Die Börsen bleiben unsicher und wacklig

von | 22. Apr 2024 - 08:35 | Kutzers Corner

Was wird die Börsen im weiteren Verlauf von 2024 bewegen? Anleger warten bisher vergeblich auf überzeugende Antworten. Denn das Umfeld der Märkte wird weiter von Fragezeichen bestimmt.

Sie haben sicher im Laufe des ersten Quartals erkannt, geschätzte Anleger, dass die Börsen volatiler werden, aber (bisher) keine nachhaltige Schwäche erleben. Wie erwartet reißt die Diskussion über den geldpolitischen Kurs der führenden Notenbanken nicht ab. Andererseits nehmen die Sorgen über die geopolitischen Gefahren zu, ohne zum entscheidenden Stimmungsfaktor zu werden. Überrascht mögen nicht wenige Anlagestrategen sein, dass sich das Konjunkturbild jetzt schon aufzuhellen scheint. Deshalb und wegen der deutlich sinkenden Inflation werden von einigen Investmentmanagern inzwischen die Kursziele bis Jahresende nach oben korrigiert.

Weiterer Rückgang der Inflation

Unterstützt werden die Börsenoptimisten durch einige neue Statistiken, wie sich auch in der vergangenen Woche gezeigt hat. Wirtschaftsexperten aus aller Welt erwarten einen Rückgang der Inflationsraten in den kommenden Jahren. Das geht aus dem Economic Experts Survey hervor, einer vierteljährlichen Umfrage des Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik. Demnach wird die Inflationsrate im Jahr 2024 weltweit 4,6 Prozent erreichen, im kommenden Jahr dann 4,4 Prozent und 2027 noch 4,0 Prozent. In Deutschland werden für dieses Jahr 3,1 Prozent erwartet, in Österreich 4,2 und in der Schweiz 1,8 Prozent. „Im Vergleich zum vorherigen Quartal sind die Inflationserwartungen für dieses Jahr erneut gesunken“, sagt Ifo-Forscher Niklas Potrafke. Dann folgt die Einschränkung: „Doch gehen die Experten in der mittleren Frist von weiterhin recht hohen Inflationsraten weltweit aus, die über den Inflationszielen der Zentralbanken liegen.“ 

Frühjahrsvolatilität am Aktienmarkt

Und der Börsentrend? Schwankungen am Aktienmarkt können jederzeit, ohne Vorwarnung, aus jedem Grund oder einfach grundlos auftreten. „Gerade aktuell sind sie moderat spürbar, nachdem der amerikanische S&P 500 seit Längerem wieder zwei Tage in Folge um mehr als ein Prozent gefallen ist und die ersten Anleger verunsichert reagieren“, beschreibt Thomas Grüner, Gründer von Grüner Fisher Investments, die derzeitige Situation. Seine aktuelle Marktanalyse enthält zugleich wichtige grundsätzliche Börsenerfahrungen, die ich im Folgenden auszugsweise zitiere:

Volatilität sei normal und doch schwer auszuhalten. Wenn diese komme, helfe es, historische Kontexte zu betrachten. „Nein, Geschichte wiederholt sich nicht perfekt. Aber es ist wahr, dass es kaum etwas gibt, was für Aktien wirklich beispiellos ist. Wenn man sieht, wie die Märkte in der Vergangenheit mit Themen dieser Art umgegangen sind, können das Vertrauen in die Widerstandsfähigkeit von Aktien gestärkt und die Berechnung von wahrscheinlichen Szenarien vereinfacht werden“, erklärt Grüner.

Zinsniveau ist nicht das Problem

Beispielhaft könne man die Sorgen um höhere Zinsen überdenken. Betrachte man das aktuelle Zinsniveau, so sei es im historischen Kontext relativ moderat. „Die durchschnittliche Fed Funds Rate der amerikanischen Federal Reserve lag seit 1971 bei 4,92 Prozent. Das aktuelle Niveau von 5,25 Prozent bis 5,5 Prozent ist nahe dran. In den letzten 50 Jahren konnten Aktienmärkte sich jedoch hervorragend entwickeln und seit der ersten Zinserhöhung sind die globalen wie auch die amerikanischen Aktienmärkte gestiegen und nicht gefallen.“ Die Investitionstätigkeit der Unternehmen sei genauso wenig vernichtet worden wie der Konsum der privaten Haushalte. „Die Welt kann sehr gut mit dem aktuellen Zinsniveau umgehen.“

Die Weltwirtschaft passt sich an

Sowohl in den 1980er-Jahren als auch den 1990er-Jahren hätten die Zinsen mindestens genauso hoch wie heute gelegen. „Und ähnlich wie in der aktuellen Phase wusste die Gesellschaft sehr wohl, wie man mit teurerem Geld umgehen muss. Die Wirtschaft wurde nicht zum Stillstand gebracht. Der längste Bullenmarkt der Geschichte wurde nicht verhindert. Und auch heute wächst die globale Wirtschaft trotz höherer Zinsen weiter. Die Konsumenten haben das Wachstum getragen und mittlerweile gibt es vermehrt Anzeichen, dass mehr Unternehmen ihren vorsichtigen Pfad verlassen und zurück in die Offensive gehen, nachdem sie sich zwei Jahre auf eine globale Rezession vorbereitet hatten, die nie kam“, ordnet Grüner die Situation ein. Die hohen Zinsen würden aktuell nicht dafür sorgen, dass der Wirtschaft das Kapital ausgehe. Es falle den Menschen schwer, dies zu begreifen, aber die Märkte seien im Allgemeinen recht gut darin, den Lärm zu durchschauen – selbst wenn die Nachrichten kurzfristig die Stimmung trübten.

Wenn Bärenmärkte befürchtet werden

Bärenmärkte beginnen grundsätzlich nicht, wenn alle Anleger in höchster Alarmbereitschaft sind und davor warnen, dass jedes scheinbar negative Ereignis große Auswirkungen haben könnte. Diese Befürchtungen werden eingepreist, wodurch die Erwartungen nach unten korrigiert werden und es einfacher wird, dass die Realität nach oben überrascht“, erklärt Grüner. Nichts von alledem schließe jedoch eine Korrektur aus – einen scharfen, von der Stimmung getragenen Rückgang von 10 bis 20 Prozent. Eine solche Korrektur sei jederzeit möglich, doch ende sie in der Regel genauso schnell, wie sie begonnen habe. „Und da Korrekturen von der Stimmung abhängen, ist der Versuch, sie zu timen und zu umgehen, in der Regel eine vergebliche Übung. Meistens riskiert man, nach einem Kurssturz zu verkaufen und erst nach der Erholung wieder zu kaufen. Vermeiden Sie das“, empfiehlt Grüner.

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