Die USA steigen erneut aus dem Pariser Klimaabkommen aus – welche Folgen könnte das für die globale Energiewende und die damit verbundene Rohstoffnachfrage haben?
Die globale Erwärmung begrenzen, Emissionen senken und Klimaneutralität anstreben: Das 2015 geschlossene Übereinkommen von Paris gilt als Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel. Doch mit den USA kehrt die bedeutendste westliche Wirtschaftsmacht und einer der größten Verursacher von Treibhausgasen der Vereinbarung den Rücken – und dies bereits zum zweiten Mal. Per Dekret hat der neue Präsident Donald Trump am 20. Januar, also noch am Tag seiner Amtseinführung, den Austritt in die Wege geleitet. Als Begründung nannte er wirtschaftliche Nachteile und eine unfaire Belastung der amerikanischen Industrie, wie schon 2017, als das Land unter seiner Führung erstmals diesen Schritt ging. Mit dem erneuten Austritt würden die USA neben Iran, Jemen und Libyen zu den wenigen Staaten gehören, die sich nicht an der Vereinbarung beteiligen.

Die USA und das Pariser Klimaschutzabkommen: Eine kleine Chronik.
Welche Folgen hat der Ausstieg der USA?
Wenn auch der Austritt laut Regularien erst im nächsten Jahr rechtskräftig wird, stehen bereits jetzt die möglichen Konsequenzen im Raum. Eine unmittelbare Folge ist der Wegfall der finanziellen Beiträge der USA zum Klimafonds der Vereinten Nationen, was die damit angestrebten Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern zurückwerfen dürfte. Noch größer jedoch ist die Signalwirkung, die der erneute Kurswechsel der Weltmacht aussendet. Mit Argentinien deutet sich bereits ein erster möglicher Nachahmer an. Präsident Javier Milei hat die Prüfung eines möglichen Austritts aus dem Übereinkommen angekündigt.
Trumps Wahlkampfslogan „Drill Baby Drill!“ unterstreicht derweil seine Absicht, die Ölförderung massiv auszuweiten. Mehr fossile Energien, dafür Elektromobilität und Windkraft drastisch beschneiden lauten die Pläne seiner Regierung.
Windkraft im Fadenkreuz – doch Widerstand regt sich
Im Januar stoppte Trump per Executive Order die Vergabe neuer Lizenzen zum Bau von Windkraftanlagen auf Bundesgebiet, an Land ebenso wie auf See. Ein vollständiger Stillstand der Windenergie scheint trotz der medienwirksamen Ankündigung unwahrscheinlich. Der regenerative Energieträger hat sich Analysen zufolge in den letzten Jahren zu einem der kostengünstigsten entwickelt, mit seinem Ausbau gehen Vorteile für Verbraucher ebenso wie für energieintensive Unternehmen einher. Gerade republikanische Staaten, also Trumps Wählerbasis, profitieren dabei am meisten von der Windkraft. Texas beispielsweise, der Spitzenreiter in der US-Windenergieproduktion, beschäftigt über 27.000 Menschen in diesem Sektor, landesweit hängen mehr als 300.000 Arbeitsplätze von der Windenergie ab, die zudem für Steuereinnahmen sorgt.

Quelle: U.S. Energy Information Administration
Dennoch steht die Energiegewinnung aus Wind Untersuchungen zufolge in den USA noch am Anfang. Sollte die Trump-Regierung es trotz des wahrscheinlichen Widerstands schaffen, den Ausbau zu bremsen, würde ein großes Potenzial ungenutzt bleiben. Dies hätte auch Auswirkungen auf den Rohstoffbedarf. Die Nachfrage nach Seltenen Erden wie Neodym, Praseodym und Terbium etwa, die in Form von Permanentmagneten an der Umwandlung der Drehenergie der Rotorblätter in elektrischen Strom beteiligt sind, würde gedrosselt. Mehrere hundert Kilo Seltene Erden können in den Windrädern verbaut sein, das gilt vor allem für Offshore-Anlagen, in denen getriebelose Turbinen aufgrund ihrer Wartungsfreundlichkeit bevorzugt zum Einsatz kommen.
Ein Bremsklotz für die Elektromobilität?
Neben der Windenergie könnte auch die Elektromobilität unter der neuen Politik leiden. Noch am Tag seiner Amtseinführung hob Trump mehrere Maßnahmen der Vorgängerregierung auf, darunter das Ziel, bis 2030 einen 50-prozentigen E-Auto-Verkaufsanteil zu erreichen. Auch die Pläne zum Ausbau der Ladeinfrastruktur wurden gestoppt. Die Abschaffung von Steuervergünstigungen für Elektroautos steht ebenfalls zur Diskussion, sie werden im Rahmen des Inflation Reduction Act (IRA) gewährt. Sollte Trump diese Subventionen tatsächlich streichen – was alleine angesichts rechtlicher Hürden schwierig werden könnte – dürfte die US-Nachfrage nach Elektroautos deutlich schrumpfen. Das würde den Bedarf an bestimmten Seltenen Erden weiter senken, da Elektromotoren neben Windkraftanlagen zu den Hauptanwendungsgebieten von Permanentmagneten zählen. Damit einhergehend, könnte die Importabhängigkeit der USA von China, das ein Quasi-Monopol auf die Produktion dieser Hightech-Bauteile hat, sinken. Bislang findet die Produktion von NdFeB-Magneten in den Vereinigten Staaten nur in äußerst geringem Ausmaß statt, eine vollständig geschlossene Wertschöpfungskette mit ihren zahlreichen Zwischengliedern gibt es noch nicht.
Rohstoffnachfrage wächst (anders)
Die neue Energie- und Mobilitätspolitik könnte also durchaus zu einer veränderten Nachfrage nach spezifischen Rohstoffen führen. Bei Seltenen Erden etwa wäre es denkbar, dass andere Industriezweige einen Wegfall des Bedarfs an Magneten auffangen werden. Prognosen zufolge wird die Nachfrage in Bereichen wie Robotik und Verteidigung zunehmen, da hier ebenfalls leistungsstarke Komponenten aus Seltenen Erden eingesetzt werden. Dies gilt ebenso für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, aber auch für Plug-in-Hybride, die in den USA derzeit an Beliebtheit gewinnen, da sie gewissermaßen die Vorteile alter und moderner Technologie vereinen. Für die Herstellung des notwendigen Kraftstoffes setzt die Petrochemie Cer und Lanthan ein, die als Katalysatoren dienen. Bereits jetzt entfallen etwa drei Viertel des US-Seltenerdbedarfs auf diese beiden Rohstoffe und chemische Anwendungen. Mit dem von Trump angekündigten Ausbau der Ölförderung könnte dieser Anteil sogar steigen.

