Rohstoffmärkte im Umbruch – Einblicke von Project Blue im Vorfeld der Critical Materials Conference: EV & Battery 2025

von | 19. Feb. 2025 - 10:19 | Wirtschaft

David Merriman, Research Director bei Project Blue, im Gespräch mit Rohstoff.net über zentrale Fragen rund um Elektromobilität, Batterietechnologie und Rohstoffe.

Im Vorfeld der Critical Materials Conference: EV & Battery 2025 in Frankfurt am Main, veranstaltet von dem Market-Intelligence-Unternehmen Project Blue, haben wir mit Research Director David Merriman über aktuelle Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten gesprochen.

Herr Merriman, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen. Welche Ereignisse haben 2024 die Märkte für kritische Rohstoffe am stärksten beeinflusst?
Im vergangenen Jahr gab es zahlreiche Veränderungen in den Rohstoffmärkten, doch einige hatten besonders große Auswirkungen. Ein entscheidender Faktor war Chinas Exportverbot für Germanium, Gallium und Antimon in die USA im Dezember – eine direkte Reaktion auf die US-Beschränkungen für chinesische Chip-Hersteller. Dieser Schritt verdeutlicht die zunehmenden handelspolitischen Spannungen zwischen beiden Ländern und ihre Bereitschaft, gezielten Einfluss auf den globalen Handel mit kritischen Rohstoffen und ihren Endanwendungen zu nehmen. Da China ein führender Anbieter vieler essenzieller Rohstoffe ist, erhöht sich weltweit das Risiko von Versorgungsengpässen – besonders für US-Hersteller.

Auch in den Vereinigten Staaten selbst gab es bedeutende Entwicklungen: Die Entscheidung des US-Repräsentantenhauses, die Abgasvorschriften der Environmental Protection Agency (EPA) aus dem Jahr 2024 wieder aufzuheben, hat das Wachstum der Elektromobilität erheblich ausgebremst. Dies führte zu einer Anpassung der Prognosen für die Nachfrage nach Batterien und Hybridfahrzeugen, was sich wiederum direkt auf Rohstoffe wie Lithium, Graphit, Nickel und Kobalt auswirkt. Langfristig dürfte das die gesamte Automobilzulieferindustrie beeinflussen – von Halbleitern über Magnete und LEDs bis hin zu Leichtmetalllegierungen.

In Europa wurde 2024 mit dem Critical Raw Materials Act (CRMA) eine neue Gesetzgebung auf den Weg gebracht. Diese verpflichtet europäische Hersteller dazu, ihre Lieferketten stärker zu diversifizieren, in heimische Abbau- und Verarbeitungskapazitäten zu investieren und mehr auf Recycling zu setzen. Die Ziele des CRMA für 2030 dürften den Wettbewerb um die begrenzten Rohstoffquellen in der EU verschärfen und die Preise weiter nach oben treiben. Gleichzeitig könnten Unternehmen veranlasst werden, ihre Produktion in kostengünstigere Regionen mit weniger Regulierung zu verlagern.

Die Critical Materials Conference: EV & Battery 2025 in Frankfurt wird Ende Februar führende Vertreter aus Politik, Industrie und Finanzwesen zusammenbringen.

Schauen wir nach vorne: Welche dieser Trends werden sich 2025 fortsetzen?
Die geopolitischen Spannungen zwischen den USA, China und weiteren Ländern dürften sich 2025 weiter verschärfen. Bereits zum Jahresbeginn zeichnen sich neue Handelsbarrieren und Zölle ab. US-Präsident Trump hat unter anderem angekündigt, chinesische Importe von essenziellen Gütern zu stoppen und US-Unternehmen Investitionen in China zu erschweren. Diese Maßnahmen könnten das globale Wachstum in den Rohstoffmärkten bremsen und für steigende Preise in importabhängigen Regionen sorgen, aber auch regionale Liefernetzwerke stärken.

In der EU könnten Widerstände aus der Industrie und eine schleppende Entwicklung der Rohstoffversorgung dazu führen, dass die CRMA-Ziele gelockert werden – insbesondere, falls Unternehmen verstärkt Abwanderungstendenzen zeigen.

Frankfurt gilt als Europas Finanzzentrum, doch international scheinen Deutschland und die EU im Wettbewerb um kritische Rohstoffe zurückzufallen. Warum ist das so?
Einige Rohstoffe sind in Europa schlichtweg nicht in ausreichender Menge vorhanden. Doch auch bei der Verarbeitung ist die EU ins Hintertreffen geraten, China dominiert diesen Bereich klar. Viele dieser Prozesse sind energieintensiv und ohne ausreichende Regulierung auch umweltbelastend, weshalb ein Großteil der Industrie über die Jahre von Europa in asiatische Länder wie China abgewandert ist. Gleichzeitig hat die chinesische Regierung den Aufbau dieser Kapazitäten massiv gefördert, wodurch die Volksrepublik heute über große Mengen hochwertiger und kostengünstiger Rohstoffe verfügt.

Für die EU bedeutet das, dass eine verbesserte Rohstoffversorgung enorme Investitionen und Zeit benötigt. Mehr Zusammenarbeit und Innovation könnten vielversprechend sein – allerdings hängt dies stark vom Engagement der Industrie und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab.

David Merriman – Experte für Elektrofahrzeuge und Batteriematerialien mit über 10 Jahren Erfahrung in Seltenen Erden und kritischen Rohstoffen. Aktuell bei Project Blue, zuvor bei Wood Mackenzie und Roskill. Foto: Project Blue

Herr Merriman, vielen Dank für das Gespräch!

Das gesamte Interview (in englischer Sprache) lesen Sie auf unserem Schwesterportal rawmaterials.net.

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