass eine Änderung des Bewusstseins in der Bevölkerung notwendig sei: Weg vom Konsumenten, der Rohstoffe erschöpft, hin zum Anwender, der sich der Ressourcen bewusst ist, die er etwa in Form von Mobiltelefonen mit sich herumträgt und sie eben nicht „verbraucht“. Der Materialwert sei mit etwas über einem Euro nicht sehr hoch, doch die Masse macht’s: Laut einer Bitkom-Schätzung liegen hierzulande etwa 200 Millionen Handys ungenutzt in Schubladen. In der folgenden Paneldiskussion zeichnete sich ab, dass Deutschland mehr tun muss, um die drückende Abhängigkeit von China und anderen Ländern abzumildern. Director Government Affairs beim Rohstoffunternehmen Umicore, Dr. Sven Jantzen, nötigte die chinesische Rohstoffstrategie und -dominanz durchaus Respekt ab – das Land habe schon vor Jahrzehnten die Bedeutung kritischer Ressourcen und vor allem des Einflusses über sie erkannt und entsprechend gehandelt. Gleichzeitig warnte Jantzen vor Resignation, denn es gebe Optionen. Der Inflation Reduction Act sei ein Beispiel für einen praxisgerechten Lösungsansatz. Auch in anderen Vorträgen und Diskussionen war das US-Gesetz immer wieder Thema. Jantzen wies darüber hinaus darauf hin, dass Rohstoffe, etwa aus ausrangierten Elektrogeräten, ihren Weg in den Wertstoffkreislauf finden müssten, dafür sei eine Verhaltensänderung der Menschen notwendig. „Time to get started“, ein Apell zum Loslegen, da kann man nur beipflichten.

Zwischen den Vorträgen luden Paneldiskussionen zum Austausch ein

Die weiteren Vorträge und Diskussionsrunden zeigten vor allem, wie komplex die Lieferketten für kritische Mineralien sind. So wies etwa Rhona O‘Connell vom Finanzdienstleister StoneX auf die aktuellen Unwägbarkeiten auf dem Markt für Platingruppenmetalle hin. Angesichts der Probleme bei der Stromversorgung in Südafrika, einem der wichtigsten Förderländer, könnte hier Ungemach drohen. Dies dürfte zunächst vor allem die energieaufwändigen Schmelzvorgänge betreffen.

Wie gut besucht die Veranstaltung und wie groß der Wunsch nach Vernetzung in der Branche ist, zeigte sich spätestens in der Mittagspause. Visitenkarten gingen mit hoher Frequenz von einer in die andere Hand, man darf gespannt sein, welche Ergebnisse dies zeitigt.

Auch der zweite Messetag brachte frische Impulse und interessante Einblicke, so etwa speziell zum Recycling von Neodym und anderen Vertretern der Seltenen Erden, aber auch den Platingruppenmetallen. Thematisiert wurde außerdem der nachhaltig erzeugte „grüne“ Stahl, wie ihn etwa der LKW-Hersteller Volvo für seine elektrischen Lastwagen bereits nutzt. Spannend waren auch die Einschätzungen zur Versorgungslage mit Batteriemetallen in der EU. So wird nach Berechnung des Informationsdienstes Project Blue der Bedarf an Kathodenmaterial (Kobalt, Nickel, Lithium und Co.) in der EU zwischen 2022 und 2033 um 736 Prozent steigen. Allein durch die heimische Produktion sei dies nicht zu stemmen.

Hier kam man schnell ins Gespräch

Frankfurt bleibt auch 2024 Austragungsort der Fachmesse

Praktische Lösungen waren auf der Ausstellungsfläche zu sehen, die schon kurz vor dem offiziellen Messebeginn gut besucht war. Ganz klar: Das Interesse am Thema ist groß und international. Laut Ausstellungsmacher Peter Sarno waren bereits am ersten Tag 1.400 Besucher vor Ort, insgesamt dürften sich etwa 2.000 ein Bild der neuesten Marktentwicklungen gemacht haben. Auch 2024 wird die Messe wieder in Frankfurt am Main stattfinden, ein Standort, der international bekannt sei und unter anderem mit der Nähe zu Finanzinstitutionen punkte, so Sarno. Termin ist der 26. bis 27. Juni 2024.

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Photos: Eric Hendrich/ Rohstoff.net

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