Neue Hoffnung für Europas Märkte

von | 24. März 2025 - 08:15 | Kutzers Corner

Investmentstrategen bemühen sich verstärkt um Differenzierung der Marktaussichten nach Anlageklassen und Regionen. Stoff für mutige Privatanleger.

Wo sind die Risiken besonders groß – wo eröffnen sich andererseits aber auch Chancen für Investoren? Es ist nach wie vor kein leichtes Unterfangen, die möglichen Krisenfolgen und (geo-)politischen Gefahren für Kapitalanleger zu bewerten. Mittlerweile geht es aber nicht nur um das Gesamtbild, sondern auch um die Frage, auf welcher Seite des Atlantiks die größeren Risiken lauern.

Auch wenn die zweite Präsidentschaft von Donald Trump in wenigen Wochen die Geopolitik und die Weltmärkte ordentlich durchgerüttelt hat, mahnt Luca Pesarini, Chief Investment Officer von Ethenea Independent Investors S.A., den Blick auf das „Big Picture“ der aktuellen Wirtschaftslage gerichtet zu halten. Dazu liefert er drei Szenarien, die ich im Folgenden übernehme.

Drei Szenarien zur Weltlage

Basisszenario: Das globale Wachstum bleibt intakt. „Ich gehe weiterhin von einem moderaten Wachstum der Weltwirtschaft aus, auch wenn die Töne aus Amerika gerade schriller werden. Aus makroökonomischer Sicht ergibt sich derzeit ein relativ ausgeglichenes Bild hinsichtlich Chancen und Risiken. Die aktuellen Frühindikatoren zeigen eine gemischte Entwicklung, jedoch mit einer insgesamt positiven Tendenz. Nach einer langen Phase der Dominanz des Dienstleistungssektors erholt sich das verarbeitende Gewerbe – nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Aufgrund der konjunkturellen Fokussierung erwarte ich sowohl von der Europäischen Zentralbank (EZB) als auch von der Federal Reserve (Fed) weitere Zinssenkungen in diesem Jahr. Neben der bekannt wirtschaftsfreundlichen Politik des US-Präsidenten werden die angekündigten und geplanten Fiskalpakete in Europa unterstützend wirken.“

Hoffnung inmitten von Unsicherheit und Variablen: „Natürlich birgt die Zollpolitik der USA Risiken für die Inflation und das globale Wachstum. Es ist aber davon auszugehen, dass die Zölle entweder nicht langfristig in Kraft bleiben oder dass Wechselkursanpassungen die negativen Auswirkungen abmildern und eine zu starke Abschwächung des globalen und US-amerikanischen Wirtschaftswachstums verhindern. Eine Eskalation des Handelskonflikts hätte das Potenzial, eine weltweite Rezession auszulösen.“

Wenn der Dollar sinkt

Der Kurs des US-Dollar sinkt: „Ich prognostiziere eine Phase des Abschwächens des US-Dollars. Dass dieser gemessen an der Kaufkraftparität seit einiger Zeit überbewertet ist, ist kein neues Phänomen und für sich genommen kein Grund zur Absicherung. Es sind aber zwei weitere Gründe ausschlaggebend für ein Gesamtbild, in dem der US-Dollar an Stärke verliert: Erstens erwarte ich ein Zusammenlaufen des Zinsdifferentials und zweitens arbeitet die neue US-Regierung gezielt auf eine Schwächung ihrer eigenen Währung hin.“

Deutsches Finanzpaket kommt gut an

Eine Reihe von Analysten bewertet das deutsche Finanzpaket eindeutig positiv. Es dürfte auch günstig für Europa insgesamt wirken. Die Finanzmärkte gehen momentan davon aus, dass das Finanzpaket für Infrastruktur, Klimaschutz und Verteidigung der künftigen deutschen Regierung schnell und reibungslos umgesetzt wird. Das sollte sich positiv auf die Wirtschaft auswirken“, sagt Annalisa Piazza, Analystin bei MFS Investment Management. Die hohe Neubewertung der Risikoprämie für langlaufende Bundesanleihen erklärt sich durch den erwarteten starken Anstieg künftiger Emissionen. Grund für einen weiteren Teil der Marktreaktion ist Merz’ Kehrtwende, die die “schlafwandelnde” deutsche Wirtschaft wie ein Sturm erfasst hat.

Internationale Anleger waren von der plötzlichen Wende der deutschen Fiskalpolitik sehr überrascht. Gleichzeitig begrüßen sie den proaktiven Schritt, der das Vertrauen in die wiedergewonnene Stärke von „Kern-Europa” festigt. Allerdings ist dies nur ein Schritt in einer sich schnell bewegenden globalen komplexen Entwicklung. Es wird einige Zeit dauern, bis wir die neue Dynamik und die Auswirkungen auf Europa verstehen und die Märkte diese bewerten werden.

Bei MFS Investment geht man davon aus, dass sich die Anleiherenditen in nächster Zeit in etwa auf dem derzeitigen Niveau konsolidieren werden, da die Märkte die tatsächlichen Auswirkungen des Finanzpakets, die Risiken bei der Allokation der Mittel sowie die Schnelligkeit bei der Umsetzung erst vollständig einschätzen müssen.

Dividendenrendite unter Durchschnitt

Und die Aussichten für Aktien? Schätzungen lassen für die Unternehmen aus Dax und MDax Ausschüttungen von etwa 61 Mrd. Euro in diesem Jahr erwarten. Die erwartete Dividendenrendite liegt im Dax mit 2,7 % deutlich unter dem langjährigen Mittel, eine Korrektur nach oben ist aber durchaus möglich.

Dividenden sind und bleiben ein wesentlicher Teil des langfristigen Vermögensaufbaus. Die deutschen Unternehmen aus dem Dax- und dem MDax-Segment schütten 2025 voraussichtlich knapp 61 Mrd. Euro aus. Ein auf den ersten Blick überschaubares Plus im Vergleich zur letzten Saison. Allerdings belasteten die Automobilhersteller das Ergebnis massiv. Lediglich 40 % der von der DZ Bank beobachteten Unternehmen erhöhten die Dividende pro Aktie.

Dem stand das gute Abschneiden der Industriewerte und der Versicherungen gegenüber. Diese Branchen legten deutlich zu und kompensierten die Schwäche der Automobilhersteller. Überdies präsentieren sich die momentanen Schätzungen für die Dividendensaison im nächsten Jahr sehr freundlich.

Dividendenmonat Mai

Das Gros der Dividenden und damit eine Gesamtsumme von etwa 58 Mrd. Euro wurde von den Unternehmen bereits bestimmt. Zum Stichtag (17.03.) lagen die Schätzungen des Volumens, das noch bestätig werden muss, bei etwa 3 Mrd. Euro. Etwa 75 % der Unternehmen aus dem Dax- und MDax-Bereich werden ihre Aktionäre im Mai an ihren Gewinnen teilhaben lassen.

Die für die nächsten zwölf Monate prognostizierte Dividendenrendite für das Dax-Segment notiert mit 2,7 % auf einem im historischen Vergleich sehr niedrigen Niveau. Hinzu kommt eine gestiegene Attraktivität der Bundesanleihen. In den Augen vieler Banker bleiben Dividenden jedoch wesentliche Mosaiksteine für einen langfristigen Vermögensaufbau.