Das Bangen und Hoffen geht weiter

von | 13. Dez 2021 - 08:33 | Kutzers Corner

Nichts ist sicher, nichts klar. Große Überraschungen sind auch bis zu den Feiertagen nicht zu erwarten. Nach einem zweijährigen spektakulären Verlauf ist kein Ende der allgemeinen Ungewissheit abzusehen. Ähnlich wie die Pandemie sind auch die anderen Sorgen global verbreitet und betreffen alle Ebenen der Gesellschaft – nicht nur Wirtschaft und Börse. Deshalb ist es keine Übertreibung, von Krisenerscheinungen mit „historischem“ Charakter zu sprechen.

Corona, Konjunktur, Inflation, Geldpolitik – dieses Viereck wird weiter von Bangen und Hoffen bestimmt. Und die Interdependenzen erlauben keine sicheren Ausblicke. Neue Virus-Mutanten überschatten alles (einschließlich der Politik). Selbst höchstkarätige Experten streiten täglich über den weiteren Verlauf der Pandemie und wie man sie am besten bekämpft. Deshalb gehen derzeit auch die Analysen und Prognosen der Wirtschaftswissenschaftler auseinander.

US-Inflationssprung irritiert die Märkte zusätzlich

Von wahrscheinlicher Natur ist zumindest die näher rückende Zinswende durch die führenden Notenbanken. Die hat durch erste kleine Maßnahmen schon begonnen und wird sich 2022 angeführt von der US-Federal Reserve schrittweise fortsetzen. Dort steigt die Inflation, die es zu bremsen gilt, inzwischen auf fast schwindelerregende Höhen: Waren und Dienstleistungen kosteten im November 6,8 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, wie das Arbeitsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Das ist der höchste Wert seit Juni 1982! Aus der Pandemiekrise resultierende Lieferprobleme, Materialengpässe und geradezu explodierende Energiekosten treiben die Teuerung nach oben. Dennoch bleiben die Verbraucher vor Weihnachten in Kauflaune.  

In der kommenden Woche stehen richtungsweisende Entscheidungen oder wenigstens verbale Äußerungen der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank an. Die Fed dürfte die Grundlagen für eine erste Zinserhöhung im Mai 2022 schaffen, mutmaßen Börsianer. Andere Marktteilnehmer glauben eher, dass die Fed eine Beschleunigung des Ausstiegs aus den Wertpapierkäufen ankündigen wird, um diese Ende März 2022 zu beenden. Das dürfte die Voraussetzungen für eine erste Zinserhöhung im Mai schaffen.

Kaum spektakuläre Daten erwartet

Die Datenlage der neuen Woche dürfte in der Summe für die Märkte eher unspektakulär verlaufen, glauben die Strategen von Allianz Global Investors, wenngleich auch interessante Indikatoren anstehen. Für den Tankan, den breiten Frühindikator Japans, der gleich am Montag kommt, wird ein leichter Zugewinn erwartet. Für den Dienstag stehen u.a. die Industrieproduktion für die Europäische Union an, sowie die Produzentenpreise für die USA. Im Vormonatsvergleich wird ein etwas geringerer Anstieg als zuvor erwartet. Am Mittwoch dann kommen die Industrieproduktion für China und der Empire-Index für das Verarbeitende Gewerbe in den USA, gemeinsam mit den Einzelhandelsumsätzen. Am Donnerstag folgen der Markit-Einkaufsmanagerindex für die Eurozone und die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (USA). Dazu die Industrieproduktion, der Geschäftsausblick der Philadelphia Fed und der Markit Einkaufsmanagerindex (jeweils USA). Den Schlusspunkt setzt dann am Freitag der Ifo-Konjunkturklimaindex für Deutschland, der nochmals Schwäche signalisieren dürfte.

Inflation und Zinsen bleiben im Fokus der Märkte

Die Vorweihnachtswoche beschert uns aller Voraussicht nach einer Fortsetzung der bisher beherrschenden Themen. Typisch die Feststellung von M.M. Warburg: Und es bewegt sich doch, wenn auch nur ganz langsam – das internationale Zinsniveau. Angesichts des starken Inflationsanstiegs und der sich erholenden Wirtschaft haben die ersten Notenbanken in diesem Jahr begonnen, ihre Leitzinsen zu erhöhen. Allerdings bleiben die meisten Währungshüter bei einer sehr vorsichtigen Vorgehensweise, zu groß ist die Angst davor, den beginnenden Aufschwung zu früh abzuwürgen. Während die US-Notenbank ihre Anleihenkäufe im nächsten Jahr beenden und ihren Leitzins erhöhen wird, bleibt die Europäische Zentralbank ihrer Linie weitgehend treu. Zwar werden zukünftig deutlich weniger Anleihen gekauft, doch eine Zinswende wird von der EZB nicht eingeläutet. Diese Diskrepanz in der Geldpolitik ist der wichtigste Einflussfaktor für den EUR/USD-Wechselkurs.

Die Gemengelage zum Jahresende hin ist damit insgesamt nicht einfach. Von den Konjunkturdaten könnte Unterstützung kommen. Die US-Daten waren zuletzt sehr stark, und auch die Sentiment-Indikatoren in der Eurozone zeigten sich trotz Gegenwinds robust. Die Geldpolitik mit ihrem latenten „Weniger ist mehr“, noch dazu mit Raum für Überraschungen (die vom Markt allerdings eher negativ goutiert werden sollten) kann für Verschnupfung sorgen. Dazu kommt noch „Omikron“, was für negative wie für positive Überraschungen gut sein kann. Die geopolitische Lage ist auch nicht gerade weihnachtlich. Doch ist die Politik bisher noch nicht börsenrelevant. Das kann sich allerdings über Nacht ändern (was ich momentan aber nicht befürchte).

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