Mit Ruthenium gegen die Plastikflut: Neues Upcycling-Verfahren

von | 23. Jan. 2025 - 11:57 | Technologien

Forscher entwickeln Recyclingmethode, bei der das wiedergewonnene Material durch neue Eigenschaften wertvoller wird.

Die Plastikverschmutzung zählt zu den größten globalen Problemen. 2022 wurden nach Angaben des OECD nur neun Prozent des weltweit anfallenden Kunststoffmülls erfolgreich recycelt. Der Rest wird verbrannt, landet auf Deponien oder im Ozean. Bis 2040 könnte die Menge an unsachgemäß entsorgtem Plastik sogar noch drastisch zunehmen. Doch beim Ausbau des Recyclings gibt es eine Reihe von Hürden zu überwinden, neben der bislang fehlenden Wirtschaftlichkeit zählt dazu auch die oft schlechtere Qualität der wiedergewonnenen Materialien.

Forscher des Oak Ridge National Laboratory (ORNL) des US-Energieministeriums haben nun ein Verfahren entwickelt, um das Ausgangsmaterial durch Wiederverwertung sogar wertvoller zu machen – durch eine gezielte Veränderung der Eigenschaften. Der Schlüssel liegt darin, die im entsorgten Plastik enthaltenen Polymere zu modifizieren, chemische Stoffe, die wiederum aus kleineren molekularen Einheiten bestehen. Dafür nutzte man eine bestehende Technik, Molecular Editing, die bereits mit zwei Chemie-Nobelpreisen gewürdigt wurde, darunter 2020 für die Erfindung der CRISPR-Technologie, besser bekannt als „Gen-Schere“.

CRISPR, auch als „Gen-Schere“ bekannt, ist eine Methode zur Bearbeitung von DNA-Strängen. Die am ORNL entwickelte Methode ähnelt CRISPR für die Grundbausteine von Plastik. Photo: KEITH CHAMBERS/SCIENCE PHOTO LIBRARY

Ihr Prozess sei wie CRISPR für Polymere, erklärt Studienleiter Jeffrey Foster vom ORNL. Verglichen mit herkömmlichem Recycling, bei dem Plastik meist eingeschmolzen werde mit der Hoffnung auf ein „gutes Ergebnis“, arbeite man hier deutlich gezielter, praktisch das gesamte Material ließe sich wiedergewinnen. Zudem würden Energie und Emissionen eingespart.

Ruthenium: Nützlicher Helfer beim Upcycling von Plastik

Die Materialien werden zunächst in Lösungsmittel zersetzt. Um die anschließende Bildung der Polymere zu erleichtern, kommt ein Ruthenium-Katalysator zum Einsatz. Die Industrie nutze diese Katalysatoren bereits, um robuste Kunststoffe herzustellen und Biomasse in Brennstoffe umzuwandeln, das Potenzial für chemisches Upcycling sei somit groß, so die Forscher. Durch die veränderte Zusammensetzung der polymeren Bausteine könne bestimmt werden, wie fest, weich oder hitzebeständig die recycelten Kunststoffe beispielsweise sind. Fertigungsmaterialien, die zuvor nur für ein einziges Produkt genutzt wurden, könnten am Ende einen neuen Daseinszweck in einer völlig anderen Produktgruppe erhalten.

Bei der Entwicklung ihrer Methode hat das ORNL-Team sich auf weit verbreitete Polymere konzentriert, die erheblich zum weltweiten Plastikmüll beitragen. So arbeiteten sie zum Beispiel mit weichem Polybutadien, das oft in Gummireifen vorkommt, sowie mit Acrylnitril-Butadien-Styrol, das in zahlreichen Produkten wie Kunststoffspielzeug, Computertastaturen, Belüftungsrohren oder Küchengeräten zu finden ist. Das Recycling für diese Abfallströme sei bisher praktisch nicht vorhanden, so Foster. Ziel ist es, das Konzept auf eine möglichst große Bandbreite industriell wichtiger Polymere auszudehnen und somit die Wirtschaftlichkeit zu steigern. Eine Kreislaufwirtschaft, in der Abfallmaterialien wiederverwendet statt entsorgt würden, könnte dadurch ein ganzes Stück realistischer werden.

Lesen Sie mehr – wie Metalle beim Recycling von Plastik helfen: Über spannende Forschungsansätze, bei denen Metalle helfen könnten, die globale Plastikflut einzudämmen, haben wir bereits mehrfach berichtet. So könnten Seltene Erden dazu beitragen, den besonders widerstandsfähigen Kunststoff Nylon-6 zu zersetzen. Eine andere Methode erprobt, wie mittels Sonnenenergie nicht nur Plastik recycelt, sondern zugleich das Treibhausgas CO2 in wertvolles Material umgewandelt werden kann.

Photo: iStock/OperationShooting

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