Paris: Von der Ofenstadt zur Oasenstadt

von | 10. Aug 2023 - 12:24 | Wissen

Frischeinseln für eine aufgeheizte Stadt

Das Leben in europäischen Metropolen wird bereits seit einigen Jahren maßgeblich und in der Zukunft noch stärker vom Klimawandel beeinflusst, unter anderem durch länger anhaltende Hitzeperioden im Sommer. Eine besonders stark betroffene Stadt ist die französische Hauptstadt Paris: Sie könnte künftig ein Klima wie das südspanische Sevilla mit Temperaturspitzen von bis zu 50 Grad erreichen.

Prädestiniert für Hitzeperioden

Zu berücksichtigen sind zunächst einmal einige Eigenheiten von Paris: Es weist eine hohe Flächenversiegelung auf und ist durch den Asphalt sowie Zinkdächer dunkel geprägt, wodurch Licht und Wärme aufgenommen bzw. absorbiert und an die Umwelt abgegeben werden. Gerade in den 1960er und 1970er Jahren wurden Häuserfassaden häufig mit Einfachglas und ohne jegliche Dämmung gebaut. Der Großteil der Gebäude wurde außerdem so errichtet, dass er primär vor Kälte, aber nicht vor Hitze schützt. Durch diese Art von Bauobjekten staut sich die Wärme in der französischen Metropole besonders stark.

Von der Ofenstadt zur Oasenstadt

Der stellvertretende Bürgermeister, Christophe Najdovski, der auch für öffentliche und grüne Plätze in Paris zuständig ist, sagte, dass stark zugebaute Städte wie Paris bei großer Hitze durch die globale Erderwärmung sogar zu regelrechten Öfen verkommen würden und Bäume für ihre Abkühlung essenziell seien, denn die Temperatur in ihrem Schatten betrage vier Grad weniger. Um sich gerade in den immer heißer werdenden Sommern vor übermäßiger Hitze zu schützen, hat Paris, die zweitgrößte Stadt Europas, im Juni dieses Jahres ein umfangreiches Maßnahmenpaket geschnürt, um den in der Stadt zu erwartenden Hitzewellen besser begegnen zu können.

Die Maßnahmen werden unter dem Konzepttitel „Paris passt sich an“ (Original: Paris s’adapte) gebündelt. Für dieses hat sich die französische Hauptstadt Sevilla oder auch Tunis zum Vorbild genommen – beides Städte, die schon lange von heißen Sommern heimgesucht werden und entsprechende Maßnahmen ergreifen mussten, um gegen die Hitze vorzugehen.

Reflektierende weiße Dächer, begrünte Flächen, Abkühlung durch Wasser – die Möglichkeiten sind vielfältig

Paris möchte in den kommenden Jahren 100 Hektar Asphalt durch Grünflächen ersetzen. Um dieses Vorhaben zu erreichen, sollen drei weitere Wälder auf dem Pariser Stadtgebiet entstehen. Dort und in den Parks will man insgesamt 170.000 neue Bäume anpflanzen. In nur sechs Monaten, zwischen November 2022 und April 2023, pflanzte Paris beispielsweise bereits 25.000 Bäume.

Eine grüne Promenade in Paris. – Photo: iStock/Blazenka Babic

Die über 900 Parks und Plätze im Pariser Stadtgebiet fungieren zudem als „Frischeinseln“ für die Bevölkerung, insgesamt ist mehr als ein Viertel der Stadtfläche, inklusive Wälder, begrünt. Wo keine Bäume gepflanzt werden können, schafft die Stadt Schattendächer in Form von Pavillons oder begrünten Pergolen, unter anderem auf öffentlichen Plätzen und in Parkanlagen.

Eine weitere Maßnahme der Stadt ist es, mehr Grün in den Straßen zu schaffen, so zum Beispiel durch mehr vertikale Begrünung an Gebäuden. Aktuell sind 136 Hektar Hauswände bereits bepflanzt; bis 2026 sollen es 150 Hektar werden.

