Rohstoffabhängigkeiten: Ein Milliardenrisiko für die deutsche Wirtschaft

von | 11. Nov 2024 - 11:07 | Wirtschaft

Studie von Roland Berger und BDI zeigt leichte Steigerung bei Importabhängigkeiten auf. BDI-Rohstoffkongress in Berlin widmet sich diese Woche dem Stand von Deutschlands Rohstoffsouveränität.

Deutschlands Industrie ist auf mineralische Rohstoffe angewiesen – viele davon müssen jedoch importiert werden, häufig aus nur wenigen produzierenden Ländern. Diese Abhängigkeit ist ein zunehmendes Risiko für Versorgungssicherheit, Wachstum und Wohlstand, zeigt eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Roland Berger und des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) auf.

Als Beispiel nennen die Autoren einen möglichen Ausfall Chinas als Hauptlieferant von Lithium und Lithium-Produkten wie Akkus: Die Folge wäre ein Verlust von Wertschöpfung in Höhe von bis zu 115 Milliarden Euro, davon allein 42 Milliarden in der Autoindustrie. Mehr noch: Deutschlands Abhängigkeit von Rohstoffimporten sei in den letzten Jahren sogar gewachsen, obwohl sie „hinlänglich bekannt“ sei und es Bemühungen gebe, sie zu reduzieren, erklärt BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Bei Seltenen Erden etwa stammten der Studie zufolge 2014 noch 32 Prozent der Importe aus China, 2023 waren es schon 69.  Bei Germanium stieg der Anteil von 23 auf 40 Prozent.

Um diese Herausforderung anzugehen, empfehlen die Autoren diverse Maßnahmen, darunter mehr heimische Rohstoffförderung und -verarbeitung sowie die Diversifizierung der Lieferländer. Beim Aufbau entsprechender neuer Partnerschaften sollten bestehende Initiativen stärker genutzt werden, wie die Global-Gateway-Strategie der EU zur Förderung von ausländischen Infrastrukturprojekten. Ebenso gelte es die Kreislaufwirtschaft und technologische Innovationen beim Recycling zu stärken. Auch sollte das Potenzial neuer Formen der Rohstoffgewinnung wie Tiefsee-Bergbau und Space Mining erforscht werden, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Seit Deutschlands Importabhängigkeit bei Rohstoffen durch die zunehmenden globalen Krisen auf der politischen Agenda nach oben gerückt ist, widmen sich auch immer mehr Studien dem Thema. Erst im September hatte der BDI vor einer Deindustrialisierung gewarnt und „mutige Maßnahmen“ bei der Versorgung mit wichtigen Ressourcen gefordert. Am heutigen Montag findet zudem der Rohstoffkongress des Verbands statt, der sich der Frage stellt, wie es zwei Jahre nach der proklamierten Zeitenwende um Deutschlands Rohstoffsouveränität steht.

Mehr zu Europas Sicherung kritischer Mineralien: Im Mai ist das erste EU-weite Rohstoffgesetz, der Critical Raw Materials Act, in Kraft getreten. Ziel ist die Reduzierung der bekannten einseitigen Importabhängigkeiten. Zusammen mit Adamas Intelligence und der TRADIUM GmbH haben wir die Chancen, aber auch die Lücken und offenen Fragen dieses Gesetzeswerkes untersucht.

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