Grönlands Seltene Erden – Großes Potenzial, große Hürden

von | 20. Jan. 2025 - 14:14 | Wirtschaft

Trotz zahlreicher bekannter Vorkommen werden bislang keine Seltenen Erden in Grönland abgebaut.

Der neu gewählte US-Präsident Donald Trump sorgte kürzlich für Schlagzeilen, als er einmal mehr die Idee äußerte, die Vereinigten Staaten könnten Grönland kaufen. Bislang gehört die arktische Insel als autonomes Gebiet zu Dänemark und steht damit auch in Verbindung zur Europäischen Union, ohne selbst Mitglied zu sein. Trump hatte bereits 2019 in seiner ersten Amtszeit den Erwerb Grönlands vorgeschlagen, doch sein neuerlicher Vorstoß sorgte für weitaus mehr Aufmerksamkeit. Dabei ist er nicht der erste US-Präsident, der für engere Beziehungen zu der Insel plädiert. Nicht zuletzt durch die geografische Lage ist sie bereits seit den 1860er Jahren von Interesse für die Vereinigten Staaten, denn Nuuk, die Hauptstadt Grönlands, liegt näher an New York, dem geschäftigsten Hafen der nordamerikanischen Ostküste, als an Dänemarks Regierungssitz Kopenhagen.

Warum interessieren sich die USA für Grönland?

Nach einem gescheiterten Versuch, die Insel 1946 unter Präsident Harry S. Truman zu kaufen, handelten die USA zumindest die Eröffnung einer wichtigen Militärbasis im Norden Grönlands aus, der Pituffik Space Base. Diese dient der Beobachtung von Raketen- und Raketenstarts auf der Nordhalbkugel. Nach dem Zweiten Weltkrieg erbat sich Dänemark zudem die Unterstützung der USA zum Schutz der Insel, und Grönland wurde während des Kalten Krieges zu einer wichtigen strategischen Ressource für die Großmacht.

Ein weiterer Vorteil der geografischen Lage steht im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Die zunehmende Erwärmung der Arktis führt zu immer mehr eisfreien Sommern. Diese ermöglichen Fracht- und Handelsschiffen eine effizientere Nutzung neuer Schifffahrtsrouten. Die Nordwestpassage, eine wichtige Handelsroute, verläuft entlang der Küste Grönlands. Zudem ist die Insel Teil der strategisch bedeutsamen Seezone zwischen Grönland, Island und dem Vereinigten Königreich.

Neben der Nordwestpassage verlaufen mehrere andere Schifffahrtsrouten in der Nähe von Grönland oder sind in Planung. Vereinfachte Darstellung, nicht maßstabsgetreu.

Grönland: Rohstoffreichtum unter schmelzendem Eis

Noch relevanter könnte sein, was sich unter dem Eis und der felsigen Oberfläche der Insel verbirgt: kritische Rohstoffe. Grönlands Reichtum an Bodenschätzen ist zwar schon seit geraumer Zeit bekannt, gewinnt jedoch angesichts des Ausbaus Erneuerbarer Energien und digitaler Technologien weltweit an Bedeutung.

Als assoziiertes Überseegebiet der Europäischen Union ist es wenig überraschend, dass die EU großes Interesse daran zeigt, Zugang zu diesen Ressourcen zu erhalten. Daher wurden mehrere Kooperationsabkommen mit der grönländischen Regierung unterzeichnet. Obendrein zielt das kürzlich verabschiedete EU-Gesetz über kritische Rohstoffe, der Critical Raw Materials Act, darauf ab, die heimischen Kapazitäten in den Bereichen Bergbau, Verarbeitung und Recycling auszubauen. Obwohl in Grönland geförderte Mineralien nicht als in der EU gewonnen zählen würden, könnten sie dazu beitragen, das vierte Ziel der Gesetzgebung zu erreichen: Diversifizierung. Derzeit sind die EU sowie die USA und andere westliche Länder stark von Importen der meisten kritischen Rohstoffe abhängig, wobei China der führende Lieferant ist. Der verstärkte Zugang zu Ressourcen aus Regionen wie Grönland könnte diese Abhängigkeit verringern und die Sicherheit der Lieferketten stärken.

Mit dem Critical Raw Materials Act will die EU ihre Lieferketten für kritische Mineralien stärken. Grönlands Ressourcen könnten zur Diversifizierung der Rohstoffquellen beitragen.
Bildnachweis: rohstoff.net

Weltmächte kämpfen um Einfluss in der Arktis

Die gesteigerte Aufmerksamkeit fürGrönlands Ressourcen erstreckt sich jedoch über die ganze Welt, von China über Australien bis hin zu Indien. Während indische Unternehmen bisher nur Interesse bekundet haben, begannen australische Firmen wie Tanbreez und Energy Transition Minerals bereits mit der Erschließung von Lagerstätten, obwohl diese Aktivitäten aktuell aus verschiedenen Gründen buchstäblich auf Eis liegen. Auch das kanadische Unternehmen Neo Performance Materials besitzt eine vielversprechende Lagerstätte Seltener Erden im Südwesten Grönlands, die weitere Erschließung ruht derzeit ebenfalls.

