Inflation bleibt der Schlüsselfaktor

von | 19. Apr 2022 - 09:19 | Kutzers Corner

Trotz Inflation: Die Deutschen bleiben dem Sparbuch treu. Schon dieser Satz sagt fast alles aus. Denn zwar wächst das Interesse an sinnvollem Sparen und Anlegen hierzulande, ein Ende des tatsächlichen „Falschsparens“ (ein von mir geschaffener Begriff) ist jedoch nicht in Sicht. Was kann man tun? Entweder enttäuscht hinnehmen, dass die Anlagekultur in Deutschland abgesehen von positiven Ansätzen (insbesondere durch jüngere Menschen) unterentwickelt bleibt, oder zu versuchen, über neue Aufklärungsinitiativen größere Bildungsfortschritte zu erzielen.

Was das Verhalten der meisten Bundesbürger betrifft, bin ich eher skeptisch. Die haben jahrelang – ähnlich wie Politiker und zahlreiche Vertreter der Wissenschaft – ein Ende der Nullzins-Ära durch die Europäische Zentralbank gefordert. Mit gutem Grund. Die monetäre Wende steht nun bevor – auf jeden Fall kommt sie noch im laufenden Jahr, wie die EZB nach ihrer Sitzung vergangene Woche zu erkennen gab. Doch war dies nur eine Bestätigung früherer Andeutungen. Und mit Blick auf voraussichtlich schrittweise Anhebungen der Leitzinsen sollte man keine durchschlagenen Änderungen des privaten Geldmanagements erwarten.

Inflation verhindert attraktive Realzinsen

Dreh- und Angelpunkt war, ist und bleibt auf absehbare Zeit die Inflation. Sie wurde lange falsch eingeschätzt (= unterschätzt) und lässt das verfügbare Einkommen vieler Haushalte mittlerweile empfindlich schrumpfen. Wie nie zuvor in der jüngeren Geschichte wird der Zusammenhang zwischen Teuerung und Kaufkraftschwund den Bürgern deutlich – es gibt sogar schon Verarmungstendenzen. Worauf es ankommt, sind die Realzinsen, also Nominalzinsen abzüglich der Inflation. Das wird langsam jedem klar. Nur, wie geht es weiter? Es ist keine Spekulation anzunehmen, dass die kommenden Zinsschritte nach oben deutlich hinter den Teuerungsraten zurückbleiben werden. Und das ist fatal, denn somit wird sich auch durch die Zinswende für die Privathaushalte kaum etwas ändern.

Ergebnisse einer neuen Umfrage

Und das ist der Status quo, basierend auf einer neuen Umfrage im Auftrag des Bundesverbands deutscher Banken. Zusammengefasst: Die allermeisten Bundesbürger legen ihr Geld weiterhin klassisch als Tages- oder Festgeld (38 Prozent) oder auf dem Sparbuch (45 Prozent) an. Der Anteil der Deutschen, der Aktien besitzt, bleibt gegenüber dem Vorjahr unverändert. Doch auch wenn sich am Anlageverhalten nicht viel geändert hat: Das generelle Interesse an Finanzen und Geldanlagen wächst. Immerhin. Das Interesse der Deutschen am Thema „Sparen, Vorsorgen und Investieren“ nimmt weiter zu. Sieben von zehn Befragten (71 Prozent) finden das Thema grundsätzlich interessant. 2019 waren es erst 59 Prozent. Immerhin ein Drittel (33 Prozent) der Bundesbürger besitzt inzwischen auch Aktien, ETFs oder andere Wertpapiere.

Mehr Informationen über nachhaltige Geldanlagen nötig

Der Bekanntheitsgrad von nachhaltigen Geldanlagen wächst. Mittlerweile hat die Hälfte der Befragten schon einmal den Begriff „nachhaltige Geldanlage“ gehört. Vor zwei Jahren war es erst ein Drittel (32 Prozent). Allerdings wissen viele nicht, was sich hinter dem Begriff verbirgt. Nur davon gehört zu haben, heißt noch nicht, zu wissen, was „nachhaltige Geldanlage“ bedeutet: Rund ein Drittel derer, die den Begriff kennen, weiß nicht was sich dahinter verbirgt. Damit ist klar: Mehr Information und Aufklärung rund um das Thema „nachhaltig Anlegen“ ist notwendig. Wer den Begriff kennt, verbindet damit meistens (24 Prozent) Klimaschutz – etwa Investitionen in umweltfreundliche Produkte oder auch in erneuerbare Energien. Nachhaltig produzierende Unternehmen werden von 9 Prozent und ethische, sozial ausgerichtete Projekte von 6 Prozent der Befragten mit nachhaltigen Geldanlagen verbunden.

Je mehr Einkommen die Anlegerinnen und Anleger zur Verfügung haben, umso mehr setzen sie auf „grüne Geldanlagen“. Mittlerweile investieren über 6 Millionen Deutsche in nachhaltige Geldanlagen. Damit hat sich ihre Zahl seit 2019 mehr als verdoppelt. Nichtsdestotrotz ist hier noch deutlich Luft nach oben – schließlich verfügen insgesamt erst 11 Prozent der Deutschen über derartige Anlagen. Je höher das Einkommen ist, umso mehr setzen die Deutschen auf nachhaltiges Investieren. Von den Personen, deren monatliches Haushaltsnettoeinkommen 3.500 Euro übersteigt, gibt inzwischen jeder Vierte an, „grün“ zu anzulegen.

Der Bankenverband bestätigt meine These: Vor allem Wissenslücken und fehlende Informationen halten viele Anlegerinnen und Anleger von nachhaltigen Geldanlagen ab. Noch, denn die Bereitschaft ist hoch, künftig nachhaltig zu investieren. Fast die Hälfte (42 Prozent) derjenigen, die nachhaltige Geldanlagen kennen, aber bislang nicht nutzen, geben als Grund an, dass sie zum Thema zu wenig wissen. Nahezu zwei Drittel (61 Prozent) derselben Gruppe können sich gut vorstellen, künftig in diese Anlageklasse zu investieren.

Auch Liquidität bei hoher Inflation berücksichtigen

Anlagekultur und nachhaltiges Investieren können nach meiner Einschätzung gemeinsam betrachtet werden. Leider leben wir in einer Zeit, in der komplexe Krisen und Katastrophen zusammentreffen. Die Globalisierung trägt dazu bei, dass Geopolitik und Weltwirtschaft von einer Pandemie und einem militärischen Konflikt wie dem Ukraine-Krieg betroffen sind. Zu Recht werden Bürger die Frage stellen, wie wichtig geldstrategische Änderungen vor diesem Hintergrund sind – also noch mehr Abkehr von klassischen Zinsanlagen und eine stärkere Hinwendung zu Sachwerten wie Aktien, Immobilien und Rohstoffen (einschließlich Gold). Die individuelle Antwort muss anhand der eigenen Voraussetzungen und Ziele gegeben werden, denn auch die für die Lebenshaltung notwendige Liquidität wird eine zunehmende Rolle spielen – Schuld ist die Inflation, wenn diese sich nicht rasch normalisiert.

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