Die Prognosen machen Hoffnung für Dax & Co.

von | 15. Mai 2023 - 08:44 | Kutzers Corner

Die Stimmungs- und Kursschwankungen an den Börsen sind ein leidiges Problem für die Anleger. Mittel- bis langfristig gesehen versprechen Aktien dennoch attraktive Wertsteigerungen. So auch jetzt.

Ich höre und lese seit Tagen zunehmend bullische Stimmen der großen Asset Manager – allerdings ohne euphorische Empfehlungen. Vor allem privaten Anlegern ist es im zweiten Quartal 2023 kaum möglich, den Durchblick zu gewinnen. Denn die zahlreichen Wirtschafts- und Unternehmensindikatoren entwickeln sich (wie befürchtet) nicht mehr im Gleichklang. Außerdem werden sie relativ kurzfristig revidiert und korrigiert. Gäbe es gerade für Börsianer nicht den Begriff „uneinheitlich“ – er müsste jetzt erfunden werden. Außerdem hat sich eine weitere Sorge bestätigt: Inflation und Zinswende sorgen dafür, dass die monetäre Politik der großen Zentralbanken weiter im Mittelpunkt steht und für börsenrelevante Spekulationsbewegungen verantwortlich ist.

Aktien und Anleihen atmen auf

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass sich die Marktanalysen und -prognosen der Profis weniger durch harte Fakten unterscheiden, sondern die unterschiedlichen Interpretationen kurzfristiger Daten widerspiegeln. Inzwischen vermehren sich auch die Konsolidierungsphasen in der Kursentwicklung. Geir Lode, Leiter des Bereichs Global Equities bei Federated Hermes, fasst die Entwicklungen der vergangenen Tage wie folgt zusammen: Die Aktien- und Anleihemärkte atmeten diese Woche kollektiv auf, als die Gesamtinflation unter den Leitzins sank, was dem angeschlagenen Finanzsektor eine Atempause verschaffte. Auch wenn diese Entwicklung nicht unbedingt eine baldige Zinssenkung ankündigt, so deutet sie doch auf eine mögliche Pause bei der Straffung der Geldpolitik hin. Sollte die Inflation weiter zurückgehen und sich als weniger hartnäckig erweisen, könnten Zinssenkungen folgen und den Weg für eine niedrigere Inflation und erschwinglichere Schulden ebnen. Dieses verbesserte makroökonomische Umfeld dürfte Aktien begünstigen, wobei Wachstumsfaktoren im Zuge der Erholung an Bedeutung gewinnen werden.

Amerikanische Schuldenprobleme ein Börsenfaktor?

Allerdings werfen die Verhandlungen über die US-Schuldenobergrenze einen Schatten auf das ansonsten eher zahme Inflationsumfeld. Das kurze Ende der Zinskurve, einst eine Bastion der Geldmarktstabilität und -sicherheit, zieht nun mehr spekulative Anleger an, da das Risiko eines Zahlungsausfalls in den USA das Risikoprofil des Geldmarktes beeinträchtigt.

Dennoch gibt sich der Londoner Anlagestratege eher zuversichtlich: Trotz der vorherrschenden Unsicherheit zeigen die jüngsten Gewinnmeldungen, dass Aktien besser gerüstet sind, dem Sturm zu trotzen, als ursprünglich erwartet wurde. Das schwierige Umfeld hat die Unternehmen zu Innovationen angespornt, um den Kostendruck abzuwehren und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Unternehmen, die sich erfolgreich an diese Bedingungen angepasst haben, können nun die Früchte ernten.

Rezession und sinkende Aktienkurse voraus?

Ähnliche Töne schlagen die Analysten von M.M.Warburg & Co. zum Ausklang der Woche an: Nach deren Interpretation lässt sich die schlechte Stimmung gegenüber den USA und dem dortigen Aktienmarkt auf den ersten Blick durchaus nachvollziehen. Viele Wirtschaftsdaten, vor allem aus der Industrie und dem Immobiliensektor, haben sich in den vergangenen Monaten abgeschwächt. Zudem haben die Schwierigkeiten einiger Regionalbanken die Sorge um eine bevorstehende Kreditverknappung geschürt. Dass Banken ihre Kreditvergabe an strengere Auflagen knüpfen, ist eine übliche Vorgehensweise in Zeiten steigender Zinsen und der gewünschte Effekt einer restriktiveren Geldpolitik.

