Börsen blicken wieder auf die Zentralbanken

von | 24. Jul 2023 - 08:19 | Kutzers Corner

Sommerhitze, Dürreperioden, Unwetter – von extremen Witterungen oder gar Klimaveränderungen ist an den Finanzmärkten nichts zu spüren. Vielmehr warten die Anleger weiter auf klare Signale. Im Fokus stehen jetzt wieder die Zentralbanken.

Die letzten Julitage versprechen eine Woche der Zentralbank-Entscheidungen zu werden. Lauern dabei auch Überraschungen? Immer möglich, wahrscheinlich werden die Ansichten der Experten über den weiteren Jahresverlauf aber auch danach auseinander gehen. Mit anderen Worten: Ein stabiler Börsentrend ist noch nicht in Sicht. Aktuell liefern die Profis ein stark uneinheitliches Bild. In den jüngsten Marktanalysen werden (zum Teil) europäische Aktien favorisiert, teils aber auch spezielle Segmente der Wall Street oder unterschiedliche Anleihetypen anstelle von Aktien empfohlen. Regional blicken viele Strategen auch weiter nach Fernost, sind dabei geteilter Meinung zu China, zeigen dagegen verbreitet Interesse an Japan und Indien.

Weitere Zinsschritte aufwärts gelten als sicher

Metzler Asset Management fasst die Stimmungslage so zusammen: In gewissem Sinne haben die großen Zentralbanken ihre geldpolitischen Schritte für die kommende Woche schon vorangekündigt. Die US-Notenbank wird am Mittwoch den Auftakt mit einer Leitzinserhöhung von 25 Basispunkten machen, die EZB folgt mit einem Zinsschritt in gleicher Höhe, während die Bank von Japan den Leitzins unverändert belassen wird. Überraschen könnte die Bank von Japan jedoch trotzdem mit einer Anpassung ihrer Zinskurvenpolitik. Andererseits dürften die Hoffnungen der Finanzmarktakteure auf baldige Leitzinssenkungen enttäuscht werden – zumal in den USA ohnehin noch ein weiterer Zinsschritt folgen dürfte.

Gipfel der Aktienkurse noch nicht erreicht

Was bedeutet das für die Finanzmärkte? Das Helaba-Research spricht von einem „Zwischenstopp“ der Aktien. Der Blick auf die Börsen zeigt, dass der Aufstieg Kraft gekostet hat. Mancher Index braucht eine Verschnaufpause, andere ziehen nach. Ich teile die Ansicht der Landesbanker: „Der Gipfel ist jedoch noch nicht erreicht.“ Das gilt jedenfalls längerfristig. Ungewiss bleibt, ob die Optimisten noch in den verbleibenden Monaten von 2023 Recht bekommen werden.

Der Juli zählt im langjährigen Vergleich zu den saisonal starken Börsenmonaten. In diesem Jahr zeigt sich dieses Muster allerdings nicht bei allen Indizes. Während Dax, Euro Stoxx 50 und der bisherige Highflyer Nikkei 225 konsolidierten, legte der S&P 500 deutlich zu und zog in der Jahresperformance an seinen Pendants aus dem Euroraum vorbei. Fundamentalen Rückenwind für US-Titel lieferte ein im Vergleich zum Euroraum günstigerer Datenmix.

Dabei kommt es weniger darauf an, in welche Richtung sich die Indikatoren entwickeln, sondern wie sie von den Erwartungen abweichen. So überwogen bei den US-Konjunkturdaten zuletzt die positiven Überraschungen. Gleichzeitig fielen die Inflationsdaten niedriger aus als befürchtet. Damit haben sich auch die Zinserhöhungsängste zurückgebildet. Hierzulande gehen die Inflationsraten zwar ebenfalls zurück, gleichzeitig überraschen die Konjunkturdaten aber noch immer mehrheitlich negativ. Daher dürfte auch das am Mittwoch anstehende Ifo Geschäftsklima besondere Beachtung finden.

