Der Sturm gewinnt Spiele, die Abwehr Meisterschaft – Fußballfans kennen diese alte Weisheit. Langfristig kommt es also auf die Defensive an. Das kann man auch auf die Kapitalanlage übertragen, etwa so: Aktien sorgen für überdurchschnittlich hohe Renditen, Gold fungiert als Sicherheitsspeicher im Portfolio. Auch wenn der Preis für das Edelmetall derzeit nur wenig Glanz ausstrahlt, spricht das extrem unsichere Umfeld der Finanzmärkte für Sachwerte als ein Kern längerfristiger Investments – insbesondere für Rohstoffe des Energiesektors und die Industriemetalle.
Nicht nur die gewerblichen Verarbeiter von Rohstoffen, sondern auch die Investoren stellen sich überfall viele Fragen: Warum ist Gold in Anbetracht der aktuellen Teuerungsrate von 7,3 Prozent (Deutschland) noch nicht durch die Decke gegangen? Wie schnell geht es, bis die Inflation den zweistelligen Bereich erreicht? Und wann und wie reagieren die Notenbanken? Zwar hat die Fed gerade erst bekräftigt, dass sie die geldpolitischen Zügel schneller und stärker straffen will. Doch was sind einzelne Zinsschritte wert, wenn Sparer schon bald rund 10 Prozent ihres Vermögens pro Jahr verlieren (Stichwort Realzinsen)? Derzeit steht Gold mal wieder im Schatten der Aktien als Renditebringer – eine Folge der zunehmend kurzfristigen Orientierung vieler Investoren. Die Mehrheit der Strategen geht jedoch davon aus, dass Gold wieder stärker als Anlagealternative in den Vordergrund rücken wird. Gold und Silber könnten kurz vor einem Wendepunkt stehen.
Goldpreis vor einem Wendepunkt
Die Vordenker von Jupiter Asset Management weisen darauf hin, dass sich der Preis seit 1971 inflationsbereinigt viermal in der Nähe seines aktuellen Niveaus (in US-Dollar) befunden hat. Zuletzt lag der nominale Preis vor zwei Jahren bei fast 2.100 Dollar je Unze, und jetzt liegen wir etwas unter 2.000 Dollar. Jupiter vertritt die Meinung, dass der Goldpreis vor einem Wendepunkt steht und es wahrscheinlich eine Trendänderung geben wird, die an Dynamik gewinnen sollte. Warum gerade jetzt? Weil sich der Goldpreis in die entgegengesetzte Richtung zu den realen Zinssätzen bewegt, also dem Zinssatz, den eine Anleihe nach Abzug der Inflation zahlt. Die Realzinsen sind derzeit negativ, weil die Inflation hoch und die Zinsen niedrig sind. Das bedeutet, dass den meisten Inhabern von US-Staatsanleihen ein negativer Realzins gezahlt wird.
Die Menschen sind an Gold interessiert, weil sie sich Sorgen um ihre zukünftige Kaufkraft machen. Im Moment denkt der Markt immer noch darüber nach, ob die US-Notenbank in der Lage sein wird, die Zinssätze in diesem Jahr sieben Mal anzuheben, und ob die Inflation wesentlich schwächer ausfallen wird oder nicht. Experten betrachten Gold als „risikofreies“ Geld. Das tun die Zentralbanken auch. Deshalb halten sie in der Regel große Goldreserven. Sie wissen, was riskant ist und was nicht. Eine These lautet: Gold wird die zukünftige Kaufkraft jeder einzelnen von einer Regierung ausgegebenen Währung messen. Deshalb verlieren die Währungen alle unterschiedlich schnell an Wert im Vergleich zu Gold. Die Nachfrage nach physischem Gold steigt, und das schon seit langem und kontinuierlich, weil Privatpersonen physisches Gold als Absicherung besitzen wollen und die Zentralbanken mehr kaufen.
Mit Silber noch größere Gewinnchancen?
Der Markt für Silber ist nur ein Zehntel so groß wie der für Gold, aber der Silberpreis korreliert stark mit dem Goldpreis. Wenn Gold ausbricht, wird die Beteiligung am Markt erheblich zunehmen, und auch Silber wird sich besser entwickeln als der Goldpreis. Dies ist unseres Erachtens sehr dramatisch. Im Falle von Gold steht das gesamte geförderte Metall dem Markt zur Verfügung. Dies ist bei Silber jedoch nicht der Fall, da es von der Industrie und in kleinen Mengen von den Anlegern verbraucht wird. Der Silbermarkt ist tendenziell volatiler als der Goldmarkt, aber im Großen und Ganzen folgt er der Entwicklung des Goldes. Fazit von Jupiter von Jupiter Asset Management: Unseres Erachtens gibt es ein starkes Argument für Anleger, Gold- und Silberbarren zu besitzen. Minenaktien bieten theoretisch mehr Chancen, bergen aber auch ein höheres Abwärtsrisiko. Wenn es jedoch eine breitere Beteiligung am physischen Goldmarkt gibt, werden auch die Aktienbewertungen der Minengesellschaften davon profitieren.
Run auf goldbesicherte ETFs
Wie stark das Anlegerinteresse an physischem Gold geworden ist, spiegeln nicht zuletzt die Zahlen börslicher Instrumente wider: Globale goldbesicherte ETFs verzeichneten im März Nettozuflüsse in Höhe von 11,8 Milliarden Dollar. Die Zuwächse in allen Regionen führten weltweit zu den höchsten monatlichen Zuflüssen seit 2016, so die jüngsten Daten, die soeben vom World Gold Council veröffentlicht wurden. Ebenso führte die Investitionstätigkeit im März zu den höchsten Zuflüssen in einem Quartal seit dem dritten Vierteljahr 2020. Nach den ersten drei Monaten des Jahres 2022 haben die Gesamtzuflüsse in Höhe von 16,6 Milliarden Dollar die Mittelabflüsse des Jahres 2021 in Höhe von 9,1 Milliarden Dollar übertroffen. Die aktuellen Bestände sind nur noch 1,8 % von dem Allzeithoch entfernt, das im Oktober 2020 verzeichnet wurde.
Wer als Investor bereits einen relativ hohen Anteil von Edelmetallen in seinem Portfolio aufgebaut hat, sollte sich auch für andere – besonders Industrielle – Rohstoffe interessieren. Sie stellen keine homogene Anlageklasse da, sind aber wegen der globalen Verknappungserscheinungen und der Handelsprobleme (Lieferketten brechen) auch für kurz- bis mittelfristige Investments attraktiv.