Die extrem kritische Haltung außerhalb Amerikas gegenüber der America-first-Strategie von Donald Trump weicht einem differenzierten Urteil. Europa könnte sogar profitieren.
Die Sentiment-Analysten von Goldberg & Goldberg überschrieben ihren jüngsten Wochenbericht von der Frankfurter Börse mit „Marktstimmung: Die plötzliche Liebe zu Euro-Aktien“. Denn der erneute Sprung des Dax auf neue Allzeithochs dürfte vor allen Dingen internationalen Fondsmanagern zu verdanken sein. Hiesige institutionelle Investoren bleiben mehrheitlich skeptisch. Das zeigt auch eine aktuelle Umfrage der Bank of America. Auf der anderen Seite steht nun eine pessimistische Mehrheit heimischer Investoren, die sicherlich aus wichtigem Grund (u.a. drohende US-Zölle) neue bärische Engagements im steigenden Markt gegen den internationalen Kapitalstrom etabliert haben dürften. Für Joachim Goldberg ein Grund, weiterhin auf einen stabilen Dax zu setzen. Eurozone: Lässt die Unsicherheit nach?
Noch ist die Unsicherheit groß
Es ist noch nicht sicher, welche Zollpolitik Donald Trump gegenüber der EU verfolgen wird. Die Chancen für eine konstruktive Lösung scheinen aber gegeben zu sein. Darüber hinaus besteht in Europa ein gewisser Optimismus, dass Trump tatsächlich den russischen Angriffskrieg in der Ukraine beenden kann. Damit könnte sich bei den Unternehmen und privaten Haushalten der Fokus von den Risiken zu den Chancen des aktuellen Umfelds verschieben. Die Folge wäre eine Belebung der Konsum- und Investitionsausgaben. Wahrscheinlich ist es aber noch zu früh, eine Belebung in den Daten zu erwarten. Der ifo-Index (Montag) sowie der Geschäftsklimaindex der EU (Donnerstag) könnten sich daher im Januar erst einmal nur auf den niedrigen Niveaus der Vormonate stabilisiert haben.
Leitzinssenkung erwartet
Immerhin dürfte, trotz aller Schwierigkeiten, das BIP (Donnerstag) in der Eurozone im vierten Quartal um 0,2 Prozent zum Vorquartal gestiegen sein. Damit dürfte die Wirtschaft in der Eurozone eine Wachstumsrate von etwa 0,8 Prozent im Gesamtjahr 2024 verzeichnet haben – nicht nennenswert unterhalb des geschätzten Potenzialwachstums von etwa 1,0 bis 1,25 Prozent. Die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung im vierten Quartal dürfte somit gesunken sein, und damit auch die Inflationsrisiken. Die EZB (Donnerstag) hat also einen großen Spielraum für Leitzinssenkungen. Analysten erwarten jetzt im Januar und im März und April jeweils eine Leitzinssenkung von 0,25 Prozentpunkten auf dann 2,25 Prozent.
Was die Märkte hoffen
Die Finanzmärkte erwarten dagegen noch eine weitere Leitzinssenkung auf 2,0 Prozent. Der Grund für unsere Erwartung ist, dass sich der Arbeitsmarkt bisher ungewöhnlich resilient gezeigt hat. So ist trotz des schwachen Wirtschaftswachstums 2024 die Arbeitslosenquote (Donnerstag) von 6,5 Prozent zu Jahresanfang auf 6,3 Prozent im November gefallen. Die von namhaften Strategen erhoffte Belebung der Konjunktur im Jahr 2025 könnte den Arbeitsmarkt in den kommenden Monaten sogar noch mehr stärken und zu einem weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote beitragen.
Resümiert Edgar Walk, Chefvolkswirt Metzler Asset Management: Eine Voraussetzung für einen Aufschwung in der Eurozone ist ein positiver Kreditimpuls. Die Geldmengen und Kreditdaten (Mittwoch) zeigten zuletzt ein erfreuliches Bild, dass sich im Dezember fortgesetzt haben könnte.
Unabhängig von den monetären Perspektiven und der jüngsten Kursentwicklung der Aktien setzt sich bei mir eine gegenüber der anfänglichen Sorge optimistischere Grundhaltung durch. Wie das?
- Trump hält sich weitgehend an seine Ankündigungen in den Tagen vor der Wahl.
- Wichtige wirtschafts- und handelspolitische Maßnahmen finden international allmählich Verständnis.
- „America first“ setzt seine Handelspartner unter positiven Druck.
- Trump kann sich zu einem Friedensstifter entwickeln.
- Die Europäer beginnen zu begreifen, dass sie jetzt enger zusammenrücken und ihre Zukunft mit einer Stimme vertreten müssen. Beginnt also ein neues, selbstbewusstes Zeitalter für Europa – trotz und wegen Trump?
Dividenden als Argument für Aktienanlage
Wer darauf zu setzen bereit und in der Lage ist, kann neben der internationalen Streuung (Schwerpunkt USA) doch auch Europa-Aktien als langfristiges Investment einbeziehen. Dabei spielen Renditeüberlegungen eine wichtige Rolle. Auch wenn die Vergangenheit nicht einfach auf die Zukunft fortgeschrieben werden kann, lassen sich bei Dividenden dennoch einige interessante Lehren aus der Vergangenheit ziehen:
Gemäß den Berechnungen von Allianz Global Investors lieferten Dividenden historisch betrachtet einen signifikanten Beitrag zur Gesamtrendite von Aktien. Sie entwickelten sich dabei stetiger als die Unternehmensgewinne. Das heißt, die Unternehmen tendieren dazu, ihre einmal eingeschlagene Dividendenpolitik beizubehalten und Dividenden eher zu erhöhen als zu senken.
Aktien von Unternehmen, die Dividenden ausschütten, haben sich in der Vergangenheit zudem als weniger schwankungsanfällig erwiesen als Aktien von Firmen, die nicht ausschütten – zumindest zeigen dies die Berechnungen der Investmentmanager.
Dividenden können den Anlegern helfen, sich selbst ein Schnippchen zu schlagen, da sie das mit einer Kapitalanlage einhergehende Verlustgefühl reduzieren, denn es werden immer wieder „Belohnungen“ in Form von Dividenden ausgeschüttet. Durch ihre stetige Entwicklung und ihren merklichen Anteil an der Gesamtrendite eignen sich Dividenden, um damit ein zusätzliches Einkommen aus Kapital zu erzielen – ein zusätzliches Kapitaleinkommen, das dann z. B. für die Ausbildung der Kinder („Großeltern-Bafög“), als extra Urlaubsgeld oder für die dritte Lebensphase genutzt werden kann. Also: Lassen Sie Ihr Geld für sich arbeiten!