Sachwerte werden für Anleger wertvoller            

von | 8. Apr 2024 - 08:38 | Kutzers Corner

Für die meisten Börsenprofis hat sich die Stimmungslage (noch) nicht entscheidend verändert. Aber man wird vorsichtiger und mahnt die Anleger: Aktien sind keine Einbahnstraße. Kurz- bis mittelfristig kommt es jetzt auf die selektive Einzelauswahl an.

Die Volatilität an den Aktienmärkten hat zuletzt etwas zugenommen. Dies ist ein Anzeichen dafür, dass der Aufwärtstrend der vergangenen Monate nicht einfach fortzuschreiben ist, heißt es in der neuen Analyse von Allianz Global Investors (AllianzGI). Eine erste Zwischenbilanz für die Aktienmärkte nach dem ersten Quartal fällt sehr positiv aus. Die wichtigsten Indizes konnten in den ersten drei Monaten schon so stark zulegen, dass bereits die Performance eines ganzen Jahres – oder sogar noch mehr – verbucht wurde. Damit stellt sich unweigerlich die Frage, ob man nun zumindest einen Teil der Gewinne mitnehmen sollte. Schließlich zeigen die jüngsten Kursbewegungen bei den US-Leitindizes S&P 500 und Nasdaq Composite, dass die Börse keine Einbahnstraße ist und sich nach dem rasanten Kursanstieg erste Ermüdungserscheinungen einstellen.

Unterschiedliche Wirtschaftsdaten Europa / USA

Zuletzt konnte sogar der Dax, das Börsenbarometer des vermeintlich „kranken Mannes Europas“, die US-Pendants überholen. Ein Grund hierfür dürfte im unterschiedlichen Datenmix dies- und jenseits des Atlantiks liegen: Zwar überwiegen derzeit sowohl in den USA als auch hierzulande die positiven Überraschungen bei den Konjunkturdaten. Allerdings fallen die Inflationsdaten im Euroraum noch immer niedriger aus als erwartet, während sie in den USA zuletzt die Konsensschätzungen übertrafen und damit Zweifel schürten, wann genau die Fed mit den Leitzinssenkungen beginnen wird. Gerade für die schon recht hoch bewerteten US-Indizes wären sinkende Zinsen wichtiger als für den noch immer moderat bewerteten Dax. Zudem ist auch die Anlegerstimmung in den USA bereits sehr optimistisch. Dies birgt die Gefahr negativer Überraschungen und erhöht somit die Korrekturanfälligkeit des Marktes. Einschätzung des (nicht nur von mir sehr geschätzten) AllianzGI-Strategen Hans-Jörg Naumer: „Dies bedeutet nicht, dass man sich generell von Aktien verabschieden sollte.“ Auch andere Analysten verbreiten jetzt als Handlungsempfehlung „weiterhin halten“.

Noch Spielraum für die Aktienkurse

Ich teile den vorsichtigen Optimismus. Allerdings: So einfach wie in den zurückliegenden Monaten, einfach (Teil-)Märkte zu kaufen, ist es jetzt nicht mehr. Denn das Anlageumfeld bleibt fordernd. Die Lehren aus der Vergangenheit zeigen, dass risikoreiche Anlagen, insbesondere die Aktienmärkte, in den kommenden Monaten noch Spielraum haben sollten, wenn es der Federal Reserve und anderen wichtigen Zentralbanken gelingt, eine sanfte Landung der Wirtschaft bei nachhaltig niedrigerer Inflation und einer lockeren Geldpolitik zu erreichen. Ein Scheitern in einem dieser Bereiche – sei es das Abrutschen in eine Rezession, sei es ein Wiederanstieg der Inflation oder wider Erwarten anhaltende geldpolitische Restriktionen – könnte jedoch zu merklichen Enttäuschungen führen. Die kurzfristige Stimmung an den Finanzmärkten könnte im Falle einer anhaltenden Neubewertung in Richtung einer geringeren oder späteren Lockerung der Geldpolitik bei gleichzeitig negativen Überraschungen seitens der Inflation gedämpft werden.