Chinas Interesse an den Ressourcen Grönlands reicht bis ins Jahr 2011 zurück. Damals reiste eine grönländische Delegation in die Volksrepublik, um Investitionen in den Bergbausektor der Insel zu fördern. Dieser Besuch markierte den Beginn eines allmählichen Anstiegs der chinesischen Investitionen. In den folgenden Jahren wurden Möglichkeiten für gemeinsame Infrastrukturprojekte ausgelotet, insbesondere im Bereich Wasserkraft und Bergbau, was Chinas wachsendes Interesse an kritischen Rohstoffen zeigt.

2016 verstärkte das Reich der Mitte seinen Fokus auf die Bodenschätze Grönlands. Shenghe Resources, eines der größten Bergbauunternehmen Chinas, kaufte 11,3 Prozent der Anteile an Greenland Minerals, das später als Energy Transition Minerals firmierte. Das Unternehmen ist an dem Kvanefjeld-Projekt beteiligt, einer der weltweit größten bekannten Lagerstätten an Seltenen Erden und Uran.

Trotz einiger Rückschläge, wie dem Scheitern eines Vorschlags der China Communications Construction Company 2018 zum Bau von drei Flughäfen in Grönland, sind chinesische Unternehmen noch immer auf der Insel aktiv. Shenghe hält nach wie vor Anteile an Kvanefjeld. Die China National Offshore Oil Corporation (CNOOC) hat Interesse an den Energiequellen der Region gezeigt, einschließlich Öl- und Gaserkundungen. General Nice, ein chinesisches Bergbauunternehmen, verlor derweil 2021 seine Lizenz für die Isua-Eisenmine, nachdem diese von der grönländischen Regierung widerrufen wurde.

Während der Westen also mithilfe von Grönlands Mineralien seine Lieferketten weg von der Volksrepublik verlagern will, sind chinesische Unternehmen bereits auf der Insel präsent – als Entwickler oder Anteilseigner. Der mögliche Einfluss auf Grönland ist nicht ohne Folgen geblieben, die geopolitischen Bedenken anderer Staaten nehmen zu. So haben die USA dem CEO von Tanbreez zufolge 2024 versucht, den Verkauf des Seltenerd-Entwicklers an Unternehmen mit Verbindungen zu China zu unterbinden.

Gewinnung Seltener Erden in Grönland: Welche Projekte gibt es aktuell?

Abseits der Politik stellt sich die Frage: Welche Lagerstätten Seltener Erden werden derzeit faktisch in Grönland entwickelt? Während Dutzende bekannt sind, befinden sich nur drei in einem fortgeschrittenen Entwicklungsstadium mit abgeschlossenen Ressourcenschätzungen und Testarbeiten. Bevor weitere Lagerstätten wirtschaftlich nutzbar gemacht werden könnten, wären erhebliche Hindernisse wie die spezifische Mineralzusammensetzung und das raue Klima zu bewältigen. Auch die drei fortgeschrittenen Projekte hatten mit zahlreichen Schwierigkeiten zu kämpfen, die ihrer Lage im hohen Norden geschuldet sind.

Fortgeschrittene Seltene-Erden-Projekte in Grönland (rot)

Kvanefjeld
Die Lagerstätte Kvanefjeld- (oder Kuannersuit) im Süden Grönlands wurde 1956 entdeckt, wobei der anfängliche Fokus auf den Uranvorkommen lag, die zu den weltweit größten zählen sollen. Die dänische Regierung, die Grönland bis Ende der 1970er Jahre verwaltete, entschied letztlich, das Projekt nicht weiter voranzutreiben. Kvanefjeld ruhte, bis das australische Unternehmen Greenland Minerals 2007 eine Explorationslizenz für das Gebiet erhielt.

In den darauffolgenden Jahren lockerte Grönland schrittweise die Bergbauregularien, was Greenland Minerals ermöglichte, 2015 eine Lizenz für den Tagebau zu beantragen. Bei der Parlamentswahl 2021 wurde das Projekt, das weiterhin auf die Förderung von Uran abzielte, jedoch zum Politikum. Die neu gewählte Regierung verbot den Uranabbau und alle damit verbundenen Explorationsaktivitäten.