Unternehmensgewinne gehen auseinander

Auch bei den Schätzungen für die Unternehmensgewinne war zuletzt eine divergierende Entwicklung zu beobachten: Während beim S&P 500 derzeit die Aufwärtsrevisionen überwiegen, sind beim Dax wieder Abwärtsrevisionen in der Überzahl. Dazu die Helaba: Ob sich dieser Trend fortsetzt, muss im Zuge der Berichtssaison der Unternehmen beobachtet werden. Aus dem S&P 500 haben bislang 80 Unternehmen Zahlen vorgelegt. Rund 80 % davon konnten bei den Nettoergebnissen die Erwartungen übertreffen. Hierzulande müssen sich die Investoren noch etwas gedulden. Aus dem Dax haben erst zwei Unternehmen berichtet und die Erwartungen verfehlt. Da der Dax im internationalen Vergleich mit Abstand am niedrigsten bewertet ist, besteht hier ein gewisser Puffer. Dagegen ist für die hoch bewerteten US-Titel eine Verbesserung der Gewinnperspektiven dringend geboten, schreiben jedenfalls die Frankfurter Landesbanker und resümieren: Insgesamt zeigt sich, dass der einfache Teil der Hausse mit dynamischen Kuranstiegen offensichtlich vorbei ist. Die Kursentwicklung differenziert sich aus.

Empfehlung: Weiter auf Aktien setzen

Auch die Argumente für und gegen Aktien sind dies- und jenseits des Atlantiks durchaus unterschiedlich. Dennoch bleibt unter dem Strich weiterhin ein klares Votum für Aktien bestehen. Hierzulande ist es insbesondere die niedrige Bewertung sowie der ausgeprägte Pessimismus der Anleger, der im Sinne der Kontraindikation für eine Fortsetzung der Rally spricht. In den USA scheint dagegen der Zinsgipfel in greifbarer Nähe und die sich verbessernden Gewinnperspektiven relativieren die schon hohe Bewertung. Auch wenn die Kurszuwächse im zweiten Halbjahr vermutlich hinter denen der ersten sechs Monate zurückbleiben dürften, spricht derzeit vieles dafür, weiterhin auf Aktien zu setzen.

US-Wirtschaftsdaten beachten

Bei der Fed stehen die Zeichen auf eine eher gemäßigte Zinserhöhung durch ihren Vorsitzenden Powell. Er dürfte auf die anhaltende Disinflation, die konjunkturelle Resilienz und die bisherigen Straffungsmaßnahmen hinweisen, glauben die Anlagemanager von Allianz Global Investors. Wenn man die Entwicklung der Fed Funds Futures betrachtet, so könnte dies die letzte Zinsanhebung in diesem Zyklus sein. Und die Tendenz geht in Richtung einer leichten Entspannung im Frühjahr 2024.

Jenseits der Fed-Sitzung wären US-Anleger gut beraten, die Daten zum Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes am Montag (die voraussichtlich rückläufig ausfallen werden), den Case-Shiller Hauspreisindex am Dienstag (von dem ein erneuter Anstieg gegenüber dem Vormonat erwartet wird), die vorläufige Schätzung des US-Bruttoinlandsprodukts BIP für das zweite Quartal 2023 (die eine Abschwächung der Konjunktur zeigen dürfte) sowie die Daten zu den Beschäftigungskosten am Freitag (von denen eine solide Entwicklung vorhergesagt wird) zu beobachten.

Weiterhin Gelassenheit angesagt

Diese Ausschnitte aus dem Stimmungsbild mögen verdeutlichen, dass auch nur einigermaßen sichere Vorschauen (nach wie vor) kaum möglich sind. Große Teile der institutionellen Investoren verhalten sich sommerlich lustlos. Betont langfristig planende Privatanleger können sich dem anschließen und brauchen ihre Strategie nicht zu ändern. Gelassenheit und Geduld sind angesagt.

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