Die Eskalation gefährdet alles

von | 21. Feb 2022 - 08:26 | Kutzers Corner

Vor einer Woche noch vorsichtige Zuversicht. Doch ist die inzwischen verflogen. Denn die Eskalation des Ost-West-Konflikts macht einen Krieg in Europa möglich. Täglich zunehmend wird ein militärischer Konflikt sowohl auf den politischen Ebenen als auch in den Medien diskutiert. Neu ist das Stimmungsbild nach meinen Beobachtungen insofern, als die zuvor beschriebenen Hoffnungen fraglich geworden sind: Ein Krieg würde alle Rahmenbedingungen – auch für Kapitalanleger und Börsen – schlagartig verändern. Selbst Inflation, Geldpolitik der Notenbanken und die Corona-Bekämpfung würden überschattet, erst recht Konjunktur und Finanzmärkte. Nein, ich glaube (noch) nicht an einen Krieg als Folge russischer Invasion in der Ukraine. Aber allein die Gefahr macht (nicht nur) mir Angst.    

Ökonomen und Analysten haben es naturgemäß besonders schwer, aus der gefährlichen Situation konkrete Perspektiven und Prognosen abzuleiten. Die jüngsten Betrachtungen des Börsenumfelds sind von den meisten Profis deshalb betont zurückhaltend formuliert. Einige typische Aussagen der Strategen verdeutlichen, dass die Anleger jetzt keine konkreten Verhaltensempfehlungen erwarten dürfen.

Risikoanlagen sind besonders gefährdet

Stürmische Zeiten – nicht nur beim Wetter. Sollte es tatsächlich zu einer militärischen Intervention kommen, würden Risiko-Assets wahrscheinlich noch einmal deutlich unter Druck geraten, die sicheren Häfen sowie die Energierohstoffe wären gefragt. Neben der Geopolitik stehen die Inflation bzw. die Antwort der Notenbanken im Fokus. An den Märkten wird spekuliert, ob die US-Notenbank im März den Zinserhöhungszyklus mit einem kleinen oder großen Schritt beginnen wird. Unabhängig davon wird sich das Umfeld am Wohnimmobilienmarkt eintrüben. Zumindest fürs Nächste dürfte die Geopolitik die Geldpolitik von der Agenda verdrängt haben.

Der Geopolitical Risk Index, welcher zehn führende Zeitungen der USA nach Meldungen zu geopolitischen Verspannungen durchsucht, zeigt mit Bezug auf die größeren Industrieländer fortgesetzte Entspannung an. Leider hat sich der Russland-Ukraine-Konflikt davon entkoppelt. Der prozentuale Anteil aller Zeitungsartikel, welche sich auf die Ukraine beziehen, liegt nun beim Hochstand zu Zeiten der Annektion der Krim durch Russland.

Inflationserwartungen haben sich verschoben

Die Inflation bleibt derweil auf der Agenda. Die Hoffnungen auf einen deutlichen Rückgang zu Beginn dieses Jahres aufgrund von Basiseffekten (und im Falle Deutschlands auch des Effekts der temporären Mehrwertsteueraussetzung) haben sich zerstreut und verschieben sich in Richtung Sommer. Die Erwartungen der Marktauguren scheinen sich derweil von den aktuellen Daten entkoppelt zu haben. Zwar haben die Prognosen des Surveys of Professional Forecasters für die Eurozone leicht nach oben gedreht, aber eben nur leicht. Bisher. Auf Sicht von fünf Jahren werden kaum mehr als 2 % erwartet. Ein Signal, das auch von den Marktdaten der Inflationsswaps ausgeht. Auf Sicht von zehn Jahren weisen die Inflationsswaps ebenfalls eine Erwartung von 2 % Inflation aus. Für die USA liegen diese etwas unter 3 % und haben sich zuletzt sogar etwas zurückentwickelt. Die entspannten Inflationserwartungen spiegeln ein großes Vertrauen in die Zentralbanken wider, die Preisentwicklung zähmen zu können.

Als „äußerst erfreulich“ werten Analysten, dass die schon länger erkennbare Entkopplung von hohen Corona-Infektionen und Todesfallzahlen jetzt immer stärker von weltweit sinkenden Fallzahlen begleitet wird. Nach vorne blickend zeichnen sich Erleichterungen ab, welche auch einer lustloser werdenden Konjunktur Schwung verleihen sollten. Das klingt mir angesichts der politischen Eskalation als zu optimistisch. Außerdem drohen schon wieder neue Virus-Varianten. Also Vorsicht!

Neue Konjunkturindikatoren stehen vor der Tür

In der neuen Woche dürften neue Indikatoren zur Wirtschaftslage Beachtung verdienen, deren Börsenecho aber angesichts des zentralen Themas Geopolitik völlig offen ist. Am Montag gibt es die Einkaufsmanagerindizes für Euroland. Die Konjunkturdynamik hat sich in Euroland im vierten Quartal 2021 deutlich verlangsamt. Für eine spürbare Belebung erscheint die Liste mit Belastungsfaktoren viel zu lang. Am Dienstag folgt der monatliche Ifo-Geschäftsklimaindex, der als das wichtigste Stimmungsbarometer für die deutsche Wirtschaft gilt. Und am Freitag kommen aus den USA Daten zu den Einnahmen und Ausgaben der privaten US-Haushalte, die für die Interpretation des Spar- und Konsumverhaltens von Bedeutung sind.

Gold als Krisenmetall weiter zu empfehlen

Dass Gold als „Krisenmetall“ in diesen Tagen nicht von allen Seiten massiv zum Kauf empfohlen wird, hängt nicht zuletzt dem kurzfristigen Agieren vieler Großanleger zusammen. Gewinne werden (wie bei Aktien) rasch realisiert, wie man in dem vergangenen Preisanstieg über die Marke 1.900 Dollar beobachten konnte. Außerdem kommen bei intensivem Sicherheitsdenken die Staatsanleihen wieder ins Spiel, vor allem wenn deren Renditen tendenziell steigen. Privatanleger sollten aber nicht vergessen, dass der Rentenmarkt noch lange keine attraktiven Realzinsen liefern wird – dafür sind die Inflationsraten viel zu hoch. Schließlich bin ich als alter Goldfan uneingeschränkt der Ansicht, dass man das edle Metall nicht unter Performanceaspekten sehen sollte, sondern als Wertspeicher und Versicherungselement im Portfolio. Deshalb: Gold = Geld. Ob unter oder über der Marke 1.900 Dollar je Feinunze  – ich empfehle nach wie vor den Kauf von (vor allem) physischen Gold.

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