Endspurt der Börsen im letzten Quartal möglich

von | 2. Okt 2023 - 09:08 | Kutzers Corner

Die Märkte wackeln. Für das jetzt beginnende vierte Quartal sehen Investmentstrategen aber die Chance auf festere Kurse. Was können Anleger tun? (Fortsetzung der letztwöchigen Kolumne).

Die das Tagesgeschehen beherrschenden Themen bleiben die gleichen. Zu positiven Ergebnissen gelangen die Analysten der DZ BANK. Stichwort Inflation: Der preistreibende Basiseffekt entfällt und verlangsamt die Teuerung spürbar. Im Vergleich zum Vorjahresmonat haben die Verbraucherpreise im September nur noch um 4,5 Prozent zugelegt. Im August betrug die Inflationsrate noch 6,1 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Ausschlaggebend für den spürbaren Rückgang der Teuerungsrate waren Basiseffekte durch die staatlichen Kompensationsmaßnahmen 9-Euro-Ticket und Tankrabatt von Juni bis August 2022. Mit dem Wegfall dieses Basiseffekts fällt der Preisdruck im Vorjahresvergleich nun geringer aus.

Grundsätzlich dürfte die Inflation in den kommenden Monaten weiter nachlassen, glauben die Asset Manager. Das liegt auch daran, dass sich Güter und Dienstleistungen wegen der konjunkturellen Flaute nicht mehr so stark verteuern. Der zuletzt gestiegene Rohölpreis stellt aber ein Risiko dar und könnte den kontinuierlichen Inflationsrückgang bis zum Jahresende verlangsamen.

Chance auf Endjahres-Rally weiter da

Was heißt das für die Börse? Pessimisten halten die aktuelle Aktienmarktbewegung für den Beginn eines Bärenmarkts. Dagegen die DZ Bank-Analysten: „Wir sehen in der jüngsten Misere aber nur eine gewöhnliche Korrektur nach einem unerwartet erfolgreichen Börsenjahr. Eine echte Panik wie beim Bankenbeben im März gibt es nicht, dafür ist die Nachfrage für Kursabsicherungsgeschäfte am Terminmarkt zu gering. Trotzdem sind einige Parallelen zu den übertriebenen Anlegersorgen aus dem vergangenen Jahr nicht zu übersehen.“ Von den brennenden Krisenherden Energie, Zinsen und China stehen die beiden letzten weiter im Vordergrund und drücken die Anlegerstimmung auf ein neues Tief.

Der ökonomische Meltdown ist aber bisher ausgeblieben und die Resilienz der Unternehmensgewinne in den Blue Chip Indizes wird immer noch verdrängt. Deshalb heißt es zusammenfassend: „Wir sehen weiterhin gute Gründe, investiert zu bleiben und nicht zu verkaufen. Die US-Konjunktur schlägt sich wacker und bei den chinesischen Wirtschaftsdaten gab es jüngst die ersten positiven Überraschungen. Higher for longer mit Blick auf eine strikte Geldpolitik steckt in den Aktienkursen bereits drin.“

Viertes Quartal traditionell stark

Last but not least hat der Monat September den Ruf, traditionell der schlechteste Börsenmonat zu sein. Das vierte Quartal ist dagegen historisch gesehen das beste im Jahr. Somit wieder nur „ein bisschen Horrorshow“ am Aktienmarkt, die Chance auf eine Endjahresrally ist weiterhin mehr als da.

Welche Aktien sind besonders interessant?

Geir Lode, Head of Global Equities bei Federated Hermes, konkretisiert in seinem Wochenbericht Chancen am Aktienmarkt wie folgt: Die anhaltende Inflation und die über den Erwartungen liegenden Zinssätze steigern die Attraktivität von Value-Titeln und erweitern somit den Markt. Die Erwartung einer niedrigeren Inflation in Verbindung mit einem wachsenden Optimismus für Titel, die im Bereich der künstlichen Intelligenz angesiedelt sind, hat dazu geführt, dass eine kleine Anzahl größerer Growth-Titel den Markt beflügelt hat. Vor dem derzeitigen makroökonomischen Hintergrund werden die Zinsen wahrscheinlich länger höher bleiben, als die Anleger erwarten. In einem Umfeld steigender Zinsen erscheinen Aktien mit starken Cashflows und attraktiven Bewertungen spannend. Nachhaltige Aktien sind ebenfalls auf ein Niveau gesunken, das seit fünf Jahren nicht mehr erreicht wurde. Aktien mit attraktiven Bewertungen, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind, erscheinen daher in diesem Markt sehr interessant.

Stockpicking bleibt angesagt

Soweit die Stimmen aus dem eher bullischen Börsenlager. In aller Regel beziehen sich die Aussagen und Prognosen der Profis auf eine kurz- bis mittelfristige Perspektive, also auf mehrere Monate. Sie sollten sich selbst prüfen, geschätzte Privatanleger, ob Sie einen solchen Zeitabschnitt anstreben möchten. Wer will und kann, sollte sich mit dem Stockpicking beschäftigen, denn die Börse reagiert schon seit langem auf unternehmensspezifische Nachrichten. Und das unabhängig von der Tagestendenz insgesamt.

Viele Anleger fragen sich jetzt auch, ob man an schwachen Tagen seine Aktienpositionen durch zusätzliche Käufe auf niedrigerer Kursbasis „verbilligen“ sollte. Dieses „Nachkaufen“ kann erfolgreich sein – kann. Es ist aber gefährlich, wie Statistiken belegen. Denn niemand kann wissen, wie weit eine Aktie noch fällt. Deshalb unterscheide ich schon seit vielen Jahren sprachlich zwischen „Verbilligen“ und „Nachkaufen“. Letzteres macht erfahrungsgemäß Sinn. Ein Beispiel: Man hat eine Aktie zu 100 Euro erworben in der Hoffnung, dass sie fester tendiert. Nach einiger Zeit ist sie auf 120 Euro gestiegen und wird weiter positiv beurteilt. Dann kann man „nachkaufen“ und so mit frischem Geld eine richtige frühere Entscheidung bestätigen. Ich weiß, dass dieses Thema mitunter leidenschaftlich diskutiert wird. Nur: Werfen Sie kein gutes Geld dem schlechten hinterher, bestätigen Sie also nicht frühere Fehlentscheidungen durch Verbilligen!

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