Corona und die Märkte – cool bleiben?

von | 8. Nov 2021 - 08:26 | Kutzers Corner

Unter den Börsenprofis herrscht noch wenig Neigung, sich wieder mit der Pandemie und ihren potenziellen Folgen auseinander zu setzen. Doch dürfte sich das ändern, je höher uns die vierte Corona-Welle überrollt. Das könnte schon in den nächsten Tagen der Fall sein. Und dann wird man sehen, wie stark sich der Herdentrieb auswirkt – nach der Rekordlaune ein Schwächeanfall der Aktienkurse?

Fast zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie sind die Kapitalmärkte mit einer kniffligen Mixtur konfrontiert. Mit solchen und ähnlichen Formulierungen versuchen vorsichtige Analysten die widersprüchlichen Einflüsse zu beschreiben. Die Konjunkturdaten (jedenfalls die meisten) kühlen sich wieder ab. Dagegen steigen die Inflationsraten weiter und erreichen unerwartete Höhen.

Das „Flaschenhals“-Problem

Zwischen diesen beiden Entwicklungen lässt sich eine Verbindung herstellen: das sogenannte „Flaschenhals“-Problem. Aus Mangel an Vorprodukten – und das vielzitierte Beispiel Halbleiter ist nur das prominenteste – sinkt die Kapazitätsauslastung in den Fabriken. Aus Mangel an Transportkapazitäten brauchen die produzierten Waren in vielen Fällen länger zum Handel. Dann wartet eine Schar konsumfreudiger Kunden auf die weniger gewordenen Waren und ist im Zweifel entweder bereit oder gezwungen, mehr dafür zu bezahlen. Besonders eng erweisen sich gerade die Energiemärkte. Die Preise für Erdgas haben sich zuletzt vervielfacht und auch die Ölpreise steigen an. Dies merken wir alle bei den Heizkosten und an der Tankstelle. Auch Transportkosten steigen.

Kein Vergleich zu den 1970er Jahren

Die genannten Trends erinnern manche an die Stagflation der 1970er Jahre. Aber ist das wirklich eine gute Blaupause für die heutige Situation? Wir denken nein, sagt Allianz Global Investors und argumentiert: Das Wirtschaftswachstum ist weit weg von Stagnation. Das Wachstum kühlt sich zwar ab, bleibt aber robust. Gängige Modelle zeigen nahezu nicht vorhandene Rezessionsrisiken an. Der Angebotsschock bei Öl verhält sich derzeit deutlich moderater als während der 1970er Jahre. Die Zwei-Jahres-Veränderungsrate des Ölpreises lag Mitte der 70er Jahre bei annähernd 150 Prozent, derzeit liegt sie im Bereich von 20 bis 25 Prozent.

Andere bedeutende Investmentmanager sind der gleichen Meinung wie AllianzGI, die anzunehmen, dass sich ein größerer Teil der derzeitigen Inflationstreiber im Laufe des kommenden Jahres wieder normalisieren dürfte. Aber: Auch stetigere Komponenten des Warenkorbes wiesen zuletzt hohe Steigerungsraten auf. Hier sind vor allem die Mietpreise in den USA zu nennen. Auch die Löhne ziehen in den USA an, während an dieser Stelle die Entwicklung in der Eurozone zunächst noch verhaltener ausfällt. Lohnforderungen orientierten sich in der Vergangenheit allerdings oft an den gerade beobachteten Inflationsraten. In Verbindung mit Arbeitskräftemangel für immer mehr Berufsgruppen dürften auch hier die Löhne in den nächsten Quartalen anziehen. 

Die knifflige Mixtur aus nachlassendem Wachstum und höheren Inflationsraten sorgt derzeit besonders auf den Anleihemärkten für Schwankungen. US-Staatsanleihen konnten während des Sommers von einer unterstützenden Kombination aus Angebot und Nachfrage profitieren. Diese Unterstützung könnte sich nun umkehren (Stichwort „Tapering“). Aktien können erfahrungsgemäß Inflationsraten bis ca. 4 Prozent in den Industrieländern recht gut wegstecken. Anleihen dagegen leiden bei hoher Inflation.

Neue Daten, aber keine Überraschung erwartet

Besondere fundamentale Wirtschaftsdaten erwarte ich für die nächsten Tage noch nicht. Nach dem monatlichen ZEW-Konjunkturindikator am Dienstag bekommen wir noch neue Eckpunkte für die Inflationstendenz aus USA und China. Doch bleibe ich bei meinem Appell, die Entwicklungen der Virus-Pandemie genauer als bisher zu verfolgen – und ernst zu nehmen! Hinweise auf mögliche Änderungen im Anlegerverhalten kann der Goldpreis liefern, sollte der einen Aufschwung erleben.

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