Seltene Erden: Die USA importieren vor allem Lanthan (Gesamtjahr 2024).
Quelle: Chinesische Zollbehörde
Sollte die Atomenergie als Alternative zur Windkraft stärker in den Fokus rücken, würden Elemente wie Dysprosium, Erbium oder Samarium vermehrt nachgefragt, da sie in Reaktorbauteilen verwendet werden. Dass es dazu kommt, ist wahrscheinlich, denn 2022 vom USGS aus der Liste der kritischen Rohstoffe gestrichen, wünscht die Regierung eine Prüfung zur Wiederaufnahme von Uran in selbige. Denn der Brennstoff muss zum größten Teil importiert werden, unter anderem aus Russland. Ein Umdenken beim Thema Atomkraft hat allerdings bereits unter Präsident Joe Biden stattgefunden, die Nuklearenergie wurde zuletzt als zentral für das Erreichen der Klimaziele bewertet. Die drei Schwergewichte der Tech-Branche Amazon, Google und Microsoft haben bereits Investitionen in die Entwicklung kleiner Reaktoren angekündigt, diese sollen künftig den immensen Strombedarf der eigenen Rechenzentren decken.
Photovoltaik unter dem präsidialen Radar?
Weitgehend ohne Einschnitte beim Rohstoffbedarf dürfte sich hingegen die Photovoltaik entwickeln, denn im Gegensatz zur Windkraft gibt es bisher keine Dekrete oder kolportierte Pläne. Nach Angaben der Solar Energy Industries Association (SEIA) sind die USA heute der drittgrößte Solarmodul-Produzent der Welt. Mit First Solar gibt es hier im Bereich der Dünnschichtmodule aus Cadmiumtellurid sogar einen globalen Marktführer, der auf heimische Rohstoffgewinnung und Recycling setzt.
Angetrieben durch den IRA, hat sich die heimische Photovoltaikmodul-Produktion seit August 2022 mehr als verfünffacht. Zahlreiche dieser Investitionen zielen auf die Wiederherstellung der heimischen Wertschöpfungskette und die Reduzierung der Importabhängigkeit von China ab. Befeuert werden könnte diese Entwicklung durch eine erneute Erhöhung der Zölle auf chinesische Vorprodukte der Solarindustrie; diese Abgaben wurden in den letzten Jahren bereits mehrfach verschärft. Doch wie der Informationsdienstleister S&P Global feststellte, fehlt es der US-Photovoltaikindustrie noch an Fabriken für kristalline Silizium-Ingots, Wafer und Zellen. Hier dürfte die Abhängigkeit von der Volksrepublik mittelfristig bestehen bleiben, ebenso bei Rohstoffen wie Indium und Gallium, die in der Dünnschicht-Photovoltaik zum Einsatz kommen können. Dieses im Vergleich mit den dominierenden Dickschichtmodulen aus Silizium noch kleine Segment gewinnt auch in den USA zunehmend an Marktanteilen.
Kritische Rohstoffe bleiben im Fokus – Erneuerbare Energien weiter auf dem Vormarsch
Dass die Trump-Regierung die strategische Bedeutung von kritischen Metallen wie Seltenen Erden erkannt hat, unabhängig vom spezifischen Anwendungsfeld der Erneuerbaren Energien, zeigt sich indes nicht nur in der Aufmerksamkeit für Grönlands Vorkommen oder die Ressourcen der Ukraine. Die heimische Förderung und Verarbeitung sollen ebenfalls ausgeweitet werden.
Viele Analysten sind sich derweil einig: Der globale Ausbau der Erneuerbaren Energien wird durch den US-Rückzug aus dem Pariser Abkommen vielleicht verlangsamt, aber nicht gestoppt. Besonders China treibt die Windkraft massiv voran und stellt in diesem Bereich regelmäßig neue Rekorde auf. Gleiches gilt für die Elektromobilität in der Volksrepublik. Auch Indien, das die Volksrepublik mittlerweile als bevölkerungsreichtes Land überholt hat, kündigte großangelegte Investitionen in Erneuerbare Energien an. Selbst innerhalb der Vereinigten Staaten dürften diese Energieträger weiter Auftrieb erhalten, denn 24 Bundesstaaten haben sich entgegen Trumps Plänen – und wie schon 2017 – zur Fortführung der im Pariser Klimaschutzabkommen verankerten Ziele bekannt. Zusammen machen sie fast 60 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes aus.
Beitragsbild: STILLFX, Wei_Liu via Canva, Montage Rohstoff.net