Seitdem ist es still geworden um das Projekt, und Greenland Minerals konzentriert sich mittlerweile auf die ebenfalls enthaltenen Seltenen Erden, da Kvanefjeld als weltweit zweitgrößtes Vorkommen dieser kritischen Rohstoffe gilt, mit geschätzten 6,6 Millionen Tonnen Seltenerdoxiden. Das Mineral, das diese Ressourcen beherbergt, Steenstrupin, enthält allerdings auch Uran und das ebenfalls radioaktive Thorium; das Projekt unterliegt daher noch immer Grönlands Uranmoratorium.

2022 benannte sich das Unternehmen in Energy Transition Minerals um und setzt sich seitdem für ein Umdenken in der Politik ein. Shenghe Resources hält nach wie vor 9,21 Prozent der Anteile, was das internationale Interesse an den Bodenschätzen im Vorkommen verdeutlicht.

Kringlerne
Nur 16 Kilometer von Kvanefjeld entfernt liegt das Kringlerne-Vorkommen, das von der australischen Firma Tanbreez erkundet wurde. Das Projekt ist gegenüber Kvanefjeld im Vorteil, da es weniger radioaktives Material wie Uran oder Thorium enthält und näher an der Küste liegt, was die Logistik erleichtern würde.

Das Vorkommen birgt schätzungsweise fünf Millionen Tonnen Seltenerdoxide und viermal so viel Zirkoniumdioxid. Ein Großteil der Oxide besteht jedoch aus Elementen mit weniger kritischer Versorgungslage wie Cer und Lanthan, während der Anteil an Neodym und anderen gefragten Magnetmaterialien geringer ist. Trotz einer erteilten Lizenz im Jahr 2020 ist das Projekt noch nicht in der Produktionsphase, unter anderem wegen politischer und ökologischer Hürden. Anfang 2025 verkaufte Tanbreez seine Anteile an den US-Bergbaukonzern Critical Metals Corp., ein Geschäft, das im Laufe des Jahres abgeschlossen sein dürfte.

Analysten bezweifeln jedoch die Wirtschaftlichkeit von Kringlerne. Die Mineralogie des Vorkommens ist komplex. Das Hauptmineral, Eudialyt, enthält nur geringe Konzentrationen an Seltenen Erden, was die Gewinnung kostenintensiv macht.

Sarfartoq
Nordwestlich von Nuuk befindet sich das Sarfartoq-Vorkommen, für das Neo Performance Materials aus Kanada 2023 eine Explorationslizenz erwarb. Neo plant, die Rohstoffe zur Raffinerie seines Tochterunternehmens Silmet in Estland zu liefern. Seit dem Erwerb der Lizenz wurden jedoch keine weiteren Explorationsarbeiten durchgeführt. Die Lagerstätte, etwa 200 Kilometer nördlich von Grönlands Hauptstadt, enthält geschätzte 214.200 Tonnen Seltenerdoxide, darunter nennenswerte Anteile an Neodym und Praseodym. Die Minerale, aus denen die Rohstoffe gewonnen werden könnten, darunter Bastnäsit, Monazit und Synchysit, enthalten jedoch auch Thorium und Uran, so dass das Projekt ebenfalls unter das Uranverbot fällt.

Welche weiteren Vorkommen gibt es?
Neben diesen drei Projekten gibt es in Grönland zahlreiche weitere Seltenerd-Lagerstätten, insbesondere in den Küstenregionen im Süden und Westen. Viele dieser Gebiete wurden bisher nur oberflächlich untersucht, etwa die Lagerstätte Motzfeldt Sø, wo nur einige wenige Bohrungen durchgeführt wurden. Eine Schätzung zu Zusammensetzung und Umfang des Vorkommens fehlt hier bisher. Die weiter im Inland gelegenen Mineralvorkommen sind aufgrund des riesigen Eisschildes weitgehend unerforscht. Einige Wissenschaftler vermuten, dass sich dort lediglich Felsgrund unter dem Eis befindet, bedingt durch  massiven Druck und Erosionsprozesse.

Nur eine aktive Mine auf der Insel – kein Abbau Seltener Erden
Aktuell gibt es nur eine aktive Mine in Grönland, dort werden allerdings keine Seltenen Erden abgebaut. Seit der Schließung des Aappaluttoq-Edelsteinprojekts 2023 ist das White Mountain Anorthosit-Projekt in Westgrönland das einzige in Betrieb befindliche Bergwerk (PDF). Anorthosit enthält aluminiumreiche Silikatminerale und könnte als Alternative zu Bauxit dienen, dem wichtigsten Erz für die Aluminiumgewinnung. Neben der Aluminiumproduktion wird Anorthosit auch als Baumaterial und für dekorative Zwecke genutzt.