Im Vergleich zu den Unternehmen aus der Industrie ist die Stimmung bei den US-Dienstleistern besser. Dies macht sich in einer weiterhin hohen Nachfrage nach zusätzlichen Arbeitskräften bemerkbar. Höhere Löhne bei gleichzeitig abnehmender Inflation führen dazu, dass die real verfügbaren Einkommen seit Beginn des Jahres wieder steigen, wovon der private Verbrauch, der immerhin knapp 70 Prozent der US-Wirtschaft ausmacht, profitieren sollte. Alles in allem halten wir die in diesem Jahr von vielen erwartete Rezession somit noch nicht für ausgemacht.

Ende des Zinsanstiegs wäre günstig für Aktien

Wörtlich heißt es in der Warburg-Analyse: „Auch unsere Einschätzung zum Aktienmarkt ist weniger pessimistisch als der Konsens. Zum einen zeigt die aktuelle Berichtssaison, dass die meisten Unternehmen die in sie gesetzten Erwartungen übertreffen konnten. Zum anderen bewegt sich die Inflation, wenn auch nur langsam, in die richtige Richtung, nämlich nach unten.“ Erhöht die US-Notenbank nicht weiter die Zinsen, zeigt der Blick auf frühere Zinszyklen, dass die Aktienmärkte in den Folgemonaten fast immer deutliche Gewinne verzeichnen konnten. Eine Hürde, die man als Anleger zunächst aber im Blick behalten muss, ist das politische Gerangel um die Anhebung der Schuldenobergrenze.

Zahlen sprechen für weiteren Dax-Aufschwung

Zwar ist der Mai ist auch am Aktienmarkt bislang noch kein Wonnemonat. Robuste Unternehmenszahlen und positive Gewinnperspektiven sprechen aber für eine Fortsetzung der Hausse, so die Einschätzung des Helaba Research. Seit Wochen kämpft der Dax mit der 16.000-Punkte-Marke. Dies mag auf den ersten Blick Wasser auf die Mühlen der zahlreichen Skeptiker sein. Immerhin sind gerade institutionelle Anleger noch immer unterdurchschnittlich in Aktien investiert. Vergleicht man den aktuellen Verlauf allerdings mit früheren Erholungsphasen nach Bärenmärkten (also einem Rückgang von mindestens 20 %), so zeigt sich, dass sich der deutsche Leitindex bislang exakt an den historischen Fahrplan hält.

Für eine Fortsetzung des Kursaufschwungs sprechen laut Helaba neben der verbreiteten Skepsis, die eine Kontraindikation liefert, auch und insbesondere fundamentale Faktoren. Die Quartalsberichterstattung in den USA ist inzwischen fast abgeschlossen. Auch hierzulande liegen bereits 85 % der Ergebnisse vor. Dies- und jenseits des Atlantiks konnte eine überwältigende Mehrheit der Unternehmen die Erwartungen übertreffen. Beim Dax und beim S&P 500 waren es jeweils 77 % der Indexmitglieder.

Gewinnerwartungen positiv für deutsche Aktien

Wichtiger als der Blick in den Rückspiegel ist jedoch die Entwicklung bei den Gewinnerwartungen. Beim Dax werden bereits seit längerem mehr Gewinnschätzungen nach oben als nach unten angepasst. Mittlerweile zeichnet sich auf globaler Ebene eine Trendwende bei den Gewinnrevisionen ab. Damit eröffnet sich aus fundamentaler Sicht für die kommenden Monate weiterer Kursspielraum nach oben. Dies gilt insbesondere für den Dax, der trotz des kräftigen Anstiegs seit Herbst 2022 noch immer leicht unterbewertet ist. Resümieren die Frankfurter Strategen: „Aus unserer Sicht überwiegen bei Aktien weiterhin die Chancen.“

So sehe ich das auch. Neben dem kurz- bis mittelfristig angelegten Stockpicking ist der Mai vor allem für den weitsichtigen, langfristig denkenden Privatanleger ein Kaufmonat.

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