Wenn das Kapital für die Anleger arbeitet

von | 28. Apr. 2025 - 08:55 | Kutzers Corner

Kann man (besser: sollte man) jetzt langfristig Aktien kaufen – trotz der abschreckenden Krisen in Wirtschaft und Politik? Ein klares Ja, wenn man die Qualität der Dividenden schätzt.

Unter den zahlreichen Strategien der Geldanlage gehört die die Dividendenorientierung zu den Favoriten. Wer ein hohes Maß an Sicherheit anstrebt und betont langfristig anlegen will, sollte Dividendenaktien als ein Kerninvestment betrachten. Dazu gibt es immer wieder entsprechende Studien. Ich begleite seit Jahren die Untersuchungen von Allianz Global Investors (AllianzGI). Daraus seien im Folgenden wesentliche Ergebnisse zitiert.

Die demografischen Einflüsse

 Kapitaleinkommen gewinnt immer mehr an Attraktivität. In einer Zeitphase, in der die Menschen, vor allem in den Industriestaaten, immer älter werden und immer weniger Erwerbstätige zur Verfügung stehen, drängt es sich geradezu auf, dass Arbeitseinkommen durch Kapitaleinkommen ergänzt wird. Welchen Beitrag Dividenden dazu leisten können, darum geht es in der Studie „Kapitaleinkommen – die Zeit ist reif Demographie:“ Mehr als 8 Mrd. Menschen leben auf unserem Planten Erde. 10,4 Mrd. Menschen sollen es im Jahr 2100 nach der Bevölkerungsprognose (mittlere Variante) der Vereinten Nationen von 2022 sein. Das Interessante dabei: Die Weltbevölkerung wächst, aber die Zuwächse werden immer geringer, während die Menschen immer länger leben. Die Weltbevölkerung wird insgesamt älter.

Während das Arbeitskräftepotenzial zurückgeht, kommen die smarten Maschinen gerade richtig, um dies aufzufangen. Zeit also, über Kapitaleinkommen nachzudenken, welches das Arbeitseinkommen ergänzt. „Roboter“ und „Demographie“ sprechen dafür. Dabei fällt auf, dass gerade die Altersbezüge in einigen Ländern der Welt von dem Einkommen aus der gesetzlichen Rente dominiert werden.

Unterschiedliche Kapitaleinkommen

Kapitaleinkommen kann sich dabei aus unterschiedlichen Quellen speisen wie z. B. Zinsen aus Bankeinlagen oder Kupons, die auf Anleihen bezahlt werden, oder Dividenden, die auf Unternehmensbeteiligungen (= Aktien) ausgeschüttet werden. Zinsen und Kupons sind der einfachere Part. Wer z. B. eine Anleihe hält, weiß direkt, welche Zahlung er darauf p. a. erwarten kann. Das ist einfach. Der Nachteil ist nur: Gerade in einer Phase der Zinswende, in der die großen Zentralbanken der Welt bereits begonnen haben, ihre Leitzinsen nach unten zu schleusen, gehen auch Bankzinsen und Kupons mit nach unten. Die nominalen Zahlungen sinken. Davon muss noch die Inflation berücksichtigt werden.

Dividenden als Renditebestandteil

Und die Aktien? Dividenden haben einen – oft unterschätzten – Anteil an der Gesamtrendite einer Aktienanlage Die Gesamtrendite (gemessen jeweils am Performanceindex) der jeweiligen Benchmarks wird zum Teil sehr deutlich getragen von den Dividenden. Anders als beim Kursindex werden beim Perfomanceindex die Dividenden nicht ausgeschüttet, sondern reinvestiert. Dadurch kommt es bei der Wiederanlage zu einem Zinseszinseffekt, der ja auch erwünscht ist. Der Beitrag, den Dividenden zur Gesamtrendite leisten, wird noch einmal deutlich, wenn statt der Gesamtrendite die Entwicklung der Indizes, einmal mit und einmal ohne Reinvestition, betrachtet wird.

Wenngleich sich die Vergangenheit niemals exakt wiederholt, so ist es dennoch interessant, genauer zu beleuchten, welchen Renditeanteil Dividenden in der Vergangenheit bei Aktieninvestitionen hatten. Sie halfen die Gesamtperformance in Jahren negativer Kursentwicklung zu stabilisieren.

Über den gesamten Zeitraum der letzten 40 Jahre wurde die annualisierte Gesamtrendite der Aktienanlage für den MSCI Europa zu knapp 39 % durch den Performance-Beitrag der Dividenden getragen. In Nordamerika (MSCI Nordamerika) bzw. Asien-Pazifik (MSCI Pazifik) wurde die Gesamtperformance zu knapp 22 % bzw. etwas mehr als 41 % durch die Dividende bestimmt.

Gerade wenn es um Kapitaleinkommen aus Dividenden geht, ließe sich also mittels einer entsprechenden Dividendenstrategie die Dividendenrendite durch Titelselektion optimieren, wodurch der Renditeanteil von Dividenden am Gesamtergebnis steigen kann.

Dividendenpolitik der ruhigen Hand

Dabei ist es interessant, dass die Firmen selbst zu einer sehr stetigen, wenn nicht sogar auf Anhebung orientierten Dividendenpolitik neigen. Die Dividenden selbst schwanken weniger als die Konzerngewinne. Ein Vergleich von Dividenden und Gewinnen der Indexmitglieder des S&P 500 von Anfang 1974 bis Ende 2024 zeigt, dass die Unternehmensgewinne über die untersuchten Dekaden hinweg weitaus größeren Schwankungen („Volatilität“) unterworfen waren als die Dividenden. Auch die Preise für die Aktien, also deren Kurse, schwankten deutlich stärker als die Dividenden.

Es gilt die Faustregel: Dividenden schwanken deutlich weniger als die Konzerngewinne und auch deutlich weniger als die Aktienkurse selbst. Sie können per Definition auch nicht negativ werden, sondern im schlechtesten Fall nur ausfallen. Durch ihre stetige Entwicklung und ihren merklichen Anteil an der Gesamtrendite eignen sich Dividenden, um damit ein zusätzliches Einkommen aus Kapital zu erzielen. Ein zusätzliches Kapitaleinkommen also, das dann z. B. für die Ausbildung der Kinder („Großeltern-Bafög“), als zusätzliches Urlaubsgeld oder für die dritte Lebensphase genutzt werden kann.