Einstufung als Giftstoff könnte im kommenden Jahr erfolgen.
Europäische Hersteller von Elektrofahrzeugen sind bei der Beschaffung vieler Komponenten auf Importe aus China angewiesen. So etwa bei den Permanentmagneten, die für den Traktionsmotor benötigt werden. Etwa 98 Prozent dieser aus Seltenen Erden bestehenden Bauteile stammen aus der Volksrepublik. Europäische E-Autohersteller haben also einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber ihren Mitbewerbern wie BYD, Geely, Great Wall und Co.
Im neuen Jahr könnte ein weiterer Malus hinzukommen, dann wird die Europäische Kommission wohl den Batterierohstoff Lithium als Giftstoff einstufen. Lithiumcarbonat, -chlorid und -hydroxid würden dann als gesundheitsschädlich gelten, was zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen erforderlich mache, schreibt das Wall Street Journal (Paywall). Extrakosten in Millionenhöhe kämen auf Lithium-Raffinerien und Batteriehersteller und vermutlich letztlich auf die Endkunden zu.
Die erste Ankündigung des EU-Vorhabens hatte im Sommer zu Verunsicherung in der Branche geführt. Mehrere Lobbyorganisationen wandten sich in der Folge mit einem offenen Brief an die Politik. Sie sehen die Ziele zum Ausbau der Elektromobilität in Gefahr. Fraglich ist außerdem, ob die Einstufung nicht den Zielen zum Aufbau eigener Lieferketten für kritische Rohstoffe entgegensteht, wenn Batteriehersteller aus Kostengründen Europa verlassen und sich etwa in den USA ansiedeln.
Die USA als großer Gewinner?
In den Staaten herrschen aus Branchensicht derzeit ideale Ausgangsbedingungen durch den in diesem Jahr verabschiedeten Inflation Reduction Act. Das Gesetz sieht umfangreiche Subventionen in die E-Mobilität vor. Die Förderung erfolgt aber nur für Fahrzeuge und Komponenten, die überwiegend in den USA hergestellt werden, ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für europäische Hersteller, für die das Land ein wichtiger Exportmarkt ist.
Die staatliche Förderung hat beim schwedischen Batteriekonzern Northvolt bereits zu einem Umdenken geführt. Laut CEO Peter Carlsson könnte sich der geplante Bau der Batteriefabrik im schleswig-holsteinischen Heide verzögern, da die Expansion in Nordamerika möglicherweise zur Priorität werde, schrieb im Oktober die Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Paywall). Carlsson verwies im Interview mit der Zeitung zudem auf erste Anzeichen, dass asiatische Batteriezellenhersteller ihre Investitionen von Europa nach Nordamerika umleiten, der finanziellen Anreize wegen. Eine endgültige Entscheidung der EU-Kommission war ursprünglich für das laufende Quartal erwartet worden, laut Wall Street Journal ist diese nun aber vertagt worden. Die bis dahin herrschende Unsicherheiten und die Aussicht auf Zusatzkosten dürften die Attraktivität des Standorts Europa in jedem Falle nicht vergrößern.
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