Mutige Anleger finden auch jetzt noch viele Varianten

von | 24. Nov. 2025 - 08:16 | Allgemein

Die Lage an den internationalen Finanzmärkten bleibt unscharf. Dementsprechend gibt es kaum neue Empfehlungen der Profis.

Auf der Suche nach aktuellen Anlagezielen werde ich mangels neuen Aktienempfehlungen häufiger nach attraktiven Märkten und Einzelwerten gefragt. Anlagebereitschaft ist also nicht nur bei den institutionellen Investoren, sondern auch auf der privaten Seite nach wie vor vorhanden. Die Qual der Wahl bleibt aber bei Ihnen, geschätzte Leser.

Für die Profis gibt es keine alle anderen Branchen überragenden Favoriten. Aktien stehen weiter auf den Kauflisten – nur welche? Trotz der gravierenden amerikanischen Sorgen bleiben viele Investmentmanager der Wall Street treu, obwohl sie inzwischen Europa bzw. europäische Teilmärkte entdeckt haben. Zugleich gilt asiatischen Börsen zunehmende Aufmerksamkeit, zum Beispiel Indien. Nach wie vor stehen die Tech-Aktien weiter im Vordergrund – KI sorgt für die meisten Schlagzeilen.                              

Streuung bleibt erfolgversprechendes Kriterium   

Wer in den vergangenen zehn Jahren im MSCI World investiert war, hat nichts falsch gemacht. Der Weltindex hat in diesem Zeitraum – in Euro gerechnet – 11,85 Prozent pro Jahr zugelegt. Ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. „Und mit dem das angelegte Kapital deutlich an Wert gewonnen hat“, urteilt Klaus Porwoll, Inhaber der unabhängigen Berliner Honorar-Finanzberatung PecuniArs, schränkt aber auch ein: „Dennoch ist es zu kurz gedacht, wenn jemand ausschließlich in den MSCI World investiert und nur damit ein Vermögen aufbauen will.“

Vorsicht: Hohe US-Abhängigkeit

Einer der wichtigsten, ganz grundsätzlichen Ratschläge für Anleger ist es, bei der Geldanlage auf eine gute Diversifikation zu achten. „Zwar bietet der MSCI World mit seinen etwa 1.320 Titeln aus 23 Industrieländern auf den ersten Blick schon eine gute Streuung“, erklärt der Anlageprofi. „Dennoch hat er auch seine Schwächen.“ So kommen US-Aktien in dem wohl bekanntesten Weltaktienindex derzeit auf einen Anteil von mehr als 72 Prozent. Und die zehn größten Werte – alle aus den USA – machen über 27 Prozent aus. „Ohne Frage haben Anleger in Europa in den vergangenen Jahren von der starken Wertentwicklung der Mega-Konzerne aus dem Technologiebereich profitiert, aber auch von einem starken Dollar“, so Porwoll weiter. „Dass wieder andere Zeiten kommen, ist nicht unwahrscheinlich.“

Die Währungsentwicklung berücksichtigen

Eine Kehrtwende ist bereits vollzogen. Für Anleger aus dem Euroraum schmälert das die Rendite erheblich. So legte der MSCI World in US-Dollar gerechnet seit Jahresbeginn bis Ende September zwar fast 18 Prozent zu, in Euro waren es aber nur 3,5 Prozent. Deshalb empfiehlt der erfahrene Berliner Honorarberater Anlegern, in einem gut diversifizierten Aktienportfolio zum Beispiel auch die Schwellenländer, die im MSCI World Index nicht enthalten sind, sowie Nebenwerte zu berücksichtigen.

Gerade Nebenwerte sind interessant. „Auch wenn es aktuell gar nicht so aussieht und die derzeitige Outperformance der großen Werte schon sehr lange andauert, gab es im Laufe der Zeit immer wieder Phasen, in denen Nebenwerte deutlich besser liefen als ihre Large-Cap-Pendants“, erklärt Porwoll. Dass sie in einer sehr langfristigen Betrachtung sogar besser abschneiden, hat einige Gründe: Kleinere Firmen sind oft in strukturell wachsenden Nischenmärkten tätig und dort häufig führend. Sie gelten als flexibler und können sich deshalb auf ein verändertes Umfeld schneller einstellen. Oft handelt es sich um familiengeführte Unternehmen, die eine eher langfristige Sichtweise einnehmen und kurzfristig eher risikoavers sind.

