Wie wird die Konjunktur für die Kapitalanleger?

von | 29. Jan 2024 - 08:18 | Kutzers Corner

Vergessen Sie die Tagesnachrichten, empfehle ich privaten Anlegern von Zeit zu Zeit. Denn die Flut von Informationen und Meinungen schafft mehr Unsicherheit als Klarheit. Das gilt allerdings nicht für die Lageberichte der Aktiengesellschaften.

„Geh’n Sie mit der Konjunktur“ lautet der legendäre Musiktitel des Hazy-Osterwald-Sextetts von 1960/61. Der „Konjunktur-Cha-Cha“ gilt für Börsianer aber nur mit Einschränkung. Denn die müssen sich im digitalen Zeitalter mit seinem Überangebot an Informationen jeden Tag aufs Neue fragen, welche Konjunkturanalyse die Märkte wie stark beeinflusst und welche anderen Entwicklungen noch stärker Stimmung und Kurse bewegen. Gerade seit dem Jahreswechsel bestimmt einerseits der seit 2023 aufkommende Optimismus noch weiter die Entscheidungen der Investmentprofis. Andererseits wird die Zuversicht durch belastende Einflüsse gedämpft, so dass Zweifel an der wirtschaftlichen Erholung im neuen Jahr diskutiert werden. Damit zusammen hängen auch die Spekulationen über die weitere Inflations- und Zinsentwicklung.

Die aktuellen Konjunkturerwartungen

Wie schwer es gerade Privatanlegern fallen muss, die täglichen News einzuordnen, zeigen Ausschnitte aus den Berichten der vergangenen Tage. „Alles in allem könnte die deutsche Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2024 bestenfalls stagnieren“, schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht Januar, der am Freitag veröffentlicht wurde. Damit würde sich die erwartete Erholung verzögern. „Insgesamt stellt sich die Konjunktur derzeit leicht schwächer dar als in der Dezember-Projektion erwartet. Anzeichen dafür, dass die industrielle Auslandsnachfrage ihren Tiefpunkt bereits erreicht hatte, bestätigten sich nicht“, konstatiert die Notenbank.

Erholung dürfte sich verzögern

Wie Leim klebt Deutschland derzeit wirtschaftlich an der Nulllinie, kommentiert die DZ Bank. Das zeigt auch der Ifo-Index, der zum Jahresbeginn von 86,3 auf 85,2 Punkte sinkt. Das ist ein unbefriedigender Jahresstart und für die hiesige Konjunktur kann somit keine Entwarnung gegeben werden. Sowohl die Bewertung der Geschäftslage als auch die Erwartungen für die nächsten sechs Monate haben sich verschlechtert. Die Stimmung der Unternehmen hat sich damit nach dem Rückgang zum Ende des vergangenen Jahres weiter eingetrübt. Neben den Sparmaßnahmen der Bundesregierung dürften auch die Bauernproteste und die Bahnstreiks nicht ganz unschuldig an dieser negativen Entwicklung sein. Das sorgt für eine allgemeine Verunsicherung. Die für dieses Jahr zu erwartende moderate Erholung wird sich damit wohl noch etwas verzögern.

Ifo-Institut: Exporterwartungen gefallen

Dass gerade die deutsche Wirtschaft von internationalen Entwicklungen abhängt, ist kein Geheimnis. Aktuell werfen die politischen und wirtschaftlichen Probleme Chinas ihre Schatten auf unsere Märkte. Dementsprechend hat sich die Stimmung in der deutschen Exportindustrie eingetrübt. Die Ifo-Exporterwartungen sanken im Januar auf –8,4 Punkte, von -7,1 Punkten im Dezember. „Die deutsche Exportwirtschaft startet schlechter ins neue Jahr“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. „Die Exporteure brauchen neue Impulse.“

Verbraucher sind enttäuscht

Das neue Jahr startet auch für die Verbraucherstimmung in Deutschland sehr enttäuschend: Sowohl die Konjunktur- und Einkommenserwartung als auch die Anschaffungsneigung zeigen spürbare Einbußen. Das Konsumklima geht nach dem Anstieg im Vormonat wieder deutlich zurück. Es sinkt in der Prognose für Februar 2024 auf -29,7 Punkte – das ist ein Rückgang um 4,3 Punkte im Vergleich zum Vormonat (revidiert -25,4 Punkte). Dies zeigen die Ergebnisse des GfK Konsumklimas für Januar 2024. Der Rückgang der Verbraucherstimmung fällt auch deshalb so stark aus, weil die Sparneigung zu Jahresbeginn spürbar angestiegen ist. Ein schlechterer Wert für das Konsumklima wurde zuletzt im März 2023 mit -30,6 Zählern gemessen. „Die Verbesserung des Konsumklimas im Vormonat war offenbar nur ein kurzes Aufflackern vor Weihnachten. Falls es Hoffnungen gab, dass sich die Stimmung nachhaltig erholen kann, so wurden diese im Januar wieder zunichte gemacht.“

Konjunkturaussichten pessimistischer beurteilt

Der Konjunkturaussichten für die nächsten 12 Monate werden zu Jahresbeginn ebenfalls pessimistischer beurteilt. Der Indikator Konjunkturerwartung verliert 6,2 Punkte und sinkt damit auf -6,6 Punkte. Ein geringerer Wert wurde zuletzt mit -10,3 Punkten im Dezember 2022 gemessen. Das Jahr 2023 hat die deutsche Wirtschaft mit einem kleinen Minus beim Wirtschaftswachstum abgeschlossen. So war das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes um 0,3 Prozent niedriger als 2022. Hohe Preise in nahezu allen Bereichen sowie steigende Zinsen wirkten im vergangenen Jahr dämpfend auf die Konjunktur. Auch für dieses Jahr sind die Wachstumsaussichten eher verhalten. So geht zum Beispiel das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in seiner Konjunkturprognose für 2024 ebenfalls von einer leichten Rezession aus (BIP: -0,5 Prozent).

Enttäuschungspotenzial für Aktien und Anleihen

Beat Thoma, CIO bei Fisch Asset Management in Zürich, differenziert die Einschätzung von Wirtschaft und Börsen in seiner jüngsten Analyse: Die Marktteilnehmer sind aktuell außerordentlich positiv gestimmt. Neben mehreren Zinssenkungen der US-Notenbank wird auch ein weiterer rascher Rückgang der Inflation sowie ein ‚Soft-Landing‘ der Konjunktur erwartet. Dieser Optimismus spiegelt sich auch in der Stimmung der US-Kleininvestoren wider, die ein Allzeithoch erreicht hat. Bemerkenswert ist, dass dieser positive Trend nicht nur auf die USA beschränkt ist, sondern weltweit zu beobachten ist, mit Ausnahme von China.

Nach den jüngsten Kursanstiegen an den Aktien- und Anleihenmärkten muss jedoch mit einem gewissen Enttäuschungspotenzial gerechnet werden, da bereits viele positive Entwicklungen eingepreist sind. Selbst geringfügige Abweichungen von den erwarteten perfekten Bedingungen könnten eine erhebliche Volatilität zur Folge haben. Eventuelle Marktturbulenzen dürften jedoch nur vorübergehend auftreten und lediglich zu einer stimmungsbedingten technischen Korrektur führen, die jedoch durchaus kräftig ausfallen könnte. Mittelfristig deutet alles darauf hin, dass Konjunktur, Inflation, Zinsen und die Geldpolitik auf einem gesunden Normalisierungskurs bleiben und somit ein solides Fundament für renditestarke Aktien- und Kreditmärkte im weiteren Verlauf des Jahres bilden.

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