Wird die Pandemie 2022 überwunden?

von | 17. Jan 2022 - 10:13 | Kutzers Corner

Die Unterschiede in den Wirtschafts- und Börsenvorhersagen könnten kaum größer sein. Gemessen an den aktuellen Überarbeitungen der bisherigen Prognosen hat die Meinungsvielfalt eher noch zugenommen. Das erschwert Ihnen, geschätzte Anleger, naturgemäß die Orientierung. Und doch fällt eine neue Tendenz besonders auf: Es mehren sich Stimmen, die eine Überwindung der Corona-Pandemie noch in diesem Jahr für möglich halten – trotz der jetzt anrollenden Omikron-Welle.

Anlagestrategen sind sich in einem Punkt weitestgehend einig: Die kommenden Wochen und Monate können aus unterschiedlichen Gründen – insbesondere wegen Corona und der Geldpolitik – sehr volatil verlaufen. Wie das am Aktienmarkt aussieht, erleben wir schon in den ersten Tagen des neuen Jahres. Parallel dazu werden die Verläufe der Pandemie und der Zinswende durch die Zentralbanken stark uneinheitlich eingeschätzt. Und was die Anleger irritiert, spiegelt sich auch in den zunehmenden Impf-Protestbewegungen der Bevölkerung wider.

Kommen schwere Wochen auf uns zu?

Es gehört kein Mut zur Behauptung, dass im Pandemie-Verlauf der Schlüssel für die weitere Tendenz an den Finanzmärkten liegt. Insofern gilt es für alle Beteiligten, das Geschehen fortwährend zu verfolgen. Und wenn seit ein paar Tagen einige internationale Experten vorsichtig mutmaßen, Corona könnte noch im laufenden Jahr überwunden werden, dann bekommt das auch Börsenrelevanz – vorausgesetzt, die Signale verdichten sich. So weit sind wir aber noch nicht.

Am Wochenende ist die Meinungslage selbst uneinheitlich geblieben. Eine Schlagzeile: Gesundheitsminister Karl Lauterbach warnt vor Unterschätzung der Omikron-Welle („Uns drohen sehr schwere Wochen“). Andererseits sieht DIW-Chef Marcel Fratzscher keinen Anlass zur Entwarnung in der Corona-Krise. Die deutsche Wirtschaft sei kräftig gewachsen, dürfte aber auf Schrumpfkurs schwenken, wenn Omikron „viele Menschen in den Krankenstand oder in die Quarantäne zwingt“, so der Ökonom.

Geldpolitische Risiken in naher Zukunft

Differenziert die Einschätzung von Metzler Asset Management: Mehrere Vertreter der EZB äußerten die Sorge, dass die derzeit hohe Inflation eine Rolle in den Lohnforderungen in diesem Jahr spielen und zu einer merklichen Beschleunigung der Löhne beitragen könnte. Bisher war die Lohnentwicklung jedoch schwach, sodass eine merkliche Beschleunigung notwendig wäre, um tatsächlich das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale in der Eurozone zu erhöhen. Nun aber sprechen selbst Mitglieder des EZB-Rates über die Notwendigkeit einer restriktiveren Geldpolitik. Das zeigt, wie groß die Sorge ist, dass sich die aktuell hohen Inflationsraten in hohen Inflationserwartungen bei der Bevölkerung verfestigen könnten. Die Folge wären tatsächlich sehr hohe Lohnforderungen und eine große Bereitschaft der Unternehmen, die Preise anzuheben. Die Zentralbanken müssen also schnell handeln, um die Verfestigung von Inflationserwartungen zu verhindern. Daher bestehen vor allem im ersten Halbjahr große Risiken geldpolitischer Überraschungen.

Immerhin scheint sich die Omikron-Mutation als überwindbar zu erweisen. So zeigen Simulationen von US-Forschern, dass die Infektionswelle in den USA und Großbritannien bald ihren Hochpunkt überschritten haben dürfte. Dementsprechend sollten sich die Wachstumsperspektiven laut ZEW-Index (Veröffentlichung am Dienstag) verbessert haben. Außerdem werden damit kürzere Isolationszeiten im Fall von Infektionen ermöglicht, um bei stark steigenden Infektionszahlen den personellen Zusammenbruch wichtiger Versorgungsbereiche zu verhindern.

Prognose: Pandemie verliert für Börse an Schrecken

Eine klare – hoffnungsvolle – Position beziehen auch die Strategen von M.M. Warburg: Zusammen mit Impfungen und Medikamenten verliert die Pandemie damit derart an Schrecken, dass zumindest rational agierende Kapitalmärkte den Fokus komplett auf andere Themen richten dürften. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Und tatsächlich existiert zumindest ein „weißer Elefant“ im Raum (also ein großer Risikofaktor), der nicht ganz negiert werden sollte. In China besteht nach wie vor so gut wie keine Grundimmunität in der Bevölkerung. Somit ist nach Einschätzung der Analysten in den kommenden Monaten dort ebenfalls mit einer Omikron-Welle und mit erneuten und sehr weitreichenden Lockdowns zu rechnen, die auch der Weltwirtschaft erneut wehtun werden.

Resümiert Warburg: Aber auch dies wird eher eine temporäre Belastung sein. Wir bleiben also dabei. Es gibt viele gute Gründe anzunehmen, dass 2022 in die Geschichtsbücher als das Jahr eingehen wird, in dem die Corona-Pandemie ihr Ende nahm.

Ehrlich gesagt, obwohl ein ewiger Optimist habe ich (noch) nicht den Mut, diese Prognose zu unterstreichen.

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