Kaum Beachtung für Nebenwerte

Und noch einen Vorteil bieten Nebenwerte: Für große Konzerne, die stark gewachsen sind und eine höhere Ausgangsbasis haben, wird es im Laufe der Zeit immer schwieriger, ihre hohen Wachstumsraten aufrechtzuerhalten. Bei kleineren Unternehmen, die geringe Umsätze und Gewinne aufweisen, war das Wachstum historisch deshalb dem von Large Caps oftmals überlegen. „Interessant ist außerdem, dass sich die Medien, die Investoren und die Analysten tendenziell eher mit den großen Konzernen beschäftigen, weshalb es im Small-Cap-Bereich immer wieder Perlen gibt, die nicht beachtet werden und sich dann sehr stark entwickeln. Irgendwann werden sie dann auch zu Large Caps und zum Bestandteil der großen Standardindizes.

Aus all diesen Gründen heraus lohnt es sich grundsätzlich Nebenwerte im Portfolio zu berücksichtigen. Dazu könnten sie aber auch aktuell nach Ansicht des Anlageexperten eine ganz besondere Chance bieten. „In den vergangenen Jahren sind Nebenwerte sowohl hierzulande wie auch in Europa und den USA klar hinter den Standardwerten zurückgeblieben“, erklärt Porwoll. In Deutschland zum Beispiel hat sich der Dax in den vergangenen drei Jahren fast verdoppelt, der MDax liegt im gleichen Zeitraum mit gerade Mal rund 33 Prozent im Plus.

Edelmetalle bleiben interessant

In einem Punkt sind sich die Investmentstrategen weitestgehend einig: Edelmetalle sollten gestern wie heute zu den Anlagefavoriten gehören. Das bestätigt auch eine neue Analyse von Edgar Walk, der Chef-Volkswirt der Metzler Asset Management.

Der Goldpreis verzeichnete 2025 eine rasante Wertentwicklung und legte in US-Dollar um mehr als 50 Prozent zu. Interessanterweise kauften die globalen Zentralbanken dennoch nicht nennenswert mehr Gold als in den Vorjahren seit 2022. Seit dem Einfrieren der russischen Devisenreserven 2022 erwarben die Zentralbanken weltweit etwa 1.000 Tonnen Gold pro Jahr. In den Jahren zuvor waren es etwa 500 Tonnen pro Jahr. Das Kaufvolumen beschleunigte sich somit seit 2022 nicht, sondern blieb mehr oder weniger konstant erhöht im Vergleich zu vor 2021.

Im Gegensatz dazu beschleunigte sich die Nachfrage der Anleger erheblich von noch etwa 1.200 Tonnen 2024 auf voraussichtlich 2.100 Tonnen in diesem Jahr. Die Rally am Goldmarkt ist also durch die starke Nachfrage von privaten und institutionellen Anlegern getrieben. Für den Ausblick ist es ganz entscheidend, den Grund für das Kaufverhalten zu identifizieren. Kaufen die privaten Wirtschaftsakteure Gold als Schutz vor Inflation oder kaufen sie Gold als sicheren Hafen?

Eine Narrativanalyse zeigt, dass Gold überwiegend als sicherer Hafen gekauft wird vor dem Hintergrund der hohen Staatsverschuldung. Die aggregierte Staatsverschuldung der entwickelten Volkswirtschaften hat den höchsten Wert seit den napoleonischen Kriegen Anfang des 19. Jahrhunderts erreicht. Zudem prognostiziert der Internationale Währungsfonds für nahezu alle Länder staatliche Primärdefizite in 2026. Das heißt, die Staatsverschuldung dürfte sogar weiter steigen. Damit dürfte Gold auch 2026 nicht an Attraktivität verlieren.