Versucht man die jüngsten Prognosen namhafter Börsenprofis auf einen Nenner zu bringen, kommt neben dem insgesamt vorsichtigen Optimismus eine Favorisierung Amerikas heraus.
Nach dem unerwartet guten Aktienjahrgang 2024 stellt sich für professionelle und private Anleger inzwischen die Frage, ob 2025 eine Fortsetzung bringen wird. Die Antworten sind naturgemäß spekulativ. Ich gehe allerdings davon aus, dass die maßgeblichen Einflussfaktoren weiter dominieren werden – also Inflation / Zinsen und Politik. Die fundamentalen Konjunkturdaten sollten dagegen nicht im Vordergrund stehen. Alle (!) Akteure blicken jetzt noch intensiver über den großen Teich. Dennoch bleibe ich dabei, dass es unverändert sinnvoll ist, wenn Sie, geschätzte Privatanleger, Ihre Investments breit und über mehrere Anlageklassen streuen.
US-Märkte bestimmen den Trend
Weiterhin bleibt vom Jahr 2024 vor allem eins im Gedächtnis: die Dominanz der USA auf den globalen Aktien- und Währungsmärkten – „America First“ nicht nur als Motto der neuen US-Regierung, sondern auch der globalen Kapitalanleger. Schaut man sich die im letzten Jahr üppig ausgefallenen Zuflüsse in die Vermögensklasse Aktien an, so entfällt ein sehr großer Anteil (fast 75 %) auf US-Aktien. Innerhalb des US-Aktienmarktes haben die viel beschriebenen „Glorreichen Sieben“, also die bekannten Plattform-Konzerne aus dem Technologie-Umfeld, erneut eine große Portion der Indexsteigerung und der Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dazu erläutern die Strategen von Allianz Global Investors: „Diese Sonderstellung konnten sie im Wesentlichen durch eine dem Gesamtmarkt überlegene Gewinnentwicklung untermauern, allerdings sind auch ihre Bewertungskennziffern zuletzt merklich gestiegen.“
Weiter heißt es in einer aktuellen Analyse: Die Erwartungshaltung an den US-Aktienmarkt als globales Zugpferd aller risikobehafteten Vermögensklassen ist also hoch und zuletzt gestiegen. Kernszenario für die wirtschaftliche Entwicklung ist weiter eine Kombination aus auskömmlichem Wachstum in der Nähe der Normalauslastung und sinkender Inflationsraten. Die Erwartung an die S&P 500-Gewinne liegt mit 15 % auch nicht gerade im bescheidenen Bereich, bei ca. 6 % Umsatzwachstum müssten die Gewinnmargen weiter historisch hoch bleiben, damit die Rechnung aufgeht.
Aber auch Enttäuschungspotenzial
Politisch kann die Erwartungshaltung etwas ausgeglichener bezeichnet werden: neben hilfreichen Themen wie Steuersenkungen und Deregulierung wird auch lebhaft über deutlich steigende Zölle sowie die Einwanderungspolitik diskutiert. Das Fazit für die US-Märkte 2025 aus Sicht von AllianzGI lautet: Hoher Zuspruch, hohe Erwartungen, aber auch erhöhtes Enttäuschungspotenzial.
Andere Messlatte für Europa
Ganz anders dagegen die Ausgangslage für weite Teile der übrigen Welt: Gerade für die Eurozone liegt die 2025er Messlatte tief: Der Konsens erwartet ein Wirtschaftswachstum um 1 %, und für die Gewinne der im Eurostoxx50 enthaltenen Unternehmen wird ein Wachstum von ca. 7 % gesehen – das bedeutet, die Gewinne müssten nur halb so stark wachsen wie in den USA, um die Erwartungen zu erfüllen. Politische Unabwägbarkeiten in Frankreich und Deutschland werden dabei bereits vorausgesehen.
Gar nicht so verschieden von Europa stellt sich die Situation in China dar: Die bekannten Probleme wie Konsumschwäche und Immobilienmarkt dürften sich kaum von selbst lösen, Erwartungen und Bewertungen sind aber ähnlich gedämpft wie in Europa. Möglicherweise gilt: je stärker die Repressionen durch die neue US-Regierung auf der Handelsseite, je mehr dürften Unterstützungsmaßnahmen von Seiten der inländischen Wirtschaftsplaner zu erwarten sein.
Die Bedeutung der Inflation
Die Einschätzung der geschätzten Allianz Global Investment Strategen sieht zusammengefasst wie folgt aus: Die globalen Aktienmärkte dürften sich am Zusammenspiel von Wachstum und Inflation orientieren, dabei sollten vorwiegend die US-Daten beachtet werden. Je beständiger das Wachstum und je sanfter die Inflation, desto erfreuter dürften Anleger reagieren. Gängige Wachstumsindikatoren für die USA geben zum Jahresstart weiterhin positive Signale. Auf der Inflationsseite gibt es dagegen Fragezeichen: US-Daten signalisierten zuletzt ein Einpendeln der Inflationsraten deutlich näher an 3 % als am Inflationsziel von 2 %. Dies könnte weitere Zinssenkungen der US-Notenbank Federal Reserve verzögern oder sogar ganz ausfallen lassen.
Regional läuft die Entwicklung der Aktienbewertungen stark auseinander: Während sich in den USA einige Bewertungskennzahlen historischen Höchstständen annähern, befinden sich die Bewertungen für Europa und China auf oder sogar leicht unter historischen Durchschnitten. Das verschiebt das längerfristige Chance- / Risiko-Verhältnis zugunsten der Nicht-US-Aktienmärkte. Ähnliche Tendenzen verstärken sich auch innerhalb des Aktienmarktes: Vernachlässigte Bereiche wie Substanz- oder Nebenwerte weisen sehr günstige Bewertungen auf, während in Wachstums- und vor allem Technologiewerte hohe Erwartungen eingepreist werden.
Anleihen zur Portfolio-Absicherung
Der ausbleibende Fortschritt beim Absenken der Inflationsraten in den USA hat auf den Anleihemärkten zuletzt entsprechend seinen Widerhall gefunden. Anleiherenditen in den USA, aber auch in Europa sind merklich gestiegen. Damit steigt die Attraktivität für Anleihen als Portfolio-Absicherung gegenüber unvorhergesehenen Risiko-Ereignissen. Ein höherer und unsichererer Inflationspfad erschwert aber den Kaufkrafterhalt. Dieser bleibt zum Beispiel mit zehnjährigen deutschen Bundesanleihen weiter unsicher.
Im Kielwasser robuster Aktienmärkte bleiben die Risikoaufschläge („Spreads“) für Unternehmensanleihen historisch gering. Das bedeutet, dass Anleger wenig Sorge vor einer Verschlechterung der Kreditqualität von Unternehmen haben und die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten störungsfrei läuft. Die Prämie, die Anleger für das Kreditrisiko zusätzlich zu Staatsanleihen verdienen können, fällt aber entsprechend mager aus.
Aktien & Gold bleiben Favoriten
Zu guter Letzt: Wer von Ihnen wirklich langfristig investiert (mindestens fünf bis zehn Jahre), sollte vor diesem Hintergrund unverändert den Kern seiner Anlagen auf Sachwerte legen. Dabei bietet sich auch die „Core-Satellite-Strategie“ an – Aktien (oder Aktien & Gold) als Schwerpunkte wählen und andere Anlageklassen mit geringerem Anteil und höheren Risiken drumherum.