Empfehlungen für Aktien und Anleihen

AllianzGI hat für die nächste Zeit einige taktische Ratschläge formuliert, an denen sich kurzfristig planende Privatanleger orientieren können:

Der konstruktive Ausblick für Aktien wird durch fundamentale Faktoren gestützt, vor allem durch das vorherrschende Soft-Landing-Szenario. Mit einer zunehmenden Volatilität sollte gerechnet werden. Die Bilanzreduktion der großen Zentralbanken („Quantitative Tightening“) dürfte fortgesetzt werden. Die zwischenzeitlich an den Märkten eingepreisten Zinsschritte sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Zentralbankbilanzen weiter normalisiert werden sollten, was sich auf die Liquiditätslage auswirken dürfte. Frei von Rückschlaggefahren ist die „Hochstimmung“ also nicht. Die Bewertungen sind teilweise ambitioniert und die Aktienmärkte scheinen ein „Beste aller Welten“-Szenario einzupreisen.

Schwerpunkt auf Qualitätsaktien legen

Ein langsamer werdendes Wachstum würde sich im Gewinnbild der Firmen fortsetzen, was eine unangenehme Entwicklung in Anbetracht teilweise deutlich erhöhter Bewertungen z.B. im Bereich der Technologietitel wäre. Im aktuellen Umfeld liegt es nahe, einen Schwerpunkt auf Qualitätsaktien mit starken, idealerweise konjunkturunabhängigen Cashflows zu legen sowie auf Strategien, die ein Augenmerk auf einen stetigen Dividendenfluss haben.

Die sich bei EZB und Fed abzeichnenden Zinssenkungen lassen steiler werdende Zinsstrukturkurven erwarten. Die Risikozuschläge („Spreads“) im Unternehmensanleihe-Segment sollten vom vorherrschenden „Risiko an“-Modus unterstützt werden und von der attraktiven Mehrrendite, dem „Carry“. Wer mit einer konjunkturellen Verlangsamung rechnet, für den sollten Titel aus dem Segment bester Qualität naheliegen.

Erholung bei den Rohstoffen

Die jüngsten Markteinschätzungen Schweizer Börsenstrategen klingen ähnlich und unterstreichen dabei die langfristige Favoritenstellung von Sachwerten. Bei Swisscanto lese ich beispielsweise von attraktiven US-Aktien, Erholungsanzeichen in der Eurozone und interessanten Small Caps der Schwellenländer. Dazu kommt die Würdigung der Rohstoffmärkte: Der Bloomberg Commodity Index verzeichnete im März einen breit abgestützten Anstieg. So erholte sich beispielsweise der Ölpreis weiter. Wichtige Förderländer entschieden Anfang März, ihre Produktionskürzungen um ein weiteres Quartal bis Juni zu verlängern. Die umfangreichen Kapazitätsreserven dürften das Aufwärtspotenzial beim Rohölpreis zwar begrenzen, die anhaltenden Produktionskürzungen werden den Markt aber bis in den Sommer hinein knapphalten und zusammen mit der besser als erwarteten globalen Nachfrage den jüngsten Preisanstieg stützen. Auch der Kupferpreis konnte im März zulegen. Große chinesische Kupferhütten verständigten sich Mitte des Monats darauf, ihre Schmelzkapazitäten zu drosseln. Seither gab der Preis für das Industriemetall allerdings etwas nach. Für eine anhaltende Erholung bedarf es wohl noch einer Verfestigung des Wachstums der Weltwirtschaft und sinkender Lagerbestände bei den großen Lagerhäusern.

Ich bleibe dabei: Neben Aktien und Edelmetallen gehören Industrierohstoffe in jedes gut gemischte Portfolio mit langfristiger (= mehrjähriger) Ausrichtung.

Ab Frühjahr: Unser Rohstoff-Newsletter

Jetzt schon anmelden und auf dem Laufenden bleiben!

Rohstoff.net Newsletter
Jetzt anmelden und auf dem Laufenden bleiben!

Für den Versand unserer Newsletter nutzen wir rapidmail. Mit Ihrer Anmeldung stimmen Sie zu, dass die eingegebenen Daten an rapidmail übermittelt werden. Beachten Sie bitte auch die AGB und Datenschutzbestimmungen.