Die Abhängigkeit von Importen Seltener Erden aus China wird sich durch den geplanten Ausstieg aus der Verbrennungsmotortechnik und den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter erhöhen. Neue Rohstoffvorkommen werden daher gesucht. Rohstoff.net stellt in dieser Reihe aussichtsreiche Kandidaten vor. Vom Norden des Kontinents geht es diesmal in den Süden, auf die iberische Halbinsel.
Die spanischen Vorkommen Seltener Erden gehören laut Vicente Gutierrez Peinador, dem Präsidenten des Nationalen Verbandes der Bergbau- und Metallurgieunternehmen (Confedem), nach Finnland zu den größten Europas. 70.000 Tonnen soll der Vorrat umfassen. Beinahe die Hälfte davon wird in der Mine Matamulas vermutet, gelegen im äußersten Süden der autonomen Gemeinschaft Kastilien-La Mancha.
Entdeckt wurde die Lagerstätte bereits in den 1990er Jahren. Erschlossen ist sie bislang allerdings noch nicht. Um die Erlaubnis zur Förderung der Seltenen Erden bemüht sich das Unternehmen Quantum Minería mit Sitz in Madrid. Über einen Zeitraum von 10 Jahren sollen die Rohstoffe von Matamulas abgebaut werden. Die Mine in spe weist laut Projektleiter Enrique Burkhalter einen hohen Anteil von Praseodym und Neodym auf, wichtige Materialien für Zukunftstechnologien wie die E-Mobilität.
Energiewende versus Umweltschutz
Gegen den Abbau der Ressourcen regt sich allerdings Widerstand vor Ort, denn die Gegend gilt als Durchzugsgebiet für den Iberischen Luchs und den Kaiseradler, zweier geschützter Tierarten. Zudem gibt es Bedenken hinsichtlich des mutmaßlich großen Wasserverbrauchs des Projektes. Mit dem Hinweis auf die möglichen negativen Umweltauswirkungen lehnte die Regierung (Junta) von Kastilien-La Mancha das Projekt 2017 letztlich ab. Gegen diese Entscheidung legte Quantum Minería Berufung ein, die vom obersten Gerichtshof der Region Anfang 2021 zurückgewiesen wurde. Gegenüber der Zeitung El País fasste Burkhalter die Situation folgendermaßen zusammen: Todo el mundo quiere tecnología, pero que no toquen su suelo. Frei übersetzt: Alle wollen die Technologie, aber ihr eigener Boden soll dabei nicht angerührt werden.
Dabei weist Matamulas einen entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Lagerstätten auf, denn die Minerale, die die begehrten Rohstoffe enthalten, seien nicht in das Gestein eingebettet, so dass keine Sprengstoffe oder Chemikalien zum Abbau benötigt würden. Der Eingriff sei daher minimal, so Quantum Minería. Der Abbau soll zudem parzellenweise geschehen, wobei das Erdreich bis zu einer Tiefe von zwei bis drei Metern ausgehoben und zu einer Siebanlage gebracht würde. Nach Entnahme der Mineralien würde das Erdmaterial wieder zurückbracht und die Abbaustelle wiederhergestellt werden. Erst danach erfolge die Bearbeitung der nächsten einen Hektar großen Parzelle. Es entstünde also kein offener Tagebau, wie man ihn etwa aus dem Abbau von Eisenerz kennt.
Gesprächsfaden soll wieder aufgenommen werden
Die Gegner des Projektes konnte der Hinweis auf den verhältnismäßig schonenden Abbauprozess indes nicht überzeugen. Quantum Minería will das Projekt nun erneut im Dialog mit der Junta evaluieren. Unter dem Eindruck der immer größer werdenden Abhängigkeit von China könnte die Entscheidung möglicherweise vielleicht letztlich doch zugunsten des Unternehmens ausgehen. Für die Gegend ergäben sich Investitionen in Höhe von 60 Millionen Euro und etwa 500 Arbeitsplätze würden geschaffen, so das Wirtschaftsportal Libre Mercado. Quantum Minería weist zudem darauf hin, dass man eine Wertschöpfungskette von der Rohstoffförderung bis hin zur Herstellung von Permanentmagneten für Elektrofahrzeuge und Windturbinen etablieren könnte.
Für die von Ackerbau und Viehzucht geprägte Region mit einer hohen Arbeitslosenquote wären das gute Nachrichten. Zusammen mit dem ebenfalls unerschlossenen Vorkommen am Berg Galiñeiro im Nordwesten des Landes könnte Spanien sogar zu Rohstoffsupermacht werden, zitiert Libre Mercado den Spanischen Geologenverband. Bis zu 25 Prozent Anteil an der Weltproduktion Seltener Erden hält der Verband für möglich; ein unschätzbarer Vorteil für die spanische Industrie. Bis dieses Potential gehoben bzw. gefördert werden kann, bedarf es allerdings Geduld. Der Streit um Matamulas geht nun bald ins neunte Jahr.
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