Aus Bankenkrise wird keine Finanzkrise

von | 27. Mrz 2023 - 08:59 | Kutzers Corner

Verrückte Zeiten – die Kette der Katastrophen reißt nicht ab. Kein Wunder, dass sich nun viele Anleger die Frage stellen, ob es wie 2008/2009 zu einer globalen Finanz- und Wirtschaftskrise kommen wird. Auch wenn es auf den ersten Blick gewisse Parallelen zur damaligen Situation geben mag, sind die Ursachen der heutigen Entwicklungen anders gelagert.

Das fast zeitgleiche Debakel bei (einzelnen) unterschiedlichen Typen von Banken beiderseits des Atlantiks hat Märkte und Marktteilnehmer aufgeschreckt. Bricht wieder Panik aus, wenn die Bankkunden ihren Instituten nicht mehr trauen und Gelder abziehen? Von allen Seiten wird beruhigt und Gelassenheit verbreitet. Eines der Argumente: In der Vergangenheit waren die Rückschläge bei den Einlagen zeitlich immer begrenzt. Meistens dauerte es nur wenige Wochen, bis der Rückgang zu einem großen Teil schon wieder aufgeholt werden konnte. Mit der Erholung der Einlagen ging in der Regel auch wieder eine Beruhigung der Märkte einher. Auch diesmal spricht viel dafür, dass es ähnlich kommen wird. In einer Analyse legt M.M. Warburg & Co. die wesentlichen Gründe dar, die dafür sprechen, dass sich der Sturm im Finanzsystem bald wieder legen dürfte.

2023 ist nicht 2008

Die Argumentation in Auszügen: Auch wenn es auf den ersten Blick gewisse Parallelen zur damaligen Situation geben mag, sind die Ursachen der heutigen anders gelagert. Im laufenden Jahr leiden Banken zwar auch unter Buchverlusten, aber diesmal geht es in der Regel um Staatsanleihen, deren Werthaltigkeit nicht in Frage steht. Die Notenbanken agieren 2023 signifikant pro-aktiver als im Jahr 2008. Das lässt sich an US-Garantien für Einlagen genauso ablesen wie an dem neuen Bank Term Funding Program der Fed oder dem beherzten Eingreifen der Finma in der Schweiz. Auch implizite Garantien und Zusagen der EZB haben den Markt in den letzten Tagen beruhigt. Aus den Fehlern vorheriger Jahre wurde offensichtlich gelernt – teilweise ist das Agieren derart proaktiv, dass schon ordnungspolitische Fragen entstehen.

Wirtschaftsdaten verringern die Krisengefahr

Die Beschäftigung und die Löhne steigen, die „Überersparnisse“ aus der Corona-Krise bilden immer noch einen wertvollen Risikopuffer. In Europa verbessern sich viele Konjunkturdaten schon wieder – die Gefahr einer (scharfen) Rezession scheint gering zu sein. Die Gefahr einer Abwärtsspirale aus negativen finanzwirtschaftlichen und konjunkturellen Entwicklungen ist gering. Der US-Immobilienmarkt zeigt keine Zeichen einer längerfristigen Schwäche. Relativ zur Größe der US-Bevölkerung wird in den USA viel zu wenig gebaut, und das Alter der Häuser in den USA hat den höchsten Wert seit dem Zweiten Weltkrieg. Leerstandquoten sind äußerst gering; folgerichtig sind Immobilienpreise zuletzt wieder angestiegen. Dementsprechend kann die Sparquote wieder fallen und die Konsumquote steigen, was die Wirtschaft stützt.

Eigenkapitalausstattung gebessert

In Europa und auch den USA hat sich die Eigenkapitalausstattung der Banken seit 2009 deutlich verbessert, gleichzeitig ist der Anteil notleidender Kredite am gesamten Kreditgeschäft gering. Zudem ist der Quotient aus Krediten zu Einlagen gerade bei US-Banken immer noch deutlich niedriger als im Jahr 2008, obwohl der Wert in den letzten Monaten etwas angestiegen ist.

Das Resümee von Warburg & Co.: Ist also alles wieder gut? Für diese Aussage ist es sicher noch zu früh. Kritisch stimmt, dass sich sowohl in den USA als auch in Europa die Bank Lending Standards, also die Finanzierungsbedingungen für Kreditnehmer, deutlich verschlechtert haben. Für die Konjunktur bringt das Belastungen mit sich, wenn weniger Kredite vergeben werden – auf der anderen Seite ist aber genau dies auch von Notenbanken gewollt, um die Inflation einzudämmen

Volatilität der Märkte dürfte hoch bleiben

So werden sich Märkte in naher Zukunft wahrscheinlich im Spannungsfeld von hohen Inflationsraten, schwächeren Konjunkturdaten und weniger leistungsfähigen Banken bewegen. Das spricht für höhere Volatilitäten an den Kapitalmärkten, aber nicht unbedingt für eine massive Korrektur. Zudem werden die Notenbanken in den kommenden Wochen und Monaten darauf achten, vorsichtig zu agieren und keinen Anlass zu bieten, einen neuen Schwächeanfall an den Märkten zu provozieren.

Ein gutes Beispiel dafür ist die jüngste Fed-Entscheidung vom 22. März: Zwar hielt die amerikanische Notenbank an ihrem geldpolitischen Kurs fest und erhöhte den Leitzins um 25 Basispunkte auf eine Spanne 4,75 bis 5 Prozent, jedoch schlug Fed-Präsident Jerome Powell sehr moderate Töne an und formulierte einen behutsameren geldpolitischen Ausblick. Der Markt verstand die Äußerungen als Indiz dafür, dass 50er-Zinsschritte quasi ausgeschlossen sind, Zinsanpassungspausen folgen und die Fed den Zinshöhepunkt nahezu erreicht hat.

Zinserwartungen nicht übertreiben

Dass es andererseits aber für Zinssenkungen in diesem Jahr zu früh ist und die Markterwartungen im Hinblick auf die amerikanische Zinspolitik zu optimistisch sind, betonte Powell einmal mehr auf der letzten Fed-Sitzung und verwies auf weitere Zinserhöhungen, sofern die Inflation und insbesondere die Kerninflation nicht wie gewünscht fallen. Aber: Die plötzlichen Schwächeanfälle der Dax-Werte im Verlauf des Handels – ausgelöst durch einen Kurssturz der Deutsche-Bank-Aktie – haben am vergangenen Freitag signalisiert, dass immer große Unsicherheit im Markt herrscht.

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