Das begrünte Maison Rose auf dem Montmartre-Hügel in Paris. – Photo:  iStock/Elisabeth Schittenhelm

Erfrischung für die Pariser Bevölkerung

Die Pariser Verwaltung sorgt neben der verstärkten Begrünung auch für Abkühlungsmöglichkeiten in Zeiten von Hitzeperioden. Erfrischung bieten zahlreiche, teils neue Trinkbrunnen und Wasserzerstäuber, die die Stadt vielerorts bereits installiert hat oder aufstellen lässt. Über das gesamte Stadtgebiet verteilt befinden sich 1.200 solcher Wasserstellen.

Trinkwasserbrunnen findet man in Paris über die ganze Stadt verteilt.
– Photo: iStock/Ольга Симонова

Eine weitere, einfache Maßnahme, die Kühlung herbeiführt: Häuserdächer weiß anstreichen oder mit weißen Beschichtungen versehen. Dadurch sinkt die Temperatur unter dem Dach um zwei bis drei Grad und schützt Gebäude so vor Überhitzung. Der stellvertretende Bürgermeister von Paris, Dan Lert, der auch für das Thema Energiewende zuständig ist, kündigte an: „Wir werden auch eine Reihe von Dächern von öffentlichen Einrichtungen, die für die Stadt Paris Priorität haben, weiß streichen. Wenn das Licht reflektiert wird, erwärmt es den Boden weniger.“ In den ökologischen Wandel von Gebäuden investiert Paris jedes Jahr 100 Millionen Euro.

Klimaschutzplan Paris: Mehr Solaranlagen für „die Stadt des Lichts“

Die Stadt hat 2023 einen Klimaschutzplan, den Plan Climat de Paris, aufgestellt. Im Gegensatz zum Konzept „Paris passt sich an“ enthält dieser keine kurz-, sondern längerfristige Maßnahmen, wie Frankreichs Hauptstadt der weiteren Erderwärmung entgegenwirken kann. Darunter fällt das Vorhaben, auf dem Stadtgebiet bis zum Jahr 2050 ausschließlich Erneuerbare Energien zu nutzen. Ein Fünftel davon möchte man unter anderem durch ein 5.000 bis 10.000 Quadratmeter großes Solarkraftwerk im Parc floral du Bois de Vincennes gewinnen und hat sich außerdem zum Ziel gesetzt, 20 Prozent der Pariser Dächer mit Solarpaneelen zu versehen.

Mehr Elektromobilität, weniger Emissionen

Den öffentlichen Nahverkehr bis 2025 frei von fossilen Brennstoffen zu betreiben ist ein weiteres Ziel des Klimaschutzplans, denn der Verkehr verursacht in der französischen Metropole am meisten Treibhausgasemissionen. So setzt Paris den Fokus auf Fußgänger und Radfahrer, aber auch verstärkt auf den öffentlichen Nahverkehr durch ein besseres Angebot und schnellere Verbindungen, um mehr Menschen zum Verzicht auf ein Auto zu bewegen. Nicht nur das Angebot möchte man verbessern, sondern auch im Nahverkehr an Land auf Elektrofahrzeuge umsteigen und die im Flussverkehr eingesetzten Fahrzeuge bis 2030 mit grüner Energie betreiben. Gleichzeitig will die Stadt Diesel-Autos bis 2024 und Benziner bis 2030 aus dem Stadtbild verbannen. Um den Ausbau der Elektromobilität voranzutreiben, subventioniert die Stadt ihre Bevölkerung beim Kauf von Elektrorädern oder -autos, Hybrid- oder aber auch Wasserstoffautos.

Es bleibt abzuwarten, ob diese zügig umsetzbaren Lösungen auch die langfristig gewünschten Ergebnisse erzielen. Vorstellbar ist allerdings, dass Paris in den kommenden Jahren noch viele weitere Maßnahmen in die Wege leiten muss, um auf klimabedingte Umstände in der Stadt zu reagieren, die aktuell nur begrenzt vorhersehbar sind.

Wie geht man rund um den Globus mit den Herausforderungen des Klimawandels um? Klicken Sie dazu auf die einzelnen Bilder:

             

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