Ein langer Weg von den Rohstoffen bis zum fertigen Produkt

Die Entwicklung einer Mine bis zum Betrieb ist ein komplexer und zeitaufwändiger Prozess. Zunächst muss ein Unternehmen eine Prospektionslizenz beantragen, um erste Untersuchungen durchzuführen und potenzielle Mineralvorkommen zu identifizieren. Wird die Lizenz erteilt, können anfängliche Explorationsarbeiten begonnen werden. Sobald ein vielversprechendes Vorkommen gefunden wurde, muss das Unternehmen eine Explorationslizenz einholen, die detailliertere Untersuchungen wie Bohrungen, Kartierungen und umfassende Probenahmen erlaubt. In dieser Phase wird außerdem die ökologische, wirtschaftliche und allgemeine Machbarkeit des Projekts bewertet. Fallen die Ergebnisse positiv aus, kann das Unternehmen eine Abbau- oder Verwertungslizenz beantragen, die das Recht zum großflächigen Rohstoffabbau gewährt und den letzten Schritt vor Beginn des vollumfänglichen Bergbaubetriebs darstellt.

Vereinfachter Bergbauzyklus: Es dauert Jahre, oft Jahrzehnte, bis eine Mine mit der Produktion beginnen kann.

Grönlands Rohstoffressourcen sind nicht die Lösung für jedes Problem

Die Erschließung von Grönlands Rohstoffpotenzial ist vielversprechend, doch zahlreiche Herausforderungen stehen derzeit einer großflächigen Entwicklung im Weg. Aktuell ist nur eine Mine in Betrieb, die Anorthosit abbaut, keine Seltene Erden. Trotz des großen Potenzials von Grönlands Seltenerdvorkommen haben Umweltbedenken und wechselnde politische Rahmenbedingungen den Fortschritt verlangsamt. Darüber hinaus stellen die komplexe Geologie und die schwierigen logistischen Bedingungen – gekennzeichnet durch eisiges, felsiges Gelände – erhebliche Hindernisse für Bergbauunternehmen dar.

Auch wenn Regionen wie Europa und die USA von Rohstoffen aus Grönland profitieren könnten, liegt das eigentliche Problem im Mangel an Verarbeitungskapazitäten. Diese sind notwendig, um das Rohmaterial  zu Zwischenprodukten und Endprodukten wie Magneten zu verarbeiten.

Die USA besitzen zwar mit der Mountain-Pass-Mine eines der größten Seltenerdbergwerke außerhalb Chinas, die Rohstoffe werden allerdings nicht im eigenen Land aufbereitet, da die entsprechenden Raffineriekapazitäten fehlen. MP Materials und das australische Unternehmen Lynas bauen aktuell Verarbeitungsanlagen in Texas, doch diese werden erst in einigen Jahren betriebsbereit sein. Bis dahin bleiben die USA auf Importe und damit chinesisches Know-how angewiesen.

Oft übersehen: Grönlands eigene Perspektive

Unterdessen hat Grönlands Premierminister Múte B. Egede Bereitschaft signalisiert, mit den USA im Bergbau zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig betonte er, dass die Grönländer weder Amerikaner noch Dänen werden wollen. „Zum ersten Mal wird Grönland ernsthaft zugehört“, erklärte er kürzlich auf einer Pressekonferenz. „Wir müssen ruhig bleiben, unsere Chancen nutzen und zusammenstehen.“ Mit dieser Aussage machte Egede deutlich, dass Grönland und seine Bevölkerung nicht Gegenstand von Diskussionen sein wollen, sondern aktive Teilnehmer auf der Weltbühne.

Diese Perspektive wird in der Berichterstattung über Grönlands Ressourcen oft übersehen, der Fokus liegt meist auf dem Potenzial für andere Nationen. Egedes Haltung steht im Einklang mit zwei der Leitprinzipien des UN-Panels für kritische Rohstoffe für die Energiewende: Bergbau- und Rohstoffprojekte müssen allen Beteiligten zugutekommen, und Investitionen sowie Handel sollten unter verantwortungsbewussten, fairen Prinzipien erfolgen.

Vereinfachte Wertschöpfungskette: Von der Seltenerdmine bis zum Magneten.

Quellen zu den geologischen Daten:

Center for Minerals and Materials Geological Survey of Denmark and Greenland:
https://data.geus.dk/pure-pdf/MiMa-R_2015_02.pdf
https://eng.geus.dk/media/13316/go20.pdf

EURARE Project:
https://www.eurare.org/countries/greenland.html

ScienceDirect:
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/0024493780900201#:~:text=The%20main%20rock-forming%20minerals%20are%20dolomite-ankerite%2C%20apatite%2C%20orange,given%2C%20together%20with%20microprobe%20data%20on%20mineral%20chemistry.

Greenland Minerals Authority:
https://govmin.gl/exploration-prospecting/get-an-exploration-licence/geological-data

Beitragsbild: Fyletto via Canva