Neben der Inflationsentwicklung und den politischen Krisen steht seit Monaten das Währungsgeschehen im Fokus der Anleger. Aktuell sieht so aus, als würde die Führungsrolle des US-Dollars geschwächt.
Analysten versuchen schon seit einiger Zeit die Perspektiven des US-Dollars auszuloten. Das fällt zunehmend schwer – eine Folge der turbulenten Politik von Donald Trump. Ganz so außergewöhnlich reagierten die Wechselkurse jedoch nicht. Die Unsicherheit bleibt aber erhöht.
Was „Fluchtwährung“ bedeutet
Der Dollar schwankte jüngst angesichts des Zollchaos nun auch auf juristischer Ebene hin und her. Dessen grundlegende Schwäche im bisherigen Jahr hat sich jedoch nicht geändert. Mittlerweile stellt sich die Frage, ob der Dollar überhaupt noch ein sicherer Anlagehafen ist. Devisen bezeichnet man als sichere Häfen, wenn sie in Krisenphasen an den Kapitalmärkten gefragt sind und aufwerten. Anleger bringen dann ihr Geld dorthin „in Sicherheit“. Die Rolle des Dollar als Weltleitwährung ist damit verbunden, wenngleich der Schweizer Franken und der japanische Yen ebenso als Fluchtwährungen gelten.
Der Euro hingegen wird allgemein nicht als sicherer Anlagehafen angesehen, scheint in manchen Phasen diese Eigenschaft dennoch zu besitzen. Eine höhere Nervosität an den Finanzmärkten, also vor allem fallende Aktienkurse, ging in den letzten Monaten mit einem schwächeren Dollar einher. Die zeitgleiche und ausgeprägte Aktien- und Dollar-Schwäche ist recht ungewöhnlich, schreibt die Helaba in ihrer jüngsten Marktbetrachtung. Die Nervosität, gemessen an der impliziten Aktienvolatilität in den USA (VIX), weist einen so negativen Zusammenhang mit dem Dollar-Index auf wie fast nie in den letzten 20 Jahren.
Ungewöhnliche Korrelationen
Eine negative Korrelation an sich ist allerdings auch nicht so selten, nur eben nicht in diesem Ausmaß. Dass die US-Währung von der kräftigen Erholung der führenden Aktienindizes jedoch kaum profitieren konnte, spricht eher dagegen, dass der Dollar seine Safe-Haven-Funktion einfach nur verloren hat. Schließlich hätte er sich sonst ebenfalls erholen müssen. In größeren Krisenzeiten gibt es normalerweise einen höheren Dollar-Bedarf, da internationale Dollar-Kredite im Vergleich zu anderen Währungen klar dominieren – letzteres kann sich kurzfristig kaum ändern.
Warnschuss für den Dollar
Schlussfolgerung der Helaba-Experten: Es ist noch viel zu früh, zu behaupten, dass sich das Verhalten am Devisenmarkt grundlegend geändert hat und der Dollar kein sicherer Hafen mehr ist. Solche Phasen gab es schon in der Vergangenheit. Bislang ist es wohl mehr eine Ernüchterung über eine sehr hoch bewertete Währung. Ein Warnschuss für den Dollar ist es dennoch. Sollte die US-Politik in Zukunft weiter Vertrauen zerstören, könnte die US-Währung noch mehr unter Druck geraten.
Deutsche Inflation ist stabil
Ein paralleler Blick auf den Geldwert in Europa: Das Statistische Bundesamt hat die vorläufigen Ergebnisse zur Entwicklung der deutschen Inflationsrate im Mai 2025 veröffentlicht. Die am deutschen Verbraucherpreisindex gemessene Inflationsrate verharrt diesen Berechnungen zufolge bei 2,1 Prozent. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim und Professor an der Universität Heidelberg, erklärt dazu:
„Deutschlands Inflation erweist sich knapp oberhalb der Zwei-Prozent-Grenze als hartnäckig. Schon lange ist die Inflation allerdings nicht mehr das größte Sorgenkind in der ökonomischen Bilanz des Landes, sondern die anhaltende Stagnation. Hier ist zu hoffen, dass die von der Bundesregierung eingeleitete Wachstumspolitik eine Wende bringt. Für die Geldwertstabilität kommt die eigentliche Bewährungsprobe dann, wenn die schuldenfinanzierten Milliarden-Investitionsprogramme auf die Straße kommen. Erst wenn die Inflation auch bei akzeptabler Wachstumsrate nicht wieder auf Klettertour geht, ist die echte Rückkehr zur Preisstabilität wirklich gelungen.“
Asien profitiert von der Dollarunsicherheit
Aus Sicht des Investment-Giganten Allianz Global Investors sollten asiatische Volkswirtschaften, Währungen und chancenreichere Vermögenswerte von der derzeitigen Markteinschätzung profitieren. Erstens notieren die asiatischen Währungen fester, wenn der US-Dollar unter Druck gerät, sodass die asiatischen Zentralbanken die Leitzinsen senken können. In jüngster Zeit wurden die Leitzinsen in Indien, den Philippinen, Thailand, China und Indonesien reduziert, und weitere Zentralbanken dürften folgen. Niedrigere Zinsen stützen die Binnennachfrage und das Wirtschaftswachstum in Asien gerade vor dem Hintergrund, dass die Außenhandelssituation unsicher ist. Zweitens führen Sorgen um die Tragbarkeit der US-Verschuldung dazu, dass eine verstärkte Wechselkursabsicherung betrieben wird und mehr Kapital nach Asien fließt. Davon profitieren einerseits die asiatischen Währungen und andererseits die Aktien- und Rentenmärkte der Region.
Zu guter Letzt
Ich bin ziemlich sicher, dass uns die Währungsunsicherheit weiter begleiten wird – auf unbestimmte Zeit und parallel zu den geopolitischen Turbulenzen bzw. zur Unberechenbarkeit der Washingtoner Politik. Daraus ergibt sich eine Chance für die politische und wirtschaftliche Rolle Europas und den Euro. Sollten Sie ähnlich denken, geschätzte Leser, so sollten heimische Investments mittel- und langfristig im Mittelpunkt stehen.