Finanzmärkte schnell wieder erholt – trotz anhaltender Konjunkturunsicherheit. Langfristig denkende Anleger sollten sich bestätigt sehen und engagiert bleiben.
Wichtigste Erkenntnis aus dem zeitweise dramatischen Börsenverlauf der vergangenen Wochen: Vernachlässigen Sie tageswirksame Nachrichten und kurzfristige Kursausschläge, geschätzte Anleger. Denn Konjunkturbetrachtungen und -prognosen sind meist nicht trendentscheidend – sie müssen ohnedies immer wieder korrigiert werden. Ausschlaggebend für die Börsenprofis sind die (Anlage suchende) Liquidität und damit die Bewegungen der Kapitalströme im Zusammenspiel mit Inflation und Zinspolitik. Die Macht der Notenbanken war gerade in der zurückliegenden Woche ein Dauerthema (zuletzt: Was sagt Fed-Chef Powell zu den Zinsperspektiven?).
Die Stimmungslage der Asset Manager
Zur Erinnerung kurze Ausschnitte aus den jüngsten Markteinschätzungen namhafter Investmentstrategen: Vor gut zwei Wochen herrschte an den Börsen helle Aufregung, nachdem die Kurse (vor allem in Japan) deutlich gefallen waren. Wie immer gab es danach viele mehr oder weniger kluge Erklärungen, warum es dazu kommen musste und was die Auslöser für diese Entwicklung waren. Aber: So richtig überzeugend klang keines dieser Argumente. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die Kurse inzwischen wieder erholt haben, wenngleich das Tempo der Aufholjagd ebenso überraschend ist wie der vorangegangene Kurseinbruch.
„Alles nur geträumt?“
Und ein prominenter Stratege fragt sich: Nicht lange her, da überzog ein Börsenbeben die Kapitalmärkte. Pünktlich zum Beginn des Augusts kamen die Aktienmärkte ins Rutschen, ausgerechnet noch dazu in der Sommerzeit auf der Nordhalbkugel, wenn die Märkte ohnehin etwas ausgedünnter sind. Vom „Börsenbeben“ war sogar die Rede.
Und jetzt? Die großen Indizes erwecken den Anschein, als wäre das alles nur ein böser Traum gewesen. Stand Mitte August liegen der S&P 500 und die europäischen Aktienmärkte mit einem Plus über dem Stand vor dem Absturz. Der am meisten gebeutelte Nikkei 225 liegt ziemlich genau auf dem Ausgangspunkt, während der Yen zum US-Dollar wenig von seiner Aufwertung abgegeben hat. Dabei war der Nikkei zwischenzeitlich über 15 % abgestürzt.
Das Ganze erscheint, als wären es weniger die ökonomischen Rahmenbedingungen, die für diesen Ausrutscher verantwortlich waren, als vielmehr technische Reaktionen, bzw. die Carry-Trades, die bei steigenden Zinsen und einem aufwertenden japanischen Yen auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Dazu vermutlich gehebelte Positionen, die in Anbetracht der Preisdynamik zur Risikoreduktion geschlossen wurden. Was ebenfalls auffällt: Noch nie seit 1997 ist der VIX (ein Chicagoer Index als Maß für die Volatilität) so schnell wieder gefallen, wenn er, wie Anfang August, die 38 überschritten hatte.
Gold auf Höchststand
Auf den kurzzeitigen Einbruch der internationalen Aktienmärkte Anfang August folgte sehr schnell eine deutliche Erholung, ein klassischer Rebound, der sich auch in den zurückliegenden Tagen fortgesetzt hat. Dax, Dow und Nasdaq100 haben die Kursmarken von 18.000 bzw. 40.000 und 19.000 Punkten zurückerobert und marschieren in Richtung neuer, historischer Höchststände. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass alle Belastungsfaktoren ausgeblendet werden, zumindest temporär in den Hintergrund treten. Während der US-Dollar gegenüber Euro, Pfund und Yen zurzeit zur Schwäche neigt, erklimmt das Gold neue Höchststände. Am 16. August wurde die Marke von 2.500 Dollar pro Unze durchbrochen.
Weltweit Chancen für langfristige Investoren
Im Gegensatz zu den vielen Konjunkturanalysen, die tendenziell auch immer schlechter klingen, gibt es positive Stimmen zum deutschen Aktienmarkt. Ich plädiere langfristig (gestern wie heute) für eine breite internationale Mischung von Anlageklassen. Ein solcher Mix kann auch durch entsprechende Investmentfonds oder ETFs abgedeckt werden: Aktien, Staatsanleihen, Wandelanleihen, Gold und Industrierohstoffe (z.B. Kupfer). Eine globale Streuung halte ich für empfehlenswert – d.h. von Europa über die USA bis nach Asien (Japan, China).
Analysehäuser wie Morningstar schreiben mir, zahlreiche deutsche Aktien notieren zurzeit im unterbewerteten Bereich. Vier Titel sind dabei neu in den unterbewerteten Bereich gerutscht: Commerzbank AG, Delivery Hero SE, Puma SE und Siemens AG. Investments in Euro?
Ein sicherer Weg zum Kaufkraftverlust, sagt dagegen Holger Schmitz, Vorstand der Schmitz & Partner AG – Privates Depotmanagement. Er zieht den Schweizer Franken vor und investiert lieber am Aktienmarkt der Eidgenossen. Dieser wird im Hinblick auf Größe und Auswahl oft unterschätzt, betont der Vermögensverwalter und argumentiert u.a: Die Schweiz hat den siebtgrößten Aktienmarkt der Welt – noch vor Deutschland. Größer sind lediglich die Aktienmärkte in den USA, Japan, Großbritannien, China, Frankreich und Kanada. Im Durchschnitt erzielten Anleger mit Schweizer Aktien in den Jahren 1926 bis 2023 laut einer Studie des Bankhauses Pictet eine Rendite von jährlich 5,6 Prozent nach Abzug der Inflation. Aus 1.000 Schweizer Franken, die man im Jahr 1926 investiert hätte, wären bis Ende 2023 entsprechend knapp 800.000 Schweizer Franken geworden. Die Schweiz verfügt also nicht nur über eine starke Währung, sondern auch über einen starken und vielfältigen Aktienmarkt. Die Schweiz zeigt sich damit als Stabilitätsanker für Anleger. Dies gilt auch – oder sogar erst recht – in turbulenten Börsenphasen wie in der ersten Augustwoche. Zum einen zeigt der Schweizer Franken in solchen Zeiten zusätzlich seine Stärke.
Unterschiedliche Mischungselemente
Je größer das bestehende Depotvolumen bzw. das frische zur Verfügung stehende Anlagekapital ist, umso mehr sollten unterschiedliche Elemente berücksichtigt werden. Denn es geht nicht nur um regionale Streuung, sondern auch um einen Mix nach Anlageklassen und -instrumenten. Planen Sie Ihre langfristige Strategie gründlich – mit oder ohne Anlageberater. Ich würde schwergewichtig in Sachwerte (Aktien, Gold, Industrierohstoffe) investieren und erstklassige Staatsanleihen dazu mischen.