Es hätte so einfach sein können: Tesla-Elektroautos Made in Germany. Doch die geplante E-Autofabrik in Brandenburg macht immer wieder Schlagzeilen und ihre Fertigstellung verzögert sich.
Ende 2019 hat Elon Musk, CEO und treibende Kraft bei Tesla, den Bau einer Gigafabrik für Elektroautos in Deutschland angekündigt. Der erste Spatenstich im brandenburgischen Grünheide, nicht weit von Berlin entfernt, erfolgte Anfang 2020. Die Fertigstellung war für Juli 2021 vorgesehen. Nun befindet sich das Unternehmen aus den USA aber seit geraumer Zeit im Clinch mit Umweltschützern und Behörden, denn für den Bau der Fabrik wurde eine große Waldfläche gerodet. Befürchtet wird auch, dass der Wasserverbrauch der Anlage zur Trinkwasserknappheit in der trockenen Region führt. Proteste von Anwohner und verschiedenen Umweltschutzgruppen gegen das Bauvorhaben waren die Folge.
Bauen auf eigenes Risiko
Unbeirrt von Klagen und Einwänden schreitet der Bau der Fabrik voran. Im Juni wurde der Bauantrag um Pläne zur Batteriefertigung vor Ort erweitert. Die rechtliche Genehmigung für diesen Bauabschnitt steht noch aus. Ein roter Faden, der sich durch das Projekt zieht, denn Tesla hat für die Gesamtanlage noch keine abschließende Baugenehmigung. Mittlerweile 14 vorläufige Genehmigungen ermöglichen den Bau, allerdings auf eigenes Risiko. Falls die abschließende Bewilligung nicht erteilt wird, müssten die Baumaßnahmen auf eigene Kosten rückgängig gemacht werden. Mitte des Jahres wurde die Baugeschichte um eine weitere Episode bereichert, denn Tesla musste ein Bußgeld wegen der Errichtung nicht genehmigter Tanks auf der Baustelle zahlen.
Ohne Zweifel treffen in Grünheide zwei sehr unterschiedliche Weltansichten aufeinander. Auf der einen Seite ein dynamisch auftretender Milliardär, der Bedenken zur Wasserknappheit mit dem Hinweis, dass man sich ja nicht in einer Wüste befinde, abbügelt. Auf der anderen Seite ein eher gemächliches, deutsches Genehmigungsverfahren.
Brandbrief
Die Verzögerungen nötigten Tesla dann auch zu einem Brandbrief an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Darin werden die langwierigen Genehmigungsprozesse in Deutschland kritisiert. Sie würden notwendige Investitionen in saubere Energieprojekte und Infrastruktur abschrecken und es für Deutschland praktisch unmöglich machen, seine Klimaziele zu erreichen, zitiert der Tagesspiegel das zehn Seiten umfassende Schreiben. Im Kern geht es um nicht weniger als die Frage, wie groß der Eingriff in die Natur sein darf, um einen globalen positiven Nutzen zu erzielen.
Einen regionalen Nutzen hat das Projekt in jedem Fall, denn Brandenburg ist dank Tesla nun auch auf dem Schirm anderer Unternehmen, die sich auch dort ansiedeln wollen, so Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach gegenüber dem Handelsblatt. In dem strukturschwachen Bundesland ist jeder neue Arbeitsplatz hoch willkommen. Unternehmen aus Zukunftsbranchen profitieren im Gegenzug vom Ausbau Erneuerbarer Energien, in diesem Bereich steht Brandenburg gut da.
Ein Hoffnungsschimmer
Minister Steinbach geht davon aus, dass die endgültige – und aus Sicht Teslas positive – Entscheidung zur Baugenehmigung im vierten Quartal fällt, wie er kürzlich in einem Interview sagte. Auch die meisten Umweltschützer rechnen nicht mehr damit, dass zu Ungunsten von Tesla entschieden wird. Es gehe nun viel mehr um Schadensbegrenzung und wie die Anlage so gestaltet werden könne, dass sie den Mindestanforderungen des Natur- und Umweltschutzes genüge, sagte Christine Schröder vom Naturschutzbund Brandenburg der Washington Post. Die Zeitung berichtete im Juli vom Besuch Elon Musks in Grünheide. Eigentlich als Einweihungstermin gedacht, nutze Musk den Tag, um noch einmal Werbung für das Projekt zu machen. 80 Prozent seien geschafft. Bei seinem jüngsten Besuch in Brandenburg traf er dann auch mit CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet zusammen, der sich für beschleunigte Genehmigungsverfahren aussprach. Um die Akzeptanz der Gigafabrik zu erhöhen, will Musk im Gegenzug die Kommunikation vor Ort ausbauen, berichtet der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Sobald die Genehmigung vorliegt, sollen jährlich 500.000 Fahrzeuge aus der knapp 6 Milliarden Euro teuren Fabrik rollen. Wie die Washington Post weiter schreibt, ist das Bautempo trotz der Verzögerung für die lokalen Verhältnisse rekordverdächtig. Man denke nur an den Berliner Flughafen.