Corona zerstört vieles – jetzt auch die Kursrekorde am Aktienmarkt? Alles andere wäre eine Überraschung. Denn die vierte Welle der Pandemie rollt über alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens und zwingt Politik und Wirtschaft zu harten Reaktionen. Vor den Kapitalanlegern liegen schwierige – vielleicht enttäuschende – Wochen.
Das Jahr 2021 war bisher ein einträgliches für risikobehaftete Anlageklassen wie Aktien. Doch während auf der Nordhalbkugel der Winter Einzug hält, gestaltet sich auch das makroökonomische Umfeld für die Börsen weniger gemütlich. Eine unbehaglichere Mischung aus nachlassender Wachstumsdynamik einerseits und anhaltendem Inflationsdruck andererseits hat für sich genommen die Wahrscheinlichkeit vorübergehender Kurskorrekturen an den Börsen erhöht. So erreichte das globale Bruttoinlandsprodukt um die Jahresmitte zwar wieder das Niveau vor der Pandemie, die Weltwirtschaft wuchs im dritten Quartal aber nur um enttäuschende 3 bis 3,25 % (annualisiert). Derweil verteuerten sich die Konsumentenpreise in den USA im Oktober im Jahresvergleich um satte 6,2%. So kräftig war die Inflation zuletzt im Jahr 1990 ausgefallen. Temporäre Sondereffekte spielen eine Rolle, jedoch nicht ausschließlich. Viele Zentralbanken – darunter die US-Notenbank Fed – haben damit begonnen, ihren seit Ausbruch der Pandemie geltenden Notstandsmodus zu verlassen.
Folgen der vierten Corona-Welle noch unberechenbar
Erstmals seit Monaten wird die vom Konjunktur- und Inflationsverlauf ausgehende Unsicherheit von Corona (& Folgen) getoppt. Die Geldpolitik bleibt im Fokus, denn die ist grundsätzlich entscheidend für das Börsenklima. Und wie wird das Gros der Anleger auf die neue Lage reagieren? Schwer vorhersehbar, aber in den nächsten Tagen genau zu beobachten! Sollte die Herde der Börsen-Bullen jetzt erschrocken das Feld verlassen, könnte der Aktienmarkt einen empfindlichen Rückschlag erleben.
Dessen ungeachtet hielt der Risikoappetit der weltweiten Profianleger bisher an, wie der jüngste „Global Fund Manager Survey“ der Bank of America bestätigte. Offenbar wird das Abwärtspotenzial im aktuellen Umfeld durch die vorherrschenden TINA-Mentalität („There is no alternative“) und FOMO-Mentalität („Fear of missing out“) begrenzt. Investoren scheinen darauf programmiert, jeden Rückschlag als Kaufgelegenheit („Buy the Dip“) wahrzunehmen. 65% der Befragten erwarten einen Aufschwung, 61% schätzen höhere Inflationsraten als vorübergehendes Phänomen ein. Gilt diese Einstellung auch für die verbleibenden Wochen des alten Jahres?
Neue Konjunktursignale In den nächsten Tagen
In der kommenden Woche sorgt eine Reihe von Konjunkturindikatoren für neue Orientierung, darunter die Stimmung der Einkaufsmanager in den USA, im Euroraum und Großbritannien. Zuletzt deuteten globale Früh- und Stimmungsindikatoren auf eine Stabilisierung der Wachstumsdynamik hin. So bleiben die Optimisten unter den Investment-Strategen hoffnungsvoll: Insgesamt erwarten wir für die kommenden Quartale zwar ein langsameres, aber immer noch über Potenzial liegendes globales Wachstum. Dies sollte die Unternehmensgewinne – als wichtiges Rückgrat der Aktienmarktentwicklung – fortgesetzt stützen, wenngleich sich das überschäumende Gewinnwachstum im Jahr 2021 vorerst nicht wiederholen dürfte und anhaltender Kostendruck eine potenzielle Belastung für die Profitmargen bliebe. Eine selektivere Auswahl der Anlageschwerpunkte in regionaler und sektoraler Hinsicht sollte sich weiterhin lohnen. Gleichzeitig sind die vorherrschenden Abwärtsrisiken im Blick zu behalten.
Droht ein neuer Lockdown?
Nicht auszuschließen, dass einige der vorliegenden Analysen und Prognosen demnächst in die Tonne müssen, weil ein neuer Lockdown oder andere Beschränkungen das Bild stark eintrüben. Fürs erste werden die Marktteilnehmer hierzulande den monatlichen Ifo-Geschäftsklimaindex beachten (am Mittwoch), der erfahrungsgemäß besondere Aufmerksamkeit findet. Man erwartet, dass er eine schwächere Konjunktur signalisieren